Die siebte Sünde - Norwegen-Krimi. Kjersti Scheen
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Название: Die siebte Sünde - Norwegen-Krimi

Автор: Kjersti Scheen

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Ein neuer Fall für Margaret Moss

isbn: 9788726444964

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СКАЧАТЬ ist?«

      »Vermutlich ist gerade mal wieder Brunstzeit«, sagte Moss, blätterte hektisch in Maisens altem Medizinhandbuch und schlug es unter »Nervenleiden« auf.

      »Für so was ist er doch zu alt«, sagte Tante Maisen.

      »Das glaubst aber auch nur du«, sagte Moss und schloß das Buch mit einem Knall, als sie entdeckte, woran man alles leiden konnte. »Maisen, eigentlich dürfte ich gar nicht so schwitzen, ich nehme doch ein Östrogenpräparat.«

      »Ach Gott«, sagte Maisen und betrachtete sie besorgt. »Kann man davon abhängig werden?«

      »Ja«, sagte Moss und stellte das Buch ins Regal zurück. »Du weißt doch, wofür man Östrogen bekommt. Man nimmt es, um die Wechseljahre erträglicher zu machen.«

      »Zu meiner Zeit gab es keine Wechseljahre«, sagte die Tante würdevoll.

      »Nein, das kann ich mir denken«, sagte Moss und knallte die Tür zu, als sie nach oben in ihre Wohnung ging.

      Ständig quälte sie die Vorstellung, plötzlich umzukippen, auf der Straße, in der Straßenbahn. Im Kino vom Sitz zu fallen oder noch schlimmer: die irrsinnig enge, mit Teppichen ausgelegte Hühnerleiter im Zuschauerraum des Nationaltheaters hinunterzustürzen.

      Sie ging nicht mehr in Stücke, die dort gespielt wurden.

      Sie ging überhaupt fast nirgendwo mehr hin.

      Eines frühen Morgens im Oktober stand sie auf, wankte verfroren und benommen ins Bad und sah sich im Spiegel. Der Blick, der ihr dort begegnete, war schwarz vor Schreck. Sie beugte den Kopf. Was zum Teufel ging hier eigentlich vor?

      In dem Moment faßte sie den Entschluß: Sie mußte weg.

      Weg vom Spiegelbild, von den spröden, aufgerissenen Lippen, dem zotteligen Haar, den traurigen Augen.

      Sie dachte nicht weiter nach, sondern griff zum Telefonhörer. Sechs Minuten später hatte sie sich den letzten freien Platz im Flugzeug nach Stavanger gesichert, zum vollen Preis, der Abflug war um elf Uhr fünfundvierzig.

      Und dann hatte sie es verdammt eilig.

      In der besonderen Hochstimmung, in die schnelle und unvernünftige Entschlüsse sie stets versetzten, warf sie Unterhosen, Socken, Pullover, Bücher und den Walkman in eine Reisetasche, schrieb einen Zettel an Tante Maisen, den sie auf die Kommode unten im Hausflur legte, schlich sich wie ein nächtlicher Dieb an Maisens Wohnungstür vorbei und lief hinaus zum Taxi, das sie sich bestellt hatte.

      Sie hatte viertausend Kronen auf dem Konto. All ihr bewegliches Hab und Gut auf dieser Welt.

      Es half nichts. Jetzt ging es um Flucht.

      Im Flugzeug spürte sie noch immer den Rausch des überstürzten Aufbruchs.

      Sie war gerade noch einmal davongekommen, um ein Haar wäre es zu spät gewesen.

      Woran es auch immer gelegen haben mochte.

      Sie bat um eine Dose Bier, als die Stewardeß mit ihrem Wagen vorbeikam. Um sie herum tranken die Leute Tee, Kaffee und Saft. Es war, wie gesagt, früher Vormittag.

      »Wie bitte?« fragte die Stewardeß und beugte sich vor.

      »Ein Bier«, meinte Moss, etwas lauter.

      »Tut mir leid, ich habe Sie immer noch nicht verstanden«, sagte die Stewardeß.

      »Ein Bier«, rief Moss so laut, daß es um sie herum ganz still wurde. Sie machte sich an der in Frischhaltefolie verpackten Brotscheibe zu schaffen. Als sie in das kalte Rührei biß, zog es in den Zähnen.

      Schließlich kam das Dosenbier, der Schaum lief über den Rand, und sie nahm einen vorsichtigen Schluck.

      Blickte auf zerklüftete Berge unter einer aufreißenden Wolkendecke.

       »It’s not that I’m afraid of dying, I just don’t want to be there, when it happens.«

      »Woody Allen«, sagte sie laut vor sich hin und trank wieder etwas aus der Dose. Dabei spürte sie, wie ihr Nachbar sie mißbilligend musterte.

      Sie blickte aus dem Fenster und war plötzlich in guter Stimmung.

      In sehr guter Stimmung.

      Erst als sie auf dem Flugplatz von Stavanger stand, ihr der Regen in nassen Windstößen entgegenschlug und sie sah, wie lang die Schlange am Taxistand war, besann sie sich ein wenig.

      Natürlich hätte sie ihn vorher anrufen müssen. Den Kerl in Stavanger. Mit dem schönen, blonden Haar und den stets gebügelten Anzügen. Den sie in einem Kurs über Marketing kennengelernt hatte ...

       Marketing, Moss? Was soll das denn? Ob das wohl das Richtige für eine forsche Privatdetektivin mit linker Vergangenheit und Schauspielerfahrung ist? Ganz ehrlich? How far out can you get?

      »Halt’s Maul«, sagte Moss müde zu ihrem Alter ego. »Oder anders gesagt: Go fuck yourself.«

      Aber Moss, wies das Alter ego sie zurecht.

      Moss hatte tatsächlich an einem Kurs über Marketing teilgenommen. Irgendwas mußte man ja machen. Sie hatten ihr nichts beigebracht, was sie sich nicht selbst hätte denken können, aber sie hatte einen blonden, gutgebauten Geschäftsmann aus Stavanger kennengelernt. Das war immerhin etwas. Außerdem war sie beinahe verführt worden, das heißt, sie hatte die Initiative ergriffen, indirekt, und dann hatte er sie verführt. Ihr hatte es gut gefallen. Sie fühlte sich in diesem Jahr, wie gesagt, einsam.

      Dann begann er sie zu besuchen, wenn er in Oslo war, was nicht ganz selten vorkam.

      Tante Maisen mochte ihn, aber sie mochte ja alles, was nach Rasierwasser roch und auf ihrem mit Katzenhaaren übersäten Sofa saß und Zigarren rauchte.

      Er entpuppte sich jedoch nach und nach als so aufmerksam und hartnäckig, daß Moss sich ein wenig zurückzog. So hatte sie sich das nicht vorgestellt, schließlich wollte sie keinen Mann auf Dauer.

      Sie hatte doch ... hatte doch die Tante. Und Karen, wenn Karen nicht gerade ... so war das.

      Und Roland Rud.

      Wenn er ans Telefon ging, aber genau das tat er nicht mehr.

      Sie öffnete ihren Mantel, den sie auf der Rolltreppe im Flughafen zugeknöpft hatte. Hier war das reinste Dampfbad, obwohl der Oktober schon weit fortgeschritten war.

      Nein, sie hätte anrufen sollen.

      Immerhin wußte sie, daß er bei der Arbeit war, das hatte sie vorher geklärt. Eine frische, mädchenhafte Stavangerstimme hatte das angedeutet, als Moss beim Warten aufs Taxi ihre blitzschnelle Ermittlung durchführte.

      Die Sekretärin vermutlich.

      »Er ist gerade nicht im Zimmer«, hatte sie gesagt. »Soll ich was ausrichten?«

      »Ich versuche es später noch mal«, hatte Moss geschwindelt und aufgelegt.

      War es nicht СКАЧАТЬ