Название: Ins Arktische Amerika
Автор: Franklin John
Издательство: Bookwire
Жанр: Книги о Путешествиях
Серия: Paperback
isbn: 9783843806602
isbn:
Nicht umsonst waren die unbeschwertesten Tage, die er in der Kolonie verbracht hatte, jene, als zwischen August 1840 und Juni 1841 eine Expedition zur Messung des Magnetismus der Südhalbkugel der Erde Hobart besuchte. Das Ganze stand unter der Leitung der Kapitäne James Clark Ross und Francis Rawdon Moira Crozier; ihre Schiffe trugen die Namen »Erebus« und »Terror«. Franklin war buchstäblich aufgekratzt, ja: wie ausgewechselt. Seine Frau berichtete am 7. September 1840 in einem Brief an ihren Vater über die Begegnung der drei alten Seebären: »Mit einem Mal erscheint Sir John den Leuten hier in einem völlig anderen Licht – so heiter und gelöst und beschwingt ist er in der Gegenwart seiner neuen Freunde.«
Ob sie wohl schon bei dieser Gelegenheit Pläne für die Zukunft schmiedeten? Immerhin wussten sie, dass die Royal Geographical Society 1836 die Regierung in London in einer Petition gebeten hatte, das Thema »Nordwestpassage« wieder auf die Agenda zu setzen. Franklin, der seinerzeit ebenfalls konsultiert worden war, hatte damals erklärt: »Sie wissen mit Sicherheit, dass mir keine Aufgabe mehr am Herzen liegt als die Vollendung der Aufnahme der Nordküste Amerikas und damit der Nordwestpassage.«
Nun, da Franklin im Sommer 1844 nach London zurückgekehrt war, flochten sich diverse Fakten zu einem Handlungsstrang zusammen: Lord Stanleys Interesse, den Gouverneur a.D. tunlichst kaltzustellen … die Entscheidung der Admiralität, noch einmal einen Verband zur Erschließung der Nordwestpassage zu entsenden … Franklins Wunsch, die Pioniertat durchzuführen… James Clark Ross’ Vorschlag, den Freund mit der Expedition zu betrauen … und Lady Franklins Bereitschaft, für eine Weile auf ihren Mann zu verzichten. Und war es nicht ein gutes Omen, dass die beiden Dreimaster, die für das Unternehmen ausgerüstet wurden, die »Erebus« und »Terror« waren: jene Schiffe, die Franklin in seine Malaise von Van-Diemens-Land einen Lichtstrahl gesendet hatten?
Trotz allen Schmerzes der Besatzungen über den Abschied von ihren Familien war der 19. Mai 1845, als die »Erebus« unter Franklin und die »Terror« unter Crozier von einem vielstimmigen »Hurrah« und »Farewell« begleitet aus der Mündung der Themse hinaus ins offene Meer glitten, ein Freudentag für den Leiter des Unternehmens. In einem Brief aus Grönland rief er seiner Frau zu: »Wie sehr wünschte ich mir, jedem einzelnen meiner Verwandten schreiben zu können, um ihm zu versichern, wie glücklich ich mich mit meinen Offizieren, meiner Mannschaft und meinem Schiff schätze!« Und Commander James Fitzjames von der »Erebus« meldete nach Hause: »Wir sind voller Freude und sehr stolz auf Sir John Franklin.«
Frohen Mutes setzten sie die Reise fort: von der Disko-Insel nach Westen quer über die Baffin Bay, wo sie vor dem Eingang in den Lancaster-Sund auf zwei Fischtrawler trafen, die »Prince of Wales« und die »Enterprise«. Nachdem sie der »Prince of Wales« eine Visite abgestattet hatten, vermerkte deren Kapitän Dannett im Logbuch: »Beide Mannschaften sind gesund und die Stimmung ist bemerkenswert gut.« Kapitän Robert Martin von der »Enterprise« wollte noch zu einem Gegenbesuch auf die »Erebus« herüberkommen. Aber dann schlug das Wetter um und die Walfänger und die Entdecker verloren einander aus den Augen. Man schrieb den 26. Juli 1845.
Es war der Tag, an dem John Franklin mit seinen Getreuen im Dunst des nördlichen Eismeers auf immer entschwand.
Eskimos wollten später irgendwo Männer gesehen haben, die sich taumelnd durch Nacht und Eis geschleppt haben. Aber solche Nachrichten gehörten bereits zu all dem Vagen und Spekulativen, das sich um den Untergang Franklins rankte.
1847 hatte die Navy die ersten Suchschiffe ausgeschickt, darunter eines, das von Franklins Weggefährten aus Kanada, John Richardson, befehligt wurde, und ein anderes, das sein Freund aus den besseren Tagen von Hobart, James Clark Ross, leitete. Bald durchkämmten Suchmannschaften der Admiralität, des United States Navy Departments und Lady Franklins sowohl von Westen wie von Osten her das Meer im Norden Kanadas.
Zwar fanden Besatzungsmitglieder der – welche Fügung! – »Lady Franklin« unter William Penny am 27. August 1850 auf der Beechey Insel die Gräber von drei Mitgliedern aus Franklins Crew. Was indessen mit den übrigen einhundertsechsundzwanzig geschehen war, konnte auch dieser Fund nicht enthüllen.
Dass Robert John Le Mesurier McClure, nachdem er sich auf der »Investigator« von der Beaufortsee bis zur Barrowstraße vorgearbeitet hatte, dort aber sein Schiff verlassen musste, auf dem folgenden Marsch gen Osten 1854 die Nordwestpassage sozusagen en passant entdeckte – wen interessierte das? Wo doch Lady Franklins herzzerreißende Emsigkeit, das Los ihres Gatten zu klären, alle Schlagzeilen beherrschte! Als Karl Brandes 1854 sein Buch Sir John Franklin. Die Unternehmungen für seine Rettung vorlegte, benötigte er für die Aufzählung dessen, was bisher in die Wege geleitet worden war, mehr als dreihundert Seiten. Und die Suchmannschaften zogen weiterhin aus. Jahr um Jahr … Sommer wie Winter … Bis alle Mühsal zu guter Letzt belohnt wurde. Am 9. Mai 1859 fand William Robert Hobson unter einem Steinhaufen auf King William Land einen Zettel, durch den mitgeteilt wurde: »Sir John Franklin starb am 11. Juni 1847.«
Wie alle Offiziere der »Erebus«-und-»Terror«-Expedition von 1845 ließ sich John Franklin vor dem Start fotografieren
»Sir John Franklin died on the 11th June 1847« – die Notiz am äußersten rechten Rand dieses Zettels beendete das Rätselraten um John Franklins Schicksal
Es war die Meldung vom Tod eines Mannes, der das »Unbound«-Sein gelebt hatte, das Weg-von-hier, den Wissensdrang. Und so war er am Ende auch inmitten seiner Forschertätigkeit von der einen Welt in die andere hinübergewandert. Das ist es, worauf Alfred Tennysons Spruch auf dem Ehrenmal für Sir John Franklin in der Westminster Abbey zu London anspielt:
»Nicht hier: im Nord ist dein Gebein verscharrt,
derweil du, Segler-Geist,
auf Deiner glücklicheren Helden-Fahrt
zu keinem Erd-Pol reist.«
Detlef Brennecke
1Ist es nicht eine seltsame Begebenheit, dass der Norweger Roald Amundsen 1899 in der nur dreißig Meilen von Spilsby entfernten Hafenstadt Grimsby eine Büchersammlung zur Entdeckungsgeschichte der Nordwestpassage erstehen sollte – eine Bibliothek, deren Studium ihn dazu befähigte, jenen Seeweg zwischen 1903 und 1905 tatsächlich zu befahren?
2Über »Green Stockings« erfährt der Leser mehr im 3. Kapitel des vorliegenden Bandes.
JOHN FRANKLIN
1. KAPITEL
Abreise von England – Die Davis-
Straße – York Factory
Am 23. Mai 1819 schiffte sich die Reisegesellschaft an Bord eines der Hudson-Bay-Kompanie gehörigen Schiffs, der »Prinz von Wales«, zu Gravesend ein. – Bei der Einfahrt in das Atlantische Meer erließ ich eine СКАЧАТЬ