Jockele und seine Frau. Max Geißler
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Название: Jockele und seine Frau

Автор: Max Geißler

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

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isbn: 9788711467749

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СКАЧАТЬ style="font-size:15px;">      Und gleich rief das jüngste Töchterlein das Schlusswort:

      Es kommt die Nacht, die keine Not bedrängt,

      Weil da der Himmel ganz voll Talern hängt;

      Leicht fällt den lieben Gott im Traum was an,

      Wie er aus Steinen Semmeln machen kann.

      Das war für die Zuschauer der gegebene Augenblick zum Mitspielen: im Nu war den Webersleuten der Tisch gedeckt, und auch der lange Henrik durfte umkehren und den Lohn für seine Mühe in Empfang nehmen. Henrik Tofte aber, der richtige, wollte auch nicht zu kurz kommen. Erst überzeugte er sich von der versöhnlichen Stimmung Gwendolins, dann trank er ein Glas Sekt.

      So hatte der Abend mit einer ernsten Rückschau begonnen. Vor allem waren James und Johnny an dem Aktus nachdenklich geworden; denn ihnen war die Herkunft ihres jugendlichen Meisters noch ganz unbekannt gewesen.

      „Oh, er hat kein Staatsstipendium gehabt!“ flüsterte Johnny Gwendolin in reuevoller Einkehr zu.

      Da sagte Gwendolin nicht ohne Härte: „Aber er hat ein Stipendium von Gott: sein Genie. Wendet er es etwa besser an als Sie das Ihre?“

      Doch — das hörte niemand; denn die vollen Gläser klangen aneinander, und Henrik Tofte klimperte zum Überfluss auf der Gitarre, die er einstweilen unter den linken Arm geklemmt hatte. Es war ihm ein Lied eingefallen, das er nun singen wollte. Jawohl, auch singen konnte er — furchtbar komisch und mit wunderlichen Gebärden. Wie die Bänkelsänger singen auf den Jahrmärkten vor einer bemalten Leinwand. Er aber hatte diese Leinwand nicht und deutete doch mit dem spanischen Rohre, als ob sie da wäre. Mit der Zunge ahmte er das Klatschen des Stockes gegen die Bilder nach und malte sie mit seinen Worten, grausig und volksmässig. Oder er sang edle alte Balladen. Seine Stimme konnte dabei klingen wie geschlagene Glocken oder wie die See, die vor dem Sturmwind in Klippen zerschellt ...

      War es nicht so, als hätte der liebe Gott alle Stipendien, die er für diese Zeit zu vergeben gehabt, in einem Schöpferrausch an diesen einen verschwendet? ...

      Wenn er annahm, dass man in seiner Abwesenheit von ihm gesprochen hatte, ärgerte er sich. Aber nicht, weil er fürchtete, man verlästere ihn. Sondern er sagte: „Ich bin ein Mensch, der sich nicht auskennt in sich selber. Lobt oder lästert ihr mich, wenn ich nicht dabei bin, so nützt mir das nichts. Also ist es besser, ihr schmäht mich oder huldigt mir ins Angesicht. Ich mache es euch ja so leicht und sage nie ein Wort dazu, wenn es mich angeht.“

      Als er eine schöne und machtvolle Ballade über Harald Harfager gesungen hatte, waren alle ganz in der Gewalt seiner stolzen Begabung, die er gar nicht achtete, weil er nur in die Luft zu greifen brauchte wie ein Zauberkünstler, der ringsum Wunder fängt.

      Da fragte der nachdenkliche Rolf Krake: „Sagen Sie, Tofte, sind Sie eigentlich ein verbummeltes Genie?“

      Henrik schlug ein paar Akkorde aus den Saiten und schaute sich im Kreise um. Es sollte jemand an seiner Statt antworten, weil er sich selber dazu nicht wichtig genug nahm. An Gwendolin blieben seine Augen hängen.

      „Ach nein,“ sagte sie, „verbummelt ist er nicht. Und er wird auch nie dahin kommen. So oft er an die Dürftigkeit streift — was er so Dürftigkeit nennt — wird er etwas ganz Grosses aus sich herausschlagen.“

      „Warum heiraten Sie ihn dann nicht?“ fragte Rolf Krake.

      „Weil ich zu fleissig bin,“ sagte sie gefasst. „Er würde dann nie in die tiefe Not geraten, vor der er sich fürchten muss. Eine kleine Malerin kann aber nicht sich und diesen Riesen und am Ende eine Familie erhalten mit ihrer Kunst. Trotz allem: ich mag ihn furchtbar gern leiden. Sehen Sie, das ist die Tragik meines Lebens. Aber ich werde daran nicht zugrundegehen.“

      „Plumm plumm,“ machte Toftes Gitarre. Er hatte sich an den Tisch gesetzt und folgte diesem Gespräche mit grosser Aufmerksamkeit. Sie redeten von ihm, als wäre er gar nicht da.

      „Liebe Gwendolin,“ begann Rolf Krake wieder, „wäre es nicht die Aufgabe einer Frau, dieses Genie für immer in ihre Macht zu bringen, damit es ranke und blühe nach ihren Gedanken?“

      „Man könnte das meinen,“ entgegnete Gwendolin. „Aber dann kennt man Henrik Tofte flach. Auf die Dauer erkennt er nur einen einzigen Herrscher an über die Riesenmasse seiner Begabung; und dieser König ist der Augenblick.“

      Es war ein Uhr geworden. Tofte hatte sich schon über Gebühr von dem Gericht über sich selbst fesseln lassen. Er hatte für die Mitternacht Leute auf die Insel bestellt, die an Drähten hunderte von Papierlaternen aufhingen ... So kommandierte er die Welt. Wohin er kam, regierte er und dachte doch nicht daran. Aber sich selbst konnte er kein anderes Gesetz schreiben als das von der rasenden Unbeständigkeit des Willens. Nur so vermochte er sich zu ertragen. „Meine Freunde,“ sagte er nun, „die Nacht ist lieb und heiss wie Gwendolin, und sie ist schwer vom Dufte der Rosen, des Weins und der Berge ...“

      „Plumm plumm!“ Und Henrik Tofte sang das Lied vom Rattenfänger. Da mussten sie alle hinterdrein und zogen hinaus in die liebe heisse Sommernacht, wo die blonde Marit einen Tisch unter vielen stillen Lampen gedeckt hatte. Und weit drüben am Ufer standen die Menschen und sahen die Ranken der blühenden Lichter in der weichatmenden Nacht und in den weichatmenden Wassern und lauschten dem Sänger. Dann zischten von den Rändern des Fjords die goldenen Schlangen eines Feuerwerks empor — oh, Henrik Tofte hatte heute „viel“ Geld eingenommen von James und Johnny! Und Henrik Tofte stand nun auf dem Dache. Stand dort mit einem wallenden Barte und in einem langen wehenden Mantel, wie ein Geist, der aus dem Berge gestiegen, und sang zu geschlagenen Saiten. Es war immer so: seiner Kraft schienen keine Grenzen gezogen — je mehr er von ihr forderte, desto mehr gab sie. Er hatte nie so übermächtig gesungen wie an den Säumen dieser Mitternacht. Es war ein Lied der Liebe. Er huldigte damit Gwendolin. Und so klang es aus:

      Hell hauchte der Glanz des Nebelfalls

      In silbernes Herbstgespinn.

      Die weisse Hand strich der Stute den Hals

      Und sagt’ ihr doch nicht, wohin.

      Am Waldbach perlte der Erlenbaum,

      In den Runsen rauschte das Wehr;

      Sie ritt vorüber, sie ritt im Traum,

      Und das Glück ritt nebenher.

      Heim ritt sie. Um die Hufe klang

      Der klingende Abendtau.

      Und wie sie aus dem Sattel sprang,

      Da jauchzte die selige Frau.

      Die bunten Lampen begannen zu verlöschen. Noch verabredete man für den Vormittag eine Lustfahrt in bekränzten Booten nach der Fjordstadt Elde, um die sich die Berge türmen und der Sommer blühte. Ein grosser Zeltzirkus hatte dort Einzug gehalten. Dann geleitete man Do und Jockele wie ein Brautpaar zur Schwelle ihrer Kammer, in der sie zum ersten Male schliefen. Aber Henrik Tofte fand, das Fest wäre noch lange nicht zu Ende. Er ruderte Rolf Krake, James und Johnny hinüber ans Land. Und als er allein in Boot und Nacht war, streifte er darin um die Insel. Das Glück Jockeles und seiner Frau machte sein Herz sehnsüchtig — er wusste nicht wie. Er glitt ein Stück hinaus in die Flut und verwandte kein Auge von dem einzigen Fenster, das noch hell war auf dem Eilande. Es war das Gwendolins. Dann trieb er das Boot an den Rand der Klippe, kletterte empor im Gestein und rief leise Gwendolins Namen. „Komm СКАЧАТЬ