Solange das Herz noch schlägt - Ein Schweden-Krimi. Aino Trosell
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Название: Solange das Herz noch schlägt - Ein Schweden-Krimi

Автор: Aino Trosell

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Siv Dahlin-Reihe

isbn: 9788726344189

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СКАЧАТЬ informiert und klang ein wenig aufgedreht.

      Ich scherzte und fragte, ob sie sich vielleicht verguckt habe. Sie schnaufte verächtlich und kicherte. So ein junger Kerl, aber er habe was Besonderes, das habe er wirklich. Er sei auch als UNO-Soldat in Afrika gewesen, und überhaupt sei der neue Nachbar eine angenehme Bekanntschaft, aber das Beste von allem sei natürlich die Sache mit dem Schnee, ich wisse ja, welchen Ärger sie all die Jahre damit gehabt habe. Übrigens, wo wir von Wohnungen sprachen, jetzt müsse ich mir das mal anhören. Die Wohnung, in der Vater und Mutter, also meine Großmutter und mein Großvater zuletzt gewohnt hatten, sollte, abgerissen werden! Obwohl sie völlig modern war! Das ganze Gebäude wollte man abreißen und mehrere andere Mietshäuser ebenfalls, sie sollten dem Erdboden gleichgemacht werden, obwohl sie erst kürzlich gebaut worden waren, irgendwann in den Sechzigern, und über alle Modermitäten verfügten, auch über Waschhäuser und Balkone! Ob ich mir das vorstellen konnte, begriffe ich das? Die Gemeinde verdiente mehrere Millionen Kronen an diesem Abriss. Sonst würden die Häuser weiter leer stehen, und das würde noch viel teurer werden. Sie persönlich verstehe nicht das Geringste, würde ich das begreifen? Klagte man im Fernsehen nicht ständig über Wohnungsnot und Wuchermieten, über den Schwarzmarkt und wer weiß nicht was alles? War es denn dann nicht geradezu kriminell, einwandfreie Wohnungen auf diese Weise zu zerstören?

      Wir machten unserer gemeinsamen Empörung Luft, denn sie hatte schließlich Recht. Die Gemeindebosse lagen mit ihrer Berechnung bestimmt nicht falsch, aber Ingeborg hatte trotzdem Recht. Wir lebten in einer verrückten Welt, darin waren wir uns einig.

      Ich erzählte, dass ich Scholle gebraten hatte, und wir sprachen eine Weile über die Zubereitung von Fisch. Ich verriet indes nichts über meine Austernpläne, die hätten sie bestimmt schockiert, und sie hätte das Lustige daran auch nicht begriffen – später würde ich es ihr erzählen, hinterher. Dann würden wir uns beide mächtig darüber amüsieren, das wollte ich ihr nicht nehmen.

      Karl-Erik war im Augenblick in Belgien. Er fuhr immer auf Montage und kam in der Tat nicht viel öfter nach Hause, als ich Ingeborg besuchte. Aber sie klagte nicht, sie hatte die Einstellung, jeder müsse sein eigenes Leben führen dürfen. Petter, ihr Mann, war früh gestorben, aber sie selbst hatte noch lange nicht die Absicht, alle viere von sich zu strecken, wie sie die Sache beschrieb. Sie hatte ja sogar einen Job. Sie putzte für den alten Direktor. Das war ein ehrenvoller Auftrag, der sie mit Stolz erfüllte, und außerdem verdiente sie fünfhundert Kronen die Woche dazu. Schwarz.

      Sie beklagte sich eine Weile über die Sälen-Touristen. Es sei ja fast unmöglich, über die Fernstraße zu kommen, wenn sie zu ihrer Arbeit oder zum Einkaufen in den Ort runter wollte. Vor allem freitags, samstags und sonntags, wenn die Ferienhäuser die so genannten Wechseltage hatten, das hatte sie lernen müssen. Sie fuhr noch immer selbst, und die Autofahrten munterten sie in der Regel auf, denn oft besuchte sie zugleich irgendwelche alten Bekannten in der Krankenstation oder im Altenheim, und die freuten sich immer riesig. Aber jetzt graute ihr richtig davor. Fast eine halbe Stunde stand sie manchmal an der Kreuzung, ja, das war tatsächlich schon passiert. Man musste eine Lücke in beiden Richtungen finden, und dann schleunigst über die Straße preschen, denn die Touristen waren schwer bepackt, müde und höchst unwillig, jemanden durchzulassen, egal, in welche Richtung sie auch fuhren. Und apropos Touristen – jetzt war da oben in den Bergen erneut ein Mensch erfroren. Das kam jede Saison vor: Betrunkene Stockholmer in Hemdsärmeln, die meinten, sie bräuchten ein bisschen frische Luft, und das bei zwanzig Grad Kälte, und hinterher fanden sie nicht wieder zurück zur eigenen Hütte zwischen den fünfzig anderen, die genauso aussahen. Mit ihrem eingeschränkten Urteilsvermögen waren sie nicht schlau genug, sich ins erstbeste Haus zu begeben. Am Tag darauf fand man sie dann zusammengekauert unter einer Tanne, tiefgefroren!

      Hin und wieder las man, dass die Polizei zu Ferienhäusern gerufen worden war, in die ungebetene Saufbolde eingedrungen waren, dabei handelte es sich wohl um diejenigen, die ihre Sinne noch beisammen hatten, um mitten im Rausch nach Wärme zu suchen, koste es, was es wolle. Die Ungezogenen überlebten, aber Winter für Winter starb ein einzelner sternhagelvoller Gentleman dort oben, erfror in Sichtweite der Zivilisation und warmer Hütten.

      Mit Ingeborg zu reden war manchmal, als fahre man mit dem Boot den Wasserfall hinunter, und die Zeit verging rasch.

      Und wie steht’s mit dem Job, fragte ich. Da wurde sie plötzlich still. Doch, ja, antwortete sie, aber ich konnte richtig hören, wie es sich hinter ihrer Stirn bewegte, irgendwas war mit ihrer Arbeit, betraf es den Direktor, oder war nur irgendein Reinigungsmittel alle?

      Äh, sagte sie. Aber weißt du, wenn man putzt, ja, da kommt man den Leuten so nahe. Es ist ein Vertrauensverhältnis. Und ich bin unerschütterlich loyal, ja, das bin ich. Du würdest mich nie dazu kriegen, auch nur ein Wort zu sagen, stimmt’s?

      Dem musste ich tatsächlich beipflichten. Sie war die Diskretion selbst, was den Direktor betraf. Sie hatte in seiner großen Villa geputzt, seit ihr Mann in dessen Gerberei gearbeitet hatte. Dann ging die Firma Konkurs, und die Gerberei wurde von einem anderen Norweger aufgekauft, oder besser gesagt einer Norwegerin, und sie hatte den Betrieb wieder angekurbelt, sodass er erneut Gewinn abwarf. Dann, vor ein paar Jahren, hatte Mickelsens Sohn den Laden zurückgekauft, und die Norwegerin war nach Oslo verzogen.

      Die ganze Zeit über hatte Ingeborg für Mickelsen, den Direktor, geputzt. Nie hatte sie anders als in allgemein positiven Worten von ihm geredet. Als seine Frau noch lebte, hatte Ingeborg ab und zu einen gewissen Leistungsdruck verspürt, aber heute schien der Job ihr Dasein regelrecht zu vergolden. Im Moment aber bedrückte sie etwas.

      Was ist los, Ingeborg?, fragte ich ohne Umschweife.

      Ach nichts, antwortete sie, vielleicht mache ich doch, was ich gedacht habe. Wir werden sehen. Vielleicht erzähle ich es dir später mal. Es hat keine Eile.

      Und da hörte ich, dass das Thema erschöpfend behandelt war. Sie wollte nicht mehr sagen. Ich unternahm einen neuen Anlauf. Doch, ja, dem Direktor ging es gut, obwohl er schon achtundachtzig war, und jetzt brauchte sie ja auch nur einmal die Woche zu putzen, und er benutzte nur drei Zimmer, das war kein Problem. Einmal im Jahr kam eine Reinigungsfirma. Die war zwar unglaublich teuer, aber andererseits waren die Leute versichert, denn er hatte ja so viele edle Dinge in seiner Villa. Die hatte er wirklich. Auch ungewöhnliche Dinge, apropos.

      Hatte sie irgendein ungesetzlich eingeschmuggeltes ägyptisches Grabkleinod zu Gesicht bekommen? Man hatte schließlich davon gelesen, wie verrückt manch einer nach Antiquitäten war. Aber Ingeborg schwieg. So einer ist er wohl nicht, antwortete sie nur.

      Danach zogen wir ein bisschen über Marianne her, Ingeborgs andere Nachbarin. Das war eigentlich nicht ganz in Ordnung. Ich kannte sie nicht so gut, aber durch Ingeborgs kategorische Urteile kam ich ihr doch ziemlich nah. Als hätte ich ihr Leben als Film gesehen oder durch einen Roman kennen gelernt – aber das hier war bequemer als selber zu lesen. Es war, als sei die Person, über die wir redeten, kein lebendiger Mensch. Wir wälzten die verschiedensten Fragen hin und her, und Marianne war so eine arme Wurst, die sich leicht benutzen ließ. Sie war nie verheiratet gewesen. War eine so genannte zu Hause wohnende Tochter, und als die Eltern endlich das Zeitliche gesegnet hatten, war sie schon zu alt gewesen, um eine eigene Familie zu gründen. Aber Männer hatte sie doch gehabt, heimlich. Und Ingeborg wusste zu berichten, dass sie auch ein Kind zur Welt gebracht hatte, vor ungefähr fünfzig Jahren oder mehr, aber es wurde sofort weggegeben, und keiner durfte es je erwähnen. Die Familie lebte weiter, als hätte es dieses Kind nie gegeben. Es war ein Mädchen gewesen, glaubte Ingeborg, das soll Mariannes Mutter zu einer Bekannten gesagt haben, aber damals wurde so viel getuschelt, dass man eigentlich nicht wissen konnte, wie es sich wirklich verhielt. Vielleicht war das Kind gestorben. Vielleicht war es auch ein Junge. Oder ein Idiot. Was wusste man denn schon.

      Geheimnisse zu haben ist tatsächlich so, als stellte man sich mitten auf den Markt, dachte ich, nachdem wir aufgelegt hatten. Besser, СКАЧАТЬ