Die siebte Sünde - Norwegen-Krimi. Kjersti Scheen
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Die siebte Sünde - Norwegen-Krimi - Kjersti Scheen страница 7

Название: Die siebte Sünde - Norwegen-Krimi

Автор: Kjersti Scheen

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Ein neuer Fall für Margaret Moss

isbn: 9788726444964

isbn:

СКАЧАТЬ

      Plötzlich war ihr übel, und sie versuchte mit aller Kraft, das zugeschwollene Augenlid zu öffnen, um das Gewimmel zum Stillstand zu bringen. Weit entfernt hörte sie Stimmen, Schritte über Fußböden, Tassen und Schüsseln klapperten.

      »Aber so tu doch was, Mensch«, sagte auf einmal jemand, ziemlich nahe an der Tür. Diesmal war es eine Frauenstimme. »Sie kann doch nicht einfach da rumliegen!«

      Genau, dachte Moss. Das kann ich nicht!

      Sie sah Richtung Tür, aber niemand kam herein, und die Schritte entfernten sich wieder. Es war doch wirklich das Allerletzte, hier herumzuliegen, nicht zu wissen, warum, und sich so mies zu fühlen, daß man kaum aufrecht sitzen und erst recht nicht tatkräftig handeln konnte. Ha! Das gab es wohl nur in Romanen, Helden, die sich erhoben und sofort weitereilten, nachdem sie eben noch vollkommen erledigt gewesen waren!

      Stimmen hoben und senkten sich wieder, aber jetzt waren sie so weit entfernt, daß sie nicht hören konnte, was sie sagten. Moss schlug die Bettdecke zur Seite und stellte probehalber das eine Bein auf den Boden. Rissiges eiskaltes Linoleum unter ihrer Fußsohle. Sie blickte an sich hinab, sie trug eine Unterhose und das T-Shirt, das sie unter dem Pullover gehabt hatte, als sie nach Stavanger gefahren war.

      Dann zog sie das Bein wieder zu sich.

      Seitdem konnten doch nicht etwa mehrere Tage vergangen sein? Ihr wurde heiß. Lag sie schon lange hier? Nein, entschied sie nach einigen Sekunden, und ihr Herz beruhigte sich ein wenig. Wenn ihr blaues Auge das Resultat des Strandausflugs war, konnte gerade mal die Nacht vergangen sein.

      Ein blaues Auge hatte sie, wie gesagt, nicht zum ersten Mal.

      Sie schloß die Augen und lehnte den Kopf wieder an die Wand. Ließ allmählich den Gedanken zu, der die ganze Zeit in ihrem Hinterkopf herumschwirrte.

      Jemand konnte sie zusammengeschlagen haben.

      Weil sie gesehen hatte, daß der Mann tot war.

      In diesem Moment hörte sie wieder Stimmen. »Na gut! Aber dann müssen wir mit ihr reden!«

      Die Tür wurde aufgerissen.

      Es war der Junge von gestern. Der mit der Taschenlampe. Jetzt stand er an der Tür und schaute sie an, als hätte sie ihm die Brieftasche gestohlen, mindestens.

      Mißtrauisch.

      Die langen Haare waren hell und fettig und hingen in Strähnen auf die Schultern. Er war dünn und schmalschultrig, und die Jeansjacke war tailliert und eng und sah aus, als stammte sie aus dem Secondhandladen der Heilsarmee und aus der Hippiezeit.

      »Sie sind Detektivin«, sagte er, mehr konstatierend als fragend. »Wir ham in Ihre Tasche geguckt.«

      Moss blinzelte mit dem einen Auge. Tastete über die Bettdecke. Die Tasche, hatten sie ihre Tasche genommen? Sie wollte gerade etwas sagen, da sagte statt dessen der Junge etwas.

      »Gehören Sie zu denen oder beschatten Sie die bloß?«

      »Beschatten?« sagte Moss. »Beschatten?«

      »Sind Sie hinter ihnen her?« fragte er, jetzt ein wenig ungeduldiger. »Gehören Sie zu denen, oder sind Sie hinter ihnen her?«

      »Hinter ihnen her?« Moss fühlte sich wie die mythologische Gestalt, die immer das letzte Wort hatte, wie hieß sie noch? Echo, genau. Die Göttin Echo. Oder Nymphe oder was auch immer.

      »Wir ham Ihr Flugticket angeguckt«, sagte der Junge. »Sie sind gestern gekommen und beinahe sofort zum Orrestrand gefahren.«

      »Ich?« sagte Moss. »Ich ...«

      Sie schwieg. Es gab keinen Grund, fremden Jungs mit schlechtem Jackengeschmack ihre ganze traurige Geschichte zu erzählen. Er hatte ihr außerdem die ersehnte Auskunft gegeben – es war so, wie sie gedacht hatte, eine Nacht war vergangen, nicht mehr.

      Sie griff sich ans Auge. Die Hand fühlte sich kühl und angenehm an.

      »Ich bin nicht beruflich hier«, sagte sie kurz angebunden. »Ich hab keine Ahnung, was am ... Orrestrand passiert ist, oder wie hieß das noch? Ich hatte eine kurze ... Verabredung in der Stadt, und dann hab ich mir gedacht, ich werf noch mal einen Blick aufs Meer, bevor ich nach Oslo zurückfahre. Ein dummer Gedanke, okay, es wird früh dunkel, okay. Aber mußtet ihr mich deshalb unbedingt zusammenschlagen?«

      »Wir dachten, Sie sind eine von denen«, wiederholte der Junge.

      »Eine von welchen?« sagte Moss.

      Der Junge seufzte.

      Sah aus, als wüßte er nicht, wo er anfangen sollte. Dann räusperte er sich.

      »Der, den Sie gestern gesehen ham, der ... der da rumlag ... der Tote, das war mein Vater.«

      Er hielt sich am Türrahmen fest. Sein Blick flackerte.

      Moss fummelte an der Bettdecke herum. »Aha«, sagte sie. Es blitzte und funkelte hinter dem verklebten Auge. »Das ist ja ... das ist ja schrecklich.«

      »Die Typen, die ihn fertiggemacht ham, wir wissen, wer dahintersteckt, aber nicht, warum sie es getan ham. Und da ham wir uns gedacht, wir fragen Sie, ob Sie was wissen oder ob Sie es für uns rauskriegen können.«

      »Was?« sagte Moss.

      »Sie sind doch Detektivin«, fügte er erklärend hinzu.

      »Du meinst, ihr beauftragt mich?« fragte Moss. »Nachdem ihr mich zusammengeschlagen habt? Denn das wart doch ihr, oder?«

      »Ja«, sagte er. Dann kam er langsam ins Zimmer und ans Bett, machte fast eine Art Diener, eine ungeschickte und schiefe Bewegung. »Tut mir leid, das mit dem blauen Auge. Ich bin Tom. Tom Vågevik. Der, dem das Haus hier gehört, heißt Harry. Er kocht Ihnen grad einen Kaffee.«

      Im selben Moment kam der Typ namens Harry herein. Das Geschirr auf dem Tablett klirrte heftig, er war zittriger als die alte Tante Maisen, dachte Margaret Moss beunruhigt. Sie sah, wie er das Tablett auf das Nachtschränkchen stellte. Eine Tasse Kaffee, ein Bierglas und ein Teller mit zwei halben Brotscheiben. Die eine Hälfte mit Jarlsbergkäse und die andere mit Jarlsbergkäse.

      »Danke«, sagte sie matt.

      »Elfrid meinte, ich sollte Spiegeleier braten, aber ich dachte, Ihnen ist vielleicht übel«, sagte der Typ, der Harry hieß, und blickte sie an.

      Ja, im Grunde war ihr ein bißchen übel. Wenn sie genauer darüber nachdachte.

      Sie schloß das gesunde Auge. Das andere war ohnehin geschlossen.

      »Harry ist zur See gefahren«, sagte die Stimme des Jungen. »Er kann gut kochen.«

      »Harry Hesthaug«, sagte Harry und verbeugte sich.

      Sie öffnete wieder das Auge.

      »Ich verstehe gar nichts«, sagte sie.

      »Wir werden Ihnen alles erklären«, sagte er beruhigend. Die Sprungfedern ächzten, als er sich auf die Bettkante setzte. »Geht’s, oder sollen wir warten?«

      »Legt СКАЧАТЬ