Die siebte Sünde - Norwegen-Krimi. Kjersti Scheen
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Название: Die siebte Sünde - Norwegen-Krimi

Автор: Kjersti Scheen

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Ein neuer Fall für Margaret Moss

isbn: 9788726444964

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СКАЧАТЬ lehnte sich vornüber und sah nicht aus, als wolle sie sich von unten entern lassen.

      Ihre Augen tränten, und sie wischte sie mit dem Handrücken ab, als sie plötzlich etwas hörte.

      Einen Ruf?

      Sie lauschte mit offenem Mund.

      Da war es wieder. Kam es von draußen? Halbvergessene Bilder von Schiffen in Seenot und umhertreibenden Wasserleichen. Ihre Nackenhaare sträubten sich, und sie bekam eine Gänsehaut. Da war es schon wieder, dieses Rufen, und ihr wurde klar, daß es nicht vom Meer kam.

      Irgendwo oben in den Dünen waren Menschen.

      Gleich schöpfte sie neuen Mut, da war jemand, sie war nicht allein, da führte einer seinen Hund aus oder war am frühen Abend joggen gegangen. Sie richtete sich auf, schnallte sich die Umhängetasche wenig elegant quer über die Brust und hängte sich die Reisetasche über den einen Arm. Dann nahm sie Anlauf und zog sich mit aller Kraft nach oben, klammerte sich an störrische Büschel von Strandhafer, scharfe Halme, die ihr in die Hände schnitten, hielt sich mit beiden Händen an den zähen Wurzeln fest und spürte, wie Sand und Kies an den Stellen abbröckelten, wo sie mit ihren Stiefeln Halt suchte.

      Mit letzter Kraft wälzte sie sich über den Rand, lag keuchend und kraftlos zwischen den Strandhaferbüscheln, erleichtert darüber, wieder auf festem Boden zu sein. Mühsam stand sie auf. Sie sah niemanden, es war zu dunkel, und die Stiefel glitten noch immer durch losen Sand. Unsicher tastete sie sich auf die Stimmen zu, die vom feuchten Wind zu ihr getragen wurden.

      Plötzlich waren Scheinwerfer zu sehen.

      Ein Stück entfernt. Sie sah einen Parkplatz und zwei Autos, die sich gegenüberstanden. In ihrem gleißenden Licht spielte sich eine Szene ab, die ihr für einen kurzen Moment unwirklich vorkam. Sie ähnelte einem Filmausschnitt, allerdings ohne Ton, denn die Rufe waren verstummt, nur das Donnern der Brandung begleitete die Schläge und Tritte, die auf die Gestalt hinunterhagelten, die zwischen den beiden Autos halb lag und halb kniete.

      Was taten die eigentlich da drüben?

      Ihr Herz machte einen Satz und begann in der Brust wie verrückt zu rasen. Rein instinktiv ließ sie sich auf den Boden fallen, legte sich auf den Bauch, die Stirn gegen den Unterarm gepreßt, dann blickte sie wieder hoch.

      Es sah aus wie eine Bestrafungsaktion.

      Zwei Männer, die abwechselnd Schläge und Tritte austeilten, ein weiterer, der danebenstand und zusah. Aus dem wenigen zu schließen, was sie im Dunkeln ausmachen konnte, handelte es sich um Erwachsene. Es war also keine Auseinandersetzung zwischen Jugendbanden. Das Opfer selbst sah auch nicht jung aus. Der Mann trug zwar Jeansjacke und Jeans, hatte aber schütteres Haar und einen Bart.

      Jetzt lag er flach auf dem Bauch.

      Die beiden Männer, die ihn geschlagen hatten, legten eine Pause ein. Keuchend und mit herabhängenden Armen blickten sie auf ihr Opfer hinunter, dann traten sie noch einmal zu, jeder einmal. Moss glaubte, etwas knirschen zu hören, aber das war natürlich nur Einbildung. Sie hörte nichts als das Meer.

      Jetzt redeten die da drüben miteinander.

      Was sollte sie nur tun, nicht einmal ihr Handy hatte sie dabei. Das Gerät, das sie sich neulich gekauft hatte, mußte defekt sein. Es piepste die ganze Zeit, und sie hatte es zu Hause gelassen. Sie verfolgte die Männer mit den Augen, wie sie die Reißverschlüsse ihrer Jacken zuzogen und die Kragen hochstellten. Es sah aus, als kämen sie aus dem Kino, sie zündeten sich Zigaretten an, schauten sich um, redeten miteinander, einer von ihnen lachte.

      Moss lag reglos im feuchten Sand.

      Dann stiegen sie in die Autos. Türen knallten, die Wagen rollten rückwärts und wendeten. Dann fuhren sie los, nacheinander, langsam. Erst ein gutes Stück entfernt beschleunigten sie, unversehens waren die Lichter verschwunden, vermutlich machte die Straße eine Kurve.

      Erst nach einer ganzen Weile stand sie mit steifen Gliedern auf. Die Dunkelheit um sie her war schwarz wie Tinte gewesen, sobald die Autoscheinwerfer verschwunden waren, doch jetzt konnte sie graue Formen ausmachen: die Dünen, die in Sumpflandschaft übergingen, die Finsternis des asphaltierten Parkplatzes und etwas Helleres, den Mann auf der Erde.

      Sie ging die fünfzehn, zwanzig Meter zu ihm hinüber, sah sich rasch um, bevor sie die Taschen abstellte und sich hinhockte.

      Sie tastete den reglosen Körper ab, untersuchte den Jeansstoff, stieß auf blutverklebte Haare, preßte ihre eiskalten Finger seitlich an seinen Hals.

      Hörte nur ihr eigenes Herz, es pochte in den Ohren, sie schob die Finger ungeduldig ein kleines Stück höher.

      Nichts.

      Sie hätte ihn gern umgedreht, traute sich aber nicht, denn sie hatten ihn offenbar so getreten, daß er vermutlich eine Gehirnblutung hatte oder sein Nacken gebrochen war. Erneut preßte sie die Finger an seine Halsschlagader. Schloß die Augen, konzentrierte sich.

       Los! Bleib hier! Komm schon!

      Sie war plötzlich den Tränen nahe, es war einfach zuviel für einen Tag. Was zum Teufel sollte sie hier mit einem sterbenden Mann anfangen. Mensch, bleib hier! Wieder preßte sie die Finger an seinen Hals.

      Fand keinen Puls.

      Sie verlagerte ihr Gewicht auf die Fersen und versuchte nachzudenken.

      Sie mußte Leute suchen, Hilfe holen. Das hier konnte sie nicht allein schaffen. Sie sah ja nichts im Dunkeln, hatte keine Ahnung, ob der Mann noch am Leben war. Er lag so schief, der Kopf war zur Seite gedreht, vielleicht hätte sich dort ein Puls tasten lassen, aber sie konnte ihn nicht finden.

      Gerade wollte sie sich aufrichten, da bemerkte sie, daß sich etwas direkt neben ihr bewegte.

      Sie erstarrte.

      Ihr Herz hatte Anlauf genommen, jetzt pochte und schlug es gegen die Rippen.

      Da stand jemand.

      Sie starrte mit weit offenen Augen und trockenem Mund in die Finsternis.

      »Hallo?« sagte sie schließlich. Sie hörte selbst, wie dünn ihre Stimme klang, und wiederholte mit der ganzen Kraft, die sie aufbringen konnte: »Hallo! Ist da jemand?«

      Keine Antwort. Füße bewegten sich, Sand knirschte auf Asphalt.

      Sie erhob sich langsam. Packte die Umhängetasche, als sei sie eine Waffe, umwickelte die Hand mit dem langen Riemen. »Jetzt antworte schon!« rief sie plötzlich mit sich überschlagender Stimme. »Sag was, verdammt noch mal!«

      Wieder knirschte es, dann hörte sie eine Stimme, dünn, ein wenig nasal, beinahe schüchtern. Sie spürte, wie sie sich gleich ein bißchen entspannte, das war ja fast noch eine Jungenstimme.

      »Was machen Sie hier?«

      »Ich?« fragte Moss leicht hysterisch. »Ich bin bloß vorbeigekommen.«

      »Sie wohnen also in der Nähe?«

      Sie spürte, wie sie einen heißen Kopf bekam. Verdammt noch mal, stand der Typ hier herum und machte Small talk, oder was?

      »Du, der muß ins Krankenhaus! Und zwar so schnell wie СКАЧАТЬ