Solange das Herz noch schlägt - Ein Schweden-Krimi. Aino Trosell
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Название: Solange das Herz noch schlägt - Ein Schweden-Krimi

Автор: Aino Trosell

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Siv Dahlin-Reihe

isbn: 9788726344189

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СКАЧАТЬ ein Glück, dass ich da war, dass er nicht allein war!

      Sein Blick war warm, er sagte Lebewohl.

      Danach drehte er den Kopf zurück und atmete drei Mal tief ein.

      Dann wurde es still.

      Er atmete nicht mehr.

      Ich stand auf und betrachtete sein Gesicht. Die Augen waren halb geöffhet, und der Blick war starr. Er sah nichts mehr. Ich nahm das Stethoskop, legte es mir um, atmete aus alter Gewohnheit auf die Membran, damit sie sich nicht kalt anfühlte, und steckte ihm das Hörrohr unter die Jacke.

      Es war lange still. Dann hörte ich – einen einzigen Herzschlag. Ein Nachschlagen.

      Darauf blieb es still in der Brust.

      Ich nahm das Stethoskop ab. Der Tod war eingetreten. Ich schaute auf die Uhr und schrieb den Zeitpunkt auf den Notizblock. Wir waren nicht mehr zwei im Zimmer. Ich war allein mit einem toten Menschenkörper. Das Herz schlug nicht mehr. Stig-Erik war nicht mehr da, und in dem Dasein, wo er sich befunden, gelebt und das Leben selbst beeinflusst hatte, wo er ein Teil von ihm gewesen war, gab es noch ein großes klaffendes Loch. Mit dem Tod veränderte sich alles, und seine Tochter hatte es nicht rechtzeitig geschafft, Abschied zu nehmen, bevor sie für ewig getrennt wurden.

      Sobald ich auftauchte, begriff Elisabeth, was geschehen war. Still und behutsam ging sie zu dem Toten hinein. Sie betrachtete ihn eine Weile und nickte ihm dann ein letztes Lebewohl zu. Wir schwiegen einvernehmlich und begannen seine Gesichtszüge zu richten, es genügte, ihm die Augen zuzudrücken, den Mund konnten wir hingegen nicht völlig schließen, wir legten ihm ein Buch unters Kinn. Die Bibel, sie hatte den richtigen Umfang.

      Dann ging die Tür auf, und Monika schaute herein. Ach so, er ist gestorben? Er sieht gut aus. Du hast einen dringenden Anruf im Büro, Siv.

      Ich war erstaunt. Und beunruhigt – Jan?

      Die Tür zu Stig-Eriks Zimmer stand halb offen, und durch die großen Glasfenster des Büros konnte ich noch immer das Fußende seines Bettes sehen, bemerkte die Ausbuchtung der Decke, dort, wo seine Füße lagen. Die sich nie mehr bewegen würden, ein Standbild. Nachdem das Herz aufgehört hatte zu schlagen.

      Ich nahm den Hörer auf, und mein eigenes Herz, das in dem wehmütigen Schlussklang dort drinnen hätte verweilen sollen, klopfte mir jetzt bis zum Hals, lieber Gott, lass Jan nichts passiert sein. Oder Åsa. Aber ich dachte an Jan und dass er sich ins Scheinwerferlicht, in die Schusslinie gestellt hatte.

      Es war mein Cousin Karl-Erik, er rief aus Malmö an. Karl-Erik?

      Er dachte, er meldet sich am besten sofort bei mir. Wo man sich doch so nahe steht.

      Tun wir das?

      Ja, Mama hat in dir fast eine eigene Tochter gesehen. Sie ist tot.

      Er schluchzte auf. Mein Gehirn kam nicht mit. Es entstand eine Pause. Ja, aber ... wir sprachen doch erst ...? Das ist nicht wahr?

      Doch, es war wahr. Seine Mutter, meine geliebte Tante Ingeborg war tot. Nicht mehr da. Ich würde sie nie mehr wieder treffen.

      Das Gespräch war völlig verworren, wir redeten ständig aneinander vorbei. Durch die Scheiben sah ich noch immer Stig-Eriks tote Fußpartie und wie Maj-Lis und Elisabeth sich in seinem Zimmer zu schaffen machten. Sie bewegten sich verhalten, würdig in der Nähe des Todes, ich begriff, dass sie das Bett bezogen, ihn ein wenig wuschen und Kerzen anzündeten. Die Tochter würde bald hier sein.

      Der neue Nachbar neben Ingeborg, Niels, war mit einer Baggerschaufel Sand vorbeigekommen, weil es auf dem letzten Hangstück zu Ingeborgs Haus so glatt gewesen war, und da hatte er es merkwürdig gefunden, dass noch kein Licht brannte, obwohl es schon halb sieben Uhr morgens war und sie sonst immer so früh aufstand.

      Als er abgestiegen war und gerade die Vortreppe hinaufgehen wollte, sah er auf halbem Weg zum Erdkeller ein Bündel liegen.

      Es war Ingeborg. Steif. Steif gefroren, neben sich einen umgestoßenen Eimer Kartoffeln. Sie war auf dem Rückweg vom Keller gewesen, als der Tod plötzlich zugeschlagen hatte. Vermutlich hatte sie eine Gehirnblutung erlitten und war einfach zusammengesunken. Das war bereits am Tag zuvor geschehen. Der Arzt hatte gesagt, sie sei vermutlich sofort tot gewesen.

      Der Ärmste, der sie gefunden hatte, war jedoch völlig außer sich geraten. Der Schock hatte ihm Kraft verliehen, und er hatte sie ins Haus getragen, aber es war natürlich nichts mehr zu machen gewesen.

      Der Arzt war gekommen. Und auch die Polizei, das geschah routinemäßig bei Todesfällen im eigenen Haus. Jetzt war ihr Körper im Krankenhaus, in der Leichenhalle, die es dort gab. Der Arzt, mit dem Karl-Erik gesprochen hatte, wollte wissen, ob man eine Obduktion vornehmen dürfe, aber er hatte es abgelehnt, er wollte nicht, dass an ihr herumgeschnippelt wurde.

      Jetzt war er unterwegs nach Hause, der Flieger ging in einer halben Stunde, und dann würde er wohl einen Mietwagen oder ein Taxi nehmen. Er versprach, sich sofort nach seiner Ankunft zu melden. Das hier sei für mich bestimmt genauso schlimm wie für ihn, obwohl er ja ihr einziges Kind war. Aber er wisse ja, wie viel ihr der Kontakt zu mir bedeutet hatte, mir doch wohl auch?

      Ja, natürlich war Ingeborg wichtig für mich.

      Das Telefongespräch endete genauso gedämpft und unsicher, wie es begonnen hatte. Die Trauer war groß, aber beherrscht. Ingeborg war vierundsiebzig Jahre alt geworden. Viele werden nicht älter, das ist der natürliche Lauf des Lebens. Wir würden sie vermissen, das hier war wirklich nicht leicht.

      Es war jetzt halb neun. Es war erst zwei Stunden her, dass man sie gefunden hatte. Sie war tot. Ingeborg war tot.

      Wenn der Boden unter einem einfach verschwindet, geht man dann trotzdem immer weiter?

      Ich ging zu den anderen hinaus. Aber als ich wieder ins Zimmer des Toten kam und ihn dort liegen sah, zu beiden Seiten des Kopfendes eine brennende Kerze, sie hatten sogar einen Zweig von einer der wenigen lebenden Topfpflanzen im Wohnbereich geopfert und ihm die Blume zwischen die gekreuzten Hände gesteckt, überkam mich heftiges Weinen.

      Maj-Lis war bereits woanders zugange, steckte bis über die Ohren in dringenden Arbeitsaufgaben, aber Monica und Elisabeth waren noch dort und kümmerten sich sofort um mich. Setz dich, Siv, ist ja gut, beruhige dich. Ein wunderbarer Mann, herzlich und humorvoll, er hätte ruhig noch einige Zeit leben können. Am besten tränke ich jetzt eine Tasse Kaffee im Pausenraum, es zehre an den Nerven, einen Mitmenschen auf seinen letzten Schritten zu begleiten, das begriffen sie sehr wohl.

      Aber ich verstand ja selbst nicht einmal, was mit mir los war. Das Weinen kam in Wellen, in heftigen Attacken. Mein Kopf sagte mir, dass ich mich beruhigen musste. Tante Ingeborg war tot, das war furchtbar, aber nicht unnormal, sie war schließlich alt gewesen.

      Aber sobald meine Gedanken diese vergangene Zeitform benutzten, dass sie gewesen war und nicht dass sie ist, krampfte sich meine Brust zusammen, und ein neues Schluchzen schüttelte mich.

      Ich verspürte grenzenlose Verzweiflung.

      Allmählich gelang es mir, mich so weit verständlich zu machen, dass meine Kolleginnen den Grund für meine Tränen begriffen.

      Sie nahmen Anteil. Der Todesfall hier bei uns hatte die Arbeit verzögert, und Elisabeth musste los, aber Monica blieb bei mir im Pausenraum sitzen. Das sei kein Problem, sagte sie, obwohl wir beide aus dem Korridor Geklapper СКАЧАТЬ