Название: Gesammelte Werke von Friedrich de la Motte Fouqué
Автор: Friedrich de La Motte Fouque
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9788027207022
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In belebter Welt.
Alle wiederholten nun einstimmig den ersten Vers:
Wie fragt Ihr, wie forscht Ihr, ob Morgen geschieht,
Was Heute der Reigen verspricht?
Wenn Heute, wenn Morgen vorüber uns zieht,
Was ist es denn mehr als Gedicht?
Erst während des Spiels hatte Alwin bemerkt, daß zufolge seiner Anordnung, Beatrix und er hinter dem künstlichen Gebüsch allein stehn bleiben würden. Das Herz klopfte ihm voll Lust und Verlegenheit; indem die letzte Maske vor ihnen heraustrat, wußte er noch nicht, was er eigentlich thun sollte, Beatrix, sehr reizend als Fischermädchen, lächelte ihn zutraulich an, er gewann von den blühenden Lippen den oft ersehnten, schon halb verheißnen, ersten Kuß.
Das Fest ward nun allgemeiner, und äusserst belebt. Alwin's Erfindung fand Beifall, man rief den heitern Sänger von verschiedenen Seiten mit Neckereien und Lobsprüchen auf, die er ziemlich gewandt zu erwiedern wußte, so reiche Begeisterung hatte Beatrix flammender Kuß in seine Lippen herüber geströmt. Gebührte auch dem oft umkreisenden Becher sein Theil daran, wer wollte allzu genau zwischen Gottheiten rechten, die so gute Freunde sind, als Amor und Lyäus, und sich noch dazu in einen beiderseitigen Liebling zu theilen hatten, in einen Dichter, wie es Alwin bei diesem Feste nach Tracht, Namen und Betragen war. Er begegnete in seinem fröhlichen Rausche dem Secretarius, der eben von einer neuen Geschäftsreise zurückgekommen war, und konnte nicht umhin, ihm seine unendliche Dankbarkeit zu äussern, für die Einführung in diesen wundervollen Kreis.
Ja, ja, Ihr scheint Euch ganz wohl zu befinden, erwiederte Thorwald.
Und sollte ich anders! rief der Jüngling aus. Ich habe nur des Lebens Schattenseite gekannt, eh' Ihr den Vorhang zu diesen leuchtenden Spielen vor meinem Geiste aufzogt. Um Eins doch möcht' ich mit Euch rechten: daß Ihr, eben Ihr, dem es bekannt war, was uns erwartete, mir unterwegens die Möglichkeit eines Sängerlebens abstreiten wolltet. Zwar, Ihr thatet's wohl nur, mich desto fröhlicher zu überraschen.
Ihr seid sehr freigebig mit Motiven, sagte der Secretarius. Diesmal muß ich bekennen, daß Ihr mir zu viel Ehre anthut; ja, ich bin so fern von Eurer Ansicht, daß ich erst noch fragen muß, ob Ihr wirklich ein Sängerleben gefunden habt?
Alwin streifte statt aller Antwort über die Saiten seiner Cither.
Nun wahrhaftig, rief Thorwald, das ist zum Lachen! Oder nein, es ist vielmehr im höchsten Grade ernsthaft, denn Ihr seid ein so großer Poet, daß Euch das Leben zum Spiel und das Spiel zum Leben wird. Weil Ihr während einiger Stunden mit einem Sängermantel herumstolzirt, womit Ihr in jeder Thür hängen bleibt, und Glas auf Glas von den Tischen reißt, und eine Cither zur Hand habt, die sich bei jedem Luftzug verstimmt, so daß sie zu ihrem eignen Glücke von der Tanzmusik gänzlich übertönt wird – deswegen bildet Ihr Euch eine reale Standeserhöhung zum Minnesinger ein. Und dabei das mimische Talent, sogleich durch die That zu antworten, durch einen Griff auf den Saiten, das Ihr vermuthlich unserm Eremiten im Harzwalde abgelernt habt, als er pathetisch das Fenster aufmachte, um Euch die Gebirgsgestaltungen, et caetera zu weisen – wahrhaftig, Herr Poet, Ihr gewährt mir unaussprechliches Vergnügen. Dabei seid Ihr witzig genug gewesen, dem blöden Friedbert eine lächerliche Rolle in Euerm Opusculo zu ertheilen, und kommt Euch wahrscheinlich jetzt sehr erhaben gegen ihn vor –
Die letztern Worte hörte Alwin nur von fern, denn er hatte dem unartigen Secretarius höchst beleidigt den Rücken gewandt, und traf eben auf Anselmo, der ihn spottend fragte, was ihm sein edler Reisegefährte Angenehmes erzählt habe? Alwin wollte sich von ihm losmachen, aber er führte ihn zu einem Schenktisch, goß zwei goldne Pokale voll, und fuhr fort:
Siehst Du wohl, daß ich Recht hatte, Dich vor dem Murrkopf zu warnen? Und weil Du eben aus der Schule kommst, wir Beide trefflich gestimmt, Du zum Hören, ich zu Nutzanwendungen, so laß mich Dir noch ein Paar Lehren mittheilen. Die edle Gräfin wird Dich zu ihrem Hofpoeten machen wollen, denn sie ist ein gewaltig schöner Geist – ach, wie gewaltiger würde sie sein, begnügte sie sich, ein schöner Leib zu sein! – Zu Ehren ihrer himmlischen Gestalt! – Hier trank er den Pokal aus, füllte ihn von Neuem, und fuhr fort: wo war ich geblieben? Dies Alles sollte nur eine Parenthese sein, und gehörte nicht zu meiner Ermahnung über den Text: Nimm Dich vor der Hofpoetenschaft in Acht, auf daß die jungen Mägdlein nicht glauben, Du seist ein Pedant.
Ueberflüssige Warnung, rief Alwin. Ich habe die ganze Sache nur zum Spaß übernommen, nur für dies eine Mal –
Vielleicht um zwischen den illuminirten Lauben und Zweigen die schönste Frucht zu pflücken. Du erröthest? Viel Glück zum ersten Kuß!
Alwin verbarg seine Verlegenheit durch einen Zug aus dem goldnen Becher, und sagte nachher: Natürlich gab ich mich blos deswegen zu der Kinderei her.
So bist Du ein meisterlicher Schlaukopf, rief Anselmo. Nimm Dich nun auch hübsch vor dem Heirathen in Acht, flattre von Einer zur Andern, die Blumen sind blos schön für den leichtgefiederten Sommervogel.
Und Aline? fragte Alwin.
Du weißt ja, daß ich bald nach Italien reise, erwiederte Anselmo lachend. Die Pokale sind leer. Zum Tanze drum.
O Du schnellhüpfendes,
Immer entschlüpfendes,
Immer verwandeltes
Leben! Behandelt' es
Jeder wie ich,
Lacht' es für Euch, wie für mich!
Achtes Kapitel
Die beiden Freunde saßen bald darauf in der Abenddämm'rung beisammen. Man erwarte in Anselmo's Wohnung das tiefre Hereinbrechen der Nacht, um, wie es schon lange Sitte bei ihnen war, zum Serenatengesang vor Alinens und Beatrix Fenstern auszugehn. Diesmal sollte Jeder für sich allein sein Glück versuchen. Beim Wiederzusammentreffen pflegte man sich alsdann zu erzählen, wie es ergangen sei, ob man von der Geliebten einen verstohlnen Gruß durch die erleuchteten Scheiben empfangen habe, ob wohl gar ihr freundliches Gesichtchen im geöffneten Fenster erschienen sei.
Alwin war diesmal ungewöhnlich still, es fehlte ihm selbst an der Ungeduld, mit welcher er sonst aufzublicken pflegte, zum weilenden Abendstern, so daß ihn Anselmo endlich um die Ursach dieses veränderten Betragens fragte. Die Antwort schien nicht ungern zu erfolgen; ja, dem Bekümmerten eine Last vom Herzen zu nehmen, so daß er sehr ausführlich ohngefähr auf folgende Weise erwiederte:
Wir sind nicht allemal was wir sein sollen: einem bessern Bewußtsein zum Trotz erwacht diese oder jene Lust in dem ungezügelten Herzen, und streift gewaltsam über alle Gränzen hinaus, verderblich uns selbst, verderblich dem Liebsten, was wir auf der Welt kennen.
Eine Untreue! rief Anselmo lachend, eine Untreue an Fräulein Beatrix! Ich könnte mein Leben drauf verwetten.
Und hättest verloren, erwiederte Alwin sehr ernsthaft, wenigstens in Deinem Sinn ganz gewiß. Was meinst Du, wenn ich Dir mein Ehrenwort darauf verpfände, daß ich nie ein freundlich Wort erhalten habe, noch weniger eine höhere Gunst empfangen, von der, die mich Heute so innig betrübt, ja, daß ich nicht einmal etwas Aehnliches wünsche.
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