Ins Arktische Amerika. Franklin John
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Название: Ins Arktische Amerika

Автор: Franklin John

Издательство: Bookwire

Жанр: Книги о Путешествиях

Серия: Paperback

isbn: 9783843806602

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СКАЧАТЬ Franklin noch gezögert, denn er wollte seine militärische Karriere nicht durch einen neuerlichen ›Forschungsurlaub‹ aufs Spiel setzen. Doch nun, da die Admiralität ihm demonstrierte, wie wenig ihr sein Pflichtbewusstsein galt, wartete er brennend darauf, die von Tag zu Tag unerträglicher werdende Vita contemplativa gegen eine Vita activa einzutauschen.

      Die Gelegenheit kam im Frühjahr 1818.

      Nachdem die Navy darauf verfallen war, die alten Pläne von 1745 zur Erschließung »einer Nord-West-Passage durch die Hudson-Straße zu den Westlichen und Südlichen Meeren Amerikas« wieder aus der Schublade zu holen, hatte sie quasi als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme vier Schiffe bereitgestellt, auf denen jenes bisher nie erreichte Tor nunmehr aufgestoßen werden sollte. Während also die »Isabella« und »Alexander« Richtung Baffin Bay losgeschickt wurden, war der »Dorothea« und der »Trent« eine Route über Spitzbergen befohlen worden. Der Schiffsführer der Brigg »Trent« war John Franklin.

      In einem Brief vom 6. April 1818 gestand er bei der Schilderung seiner Begegnung mit einer Reihe von Arktisspezialisten: »Es kommt mir schon ein wenig lächerlich vor, wenn ich mich in der Gesellschaft dieser Leute betrachte und daran denke, wie wenig ich von den Dingen verstehe, die Gegenstand ihrer Unterhaltung sind.«

      Der Satz hatte prophetischen Charakter. Denn der Törn stellte sich binnen Kurzem als so etwas wie eine ins ewige Eis verlagerte Donquichotterie heraus: Der Eifer war groß, die Kenntnis der Fakten gleich null. Das zeigte sich am drastischsten daran, mit welcher Unbefangenheit die Männer ihre Fahrzeuge vorübertreibenden Eisbergen näherten. Einmal, berichtete später der Erste Offizier der »Trent«, Frederik William Beechey, in seiner Voyage of Discovery towards the North Pole (»Entdeckungsreise zum Nordpol«, 1843), wäre er mitsamt John Franklin um ein Haar von der Welle überspült worden, die ein kalbender Eisberg verursacht hatte. »Das Stück, das sich losgelöst hatte, verschwand zunächst gänzlich unter dem Wasserspiegel, und man konnte nichts sehen als die gewaltig brodelnde Flut und das Aufsteigen von Sprühnebel-Wolken, so wie es am Fuße eines hohen Kataraktes auftritt. Aber dann, nach wenigen Sekunden, schoss es auf einmal mit seiner Spitze hundert Fuß aus der Tiefe empor, und das Wasser strömte auf allen Seiten herunter, und jetzt tobte und wühlte es, ganz so, als wisse es nicht, wohin es sich wenden sollte, und nachdem es auf diese Weise eine Weile geschlingert hatte, kam es allmählich zur Ruhe.«

      Mochten die unbedarften Pol-Stürmer noch glauben, durch Tatkraft und Entschlossenheit derlei Unbilden künftig meiden zu können, so machte ein undurchdringlicher Eiswall ihrem Vorstoß im Juli ein Ende. Die beiden Schiffe drehten bei und liefen nach einer mehr pittoresken als informativen Episode der Polarforschung am 22. Oktober 1818 wieder in den Hafen von Deptford bei London ein. Sie konnten melden, dass sie oberhalb von Spitzbergen eine Höhe zwischen dem 80. und 81. Breitengrad erreicht hatten, genau wie Henry Hudson – 1607.

      Folgenreich sollte das Unternehmen dennoch werden. Denn hatte es nicht John Franklin seine Bestimmung gezeigt: die wesentliche, alle anderen Leistungen zurückstufende Sendung seines Lebens?

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      Was immer John Franklin ins Auge fasste – er nahm es zügig in Angriff. Daher war er nur sieben Monate später, am 23. Mai 1819, erneut aufgebrochen, die Nordwestpassage ausfindig zu machen. Sein Auftrag lautete, vom Ufer der Hudson Bay aus auf dem Landweg zur Mündung des Coppermine hinaufzumarschieren und von dort aus entlang der Küste nach Osten zu ziehen und sich am Ende womöglich mit William Edward Parry zu vereinen, der versuchen würde, ihm mit der »Hecla« sowie der »Griper« über die Baffin Bay und den Lancaster-Sund auf westlichem Kurs entgegenzukommen.

      Ein simpler Schreibstubenplan. Es ging nur darum, von A (dem Hafen York Factory) nach B (der Mündung des Coppermine) und daraufhin nach C (dem Lancaster-Sund) zu gelangen … und war doch schwierig zu bewerkstelligen!

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       Dr. John Richardson

      Mit sich hatte Franklin einen Arzt, John Richardson, zwei Kadetten, George Back und Robert Hood, sowie einen Matrosen, John Hepburn; als Träger etliche Eingeborene, »Kanadier« oder sogenannte »voyageurs«, darunter den Irokesen Michel Teroahauté; ferner einen Vertreter der North-Western Company, der – neben der Hudson’s Bay Company – anderen in Kanada tätigen Handelsgesellschaft; außerdem gelegentlich ein paar Eskimos; und last, but not least zwei Dolmetscher.

      Alles ließ sich gut an, als der Trupp York Factory am 9. September 1819 verließ. Die Gegend war bekannt und mit einem Netz von trading posts überspannt. Zunächst ging es auf mehreren Flüssen nach Südwesten bis Norway Point (oder House) und von hier aus nach Cumberland House, wo angesichts des einsetzenden Frosts eine Atempause eingelegt wurde. Dann, mit dem Anbruch des neuen Jahres, 1820, arbeitete sich das Expeditionskorps auf Schneeschuhen nordwärts nach Fort Chipewyan und, als der Sommer wieder die Benutzung der Boote zuließ, abermals über ein System von Gewässern nach Fort Providence vor. Hinter dieser Niederlassung durchquerten die Männer einen Landstrich, »den bis dahin noch kein Europäer bereist hatte«. Bis es im August oberhalb des Großen Sklavensees ein weiteres Mal Zeit wurde, ein Winterquartier aufzuschlagen. Franklin taufte es »Fort Enterprise«.

      Unterbrochen allein von einigen Rekognoszierungstouren dauerte der Aufenthalt neun Monate – ein Dreivierteljahr, in dem die Temperaturen bisweilen auf 57° unter null sanken und die Männer sich die öde Zeit mit der Zeichnung von Messkarten vertrieben, der Niederschrift von naturhistorischen Notizen und der Pflege ihrer Ausrüstung. Dann, endlich, konnte der Marsch am 14. Juni 1821 fortgesetzt werden … bis es im Mündungsgebiet des Coppermine auf den Tag genau einen Monat danach zu jenem Ereignis kam, das mit der Sternstunde von Vasco Núñez de Balboa so viel Ähnlichkeit besitzt: »Noch an dem gleichen Abend genoss Doktor Richardson vom Gipfel eines hohen vom Lager drei Meilen entfernten Hügels herab den ersten Anblick der See, die mit Eis bedeckt zu sein schien.« Eine Woche später segelte John Franklin »auf dem Hyperboreischen Meere«!

      Einen Monat lang verfolgte er den Küstenlauf, lotete er Wassertiefen aus, beobachtete er die Strömung und das Wetter … und legte dabei fünfhundertfünfundfünfzig Meilen zurück. Dann zwang ihn der heraufziehende Winter, die Weiterfahrt abzubrechen und den Rückzug anzutreten. Der Umkehrpunkt bei 68°19' nördlicher Breite und 110°5' westlicher Länge bekam den Namen »Point Turnagain«.

      Und eine Wende trat nun in der Tat ein. Denn auch wenn die Strapazen bisher groß gewesen waren, hatten die Europäer doch immerfort Gelegenheit gehabt, die Schönheit des Landes wahrzunehmen, die Sitten und Gebräuche der Eingeborenen zu studieren und die Wonne aller Entdecker zu genießen, an einem Ort der Erde ›Erster‹ zu sein.

      Jetzt kippte alles um: Der Mundvorrat schwand dahin, das jagdbare Wild hatte sich nach Süden verzogen; und wechselte doch einmal ein Rentier oder Moschusochse vorüber, so waren die voyageurs zu schwach, um einen sicheren Schuss abzugeben. Bald zehrten die Männer nur noch von Flechten, die sie von Gesteinsbrocken klaubten und gallig »tripe de roche«, »Fels-Gekröse«, nannten; in ihrem Elend überwanden sie sogar allen Ekel und würgten einen Kadaver hinunter, den herumstreifende Wölfe längst verschmäht hatten – einige der Ausgemergelten »hatten dieser Mahlzeit ihre alten Schuhe beigefügt«.

      John Franklins Bericht über seinen Vorstoß Ins Arktische Amerika 18191822 (1823) raunt am Ende, als die Moribunden in »Fort Enterprise«, wenn auch nichts Genießbares, so doch wenigstens eine Zuflucht gefunden hatten, dunkel etwas von Kannibalismus und schildert in umso grelleren Farben die Ermordung Robert Hoods durch den Irokesen Michel Teroahauté und dessen umgehende Hinrichtung durch John Richardson.

      Im Grunde war zuletzt, als zehn der Teilnehmer des Hungermarsches durch Mord und Totschlag und Entkräftung umgekommen waren, keiner von den Lebenden mehr zu überlegtem СКАЧАТЬ