Kultur unterm Hakenkreuz. Michael Kater
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Название: Kultur unterm Hakenkreuz

Автор: Michael Kater

Издательство: Автор

Жанр: Историческая литература

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isbn: 9783806242027

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СКАЧАТЬ sollte. Institutionell wurden diese frühen Aktivitäten von Rosenbergs Kampfbund für deutsche Kultur ebenso unterstützt wie vom Deutschen Kunstverein, einer Neugründung von NS-Fanatikern unter Leitung der obskuren Malerin Bettina Feistel-Rohmeder.64

      Gleich nach der Machtergreifung setzten die Nazis in der deutschen Kunstwelt eine Welle von Entlassungen in Gang, die sich über Jahre hinziehen sollte. Einer der Ersten, der gehen musste, war der künstlerische Mentor der Weimarer Republik, Reichskunstwart Edwin Redslob, zu dessen Aufgaben die Ausrichtung von Staatsbegräbnissen ebenso gehört hatte wie die Gestaltung von Münzen und Briefmarken. Vor die Tür gesetzt wurden ferner Direktoren von Museen und Galerien, etwa Gustav F. Hartlaub in Mannheim oder Carl Georg Heise in Lübeck. Ihre Lehramt verloren: Karl Hofer in Berlin, Willi Baumeister in Frankfurt/M. und der Bildhauer Gerhard Marcks, der früher, ebenso wie Paul Klee, am Bauhaus tätig gewesen war; Klee musste seinen Posten an der Düsseldorfer Kunstakademie aufgeben und ging Ende 1933 in die heimatliche Schweiz zurück.65

      Manchen von Klees Kollegen war so ein Ausweg nicht vergönnt. Ihre Versuche, nach dem Rauswurf beruflich wieder Fuß zu fassen, liefen zumeist ebenfalls ins Leere. Diese Fälle verdienen eine nähere Betrachtung. Da ist zunächst Otto Dix, der erst Expressionist gewesen und dann zur Neuen Sachlichkeit übergegangen war, die in gewisser Weise eine Fortschreibung des Expressionismus darstellte wie auch eine Reaktion darauf. Denn die Künstler suchten nun der Wirklichkeit wie in einer detaillierten Fotografie nachzueifern, während der Expressionismus auf exaltierte Farben und Formen gesetzt hatte.66 Auf die Spitze getriebener Realismus und Sozialkritik, diese Kennzeichen der Neuen Sachlichkeit führten dazu, dass Dix’ Darstellungen des Bordelllebens von bigotten NS-Fanatikern als »Unflätigkeiten unterster Geschmacksstufe« bezeichnet wurden. Am 8. April 1933 wurde Dix, bis dahin Professor an der Kunstakademie zu Dresden, von der sächsischen Regierung im Rahmen der neuen Gesetzgebung zum Berufsbeamtentum entlassen. Er zog an den Bodensee und wohnte eine Zeit lang im Schloss seines Schwagers. Er litt unter Geldnot und war von allen Ausstellungen des Jahres 1934 ausgeschlossen. Bis 1945 musste er sich mit kleineren lokalen Privataufträgen durchschlagen.67 Auch Max Beckmann, der an der Frankfurter Städelschule unterrichtete, verlor seine Professur schon Anfang 1933. Zunächst versuchte er in Berlin zu überleben, floh aber im Juli 1937, als Hunderte seiner Bilder in der Münchner Ausstellung »Entartete Kunst« zu sehen waren, nach Amsterdam und von dort weiter nach New York. 1935 hatte der NS-affine Kunsthistoriker Carl Linfert, der den Fanatiker Rosenberg nicht mochte, sich bemüht, Beckmanns Haut zu retten, indem er ihn öffentlich als dem Expressionismus fernstehend bezeichnete – selbst aus heutiger Sicht ein wenig überzeugender Ansatz.68 Im April 1933 wurde Oskar Schlemmer entlassen. Vergeblich waren alle Versuche, die Stellung am mittlerweile nach Berlin übergesiedelten Bauhaus zu behalten. In materieller Not und mit dem Willen zur Anpassung beharrte er in einem Brief an Goebbels darauf, er sei »jener Typ Künstler, den der Nationalsozialismus brauche«. An Baudissin schrieb er, unter Verwendung ästhetischer Termini des Bauhauses: »Ist denn der Nationalsozialismus nicht auch eine Form-Idee? Ein ganzes Reich soll doch geformt werden, neu geformt!« Und in dieser Neuformung sah er auch einen Platz für sich selbst.69

      Ferner setzten die Nationalsozialisten dem Einfluss von Büchern aus der Weimarer Zeit durch Zensurmaßnahmen, Druckverbote und spektakuläre, deutschlandweite Verbrennungsaktionen ein Ende. Schriftsteller der Moderne mit Lehrverpflichtungen an Universitäten oder Schulen waren ohnehin rar gesät; weniger prominente konnten sich anpassen, indem sie ihre Manuskripte umschrieben. Die unnachsichtige Behandlung einiger berühmter freigeistiger Autoren sollte allen, die abweichende Vorstellungen hatten, als Warnung diesen. Ein Beispiel ist Thomas Mann, der zum Zeitpunkt der Machtergreifung auf einer Vortragstour im Ausland unterwegs war und erst nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs aus Anlass eines Besuchs nach Deutschland zurückkehrte. Im Dezember 1936 wurden ihm die Staatsbürgerschaft und die Ehrendoktorwürde der Universität Bonn aberkannt. Heinrich, der ältere Bruder, war schon im Februar 1933 nach Frankreich geflohen; ihm hatte das Regime noch im August jenes Jahres demonstrativ die Staatsbürgerschaft entzogen.70

      NS-Literaturkritiker sahen die Vernichtung von Werken kommunistischer und sozialdemokratischer, aber auch christlicher (lutherischer) Autoren vor, desgleichen Bücher über Frauenemanzipation, Pazifismus, Sexualität und ähnliche Themen. Die Bücher zu Sachthemen umfassten nahezu die gesamte Literatur der Weimarer Avantgarde; hinzu kamen Werke von Juden und international bekannten Autoren wie dem französischen Kommunisten Henri Barbusse und dem US-amerikanischen Sozialkritiker Upton Sinclair. Diverse Partei- und Regierungsorganisationen hatten, bisweilen längst vor dem Januar 1933, schwarze Listen erstellt, aufgrund deren renommierte Verlage wie die Deutsche Verlags-Anstalt (DVA), Rowohlt und Propyläen nun die Produktion solcher Bücher einstellen mussten, welche von den Nationalsozialisten als naturalistisch, expressionistisch, dadaistisch oder der Neuen Sachlichkeit verpflichtet abgelehnt wurden. Öffentliche Bibliotheken und Leihbüchereien mussten sich von umfangreichen Beständen trennen. Bereits im Dezember 1933 waren über tausend Titel verboten oder aus dem Verkehr gezogen worden – eine Zahl, die in den folgenden Jahren noch anwachsen sollte.71

      Bei den Bücherverbrennungen ging es hauptsächlich um die Bestände der öffentlichen Büchereien und der Universitätsbibliotheken. Offenkundig auf Betreiben Goebbels’, der darin von Hitler unterstützt wurde, fanden an den meisten deutschen Universitäten Autodafés statt. Auf Grundlage der schwarzen Listen und mit Hilfe von Kampfbund und Kripo suchten Mitglieder der Deutschen Studentenschaft (DSt) – des Dachverbands der deutschen Studenten – indexierte Bücher von bereits verbotenen Autoren heraus. Auch Schulbüchereien wurden durchforstet, außerdem sollten Privathaushalte ihre Sammlungen durchsehen. Nach wochenlanger Vorbereitung wurden die Scheiterhaufen am 10. Mai 1933 in Anwesenheit von Mitgliedern von Partei, SA und SS entzündet. Professoren in vollem Ornat gingen den Studenten zur Hand: Ernst Bertram in Köln, Hans Naumann in Bonn und in München Universitätsrektor Leo von Zumbusch. In Frankfurt wurden die Bücher auf einem von Ochsen gezogenen Düngerwagen herbeigeschafft, in Mannheim war es ein Schinderkarren. In Würzburg wurden mindestens 280 Bücher vernichtet, eine Größenordnung, die auch für andere Universitätsstädte zugetroffen haben dürfte. In Göttingen krönte ein Leninporträt den Bücherstapel, auf anderen wurde die Fahne der Weimarer Republik drapiert.72

      In Berlin verlangte die Inszenierung die Anwesenheit des Propagandaministers. Auf dem Kaiser-Franz-Joseph-Platz – gemeinhin Opernplatz – zwischen Staatsoper und Friedrich-Wilhelm-Universität hielt Goebbels von einem offenen Wagen aus eine Rede zum Motto der »Aktion wider den undeutschen Geist«. Er polemisierte gegen das, was er für jüdischen Intellektualismus und den Materialismus des November 1918 hielt, und forderte die Studenten auf, den »geistigen Dreck« der Vergangenheit in die Flammen zu werfen. Dann landeten die Werke von Sigmund Freud, Karl Marx, Heinrich Mann, Carl von Ossietzky, Erich Maria Remarque und anderen prominenten Autoren, auch solchen aus dem 19. Jahrhundert, jeweils mit einem »Feuerspruch« versehen, auf dem Scheiterhaufen.73

      Neue Kontrollen

      Die Tilgung der Weimarer Republik aus den Kultureinrichtungen war eine Sache, eine andere war es, diesen Bereich vor künftigen missliebigen Entwicklungen zu bewahren. So, wie die Nationalsozialisten gleich nach der Machtergreifung die Gesetzgebung der Weimarer Republik zur Festigung ihrer Diktatur genutzt hatten, so gingen sie auch im Kulturleben vor. Sie schufen neue Gesetze auf Grundlage der alten oder erließen gänzlich neue, die für ihre Bedürfnisse maßgeschneidert waren.

      Eines der ersten dieser Gesetze datiert vom 14. Juli 1933 und sollte die deutsche Filmindustrie organisatorisch und thematisch den eigenen Wünschen unterwerfen. Es sah die Einrichtung einer »vorläufigen« Reichsfilmkammer für alle Filmschaffenden vor,74 außerdem die Vorlage jedes neuen Filmskripts zwecks Autorisierung und die Überprüfung von Regisseuren und Schauspielern auf politische Unbedenklichkeit. Ein Film, der diesem Verfahren zum Opfer fiel, war Horst Wessel, der am 9. Oktober 1933, dem Tag der geplanten Premiere in Berlin, verboten wurde. Der Film war als Hohelied auf den zum Märtyrer erhobenen SA-Mann Horst Wessel gedacht, der im Januar 1930 von Kommunisten in Berlin umgebracht worden war. Verboten wurde er, weil er, so die Begründung, »weder der СКАЧАТЬ