Ins Arktische Amerika. Franklin John
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Название: Ins Arktische Amerika

Автор: Franklin John

Издательство: Bookwire

Жанр: Книги о Путешествиях

Серия: Paperback

isbn: 9783843806602

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СКАЧАТЬ 1804 wurde der Name John Franklins aus der Schiffsrolle der »Earl Camden« gelöscht. Und nur einen Tag später wurde er schon in jene der »Bellerophon« eingetragen.

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      Er war jetzt achtzehn Jahre alt! Innerhalb kürzester Frist war er im Kugelhagel einer Seeschlacht und im Sonnenglanz des Äquators getauft oder, seemännisch gesprochen, mit allen Wassern gewaschen worden. Er hatte Mord und Totschlag erlebt und Frieden und Gedeihen einer weitgehend unberührten Natur genossen. Da war es, als ob das Schicksal ihm nun für einen größeren Zeitraum eine langsamere Gangart beschieden, die Knotengeschwindigkeit herabgesetzt hätte.

      Obwohl es anfangs nicht so schien …

      Das Machtgeschiebe in Europa, diese strategische Friktion mit ihrem unaufhörlichen Grollen und Beben, all die Scharmützel und Geplänkel und Gefechte – dieser mal kalte, mal laue, mal heiße Krieg wütete noch immer. Und obwohl so viele Mächte daran beteiligt waren, stritten zuvörderst England und Frankreich um die Hegemonie auf dem Kontinent – ach was!: auf dem ganzen Globus. »Beherrschen wir«, hatte Napoleon 1804 beim Aufbau einer Invasionsarmee in Boulogne geschwärmt, »auf sechs Stunden den Kanal, dann sind wir die Herren der Welt.«

      Fürs Erste krönte er sich zum Kaiser der Franzosen; und blieb doch für die Engländer nur »Little Boney«. Um ihm klar zu machen, wer im Kanal (und in Europa und in der Welt) das Sagen hatte, blockierten sie seit 1804 die französischen Häfen. Die »Bellerophon« unter Kapitän James Cooke belagerte Brest. Ein ödes Geschäft. »Die Tage«, schrieb John Franklin im Frühling 1805 an die Eltern, »werden wieder länger, und die Küste sieht schön aus. Einmal bin ich ans Ufer gefahren und habe einen ausgedehnten Spaziergang gemacht. Glaubt mir, für uns Kanal-Burschen ist ein Strandbummel, und sei es auch bloß am eklen Rande eines Hafens, ein Vergnügen.«

      Langeweile ist der Nährstoff für Gerüchte. In die Karibik sollte es gehen, nach Cádiz oder Ostindien. Da, während die Männer noch über ihre neuen Einsatzorte rätselten, wurde die »Bellerophon« tatsächlich nach Cádiz beordert, wenig später nach Malta und kurz darauf nach Cartagena. Lord Nelson, der unterdessen das Kommando über das mit vierundsiebzig Kanonen bestückte Schiff übernommen hatte, jagte die französische Flotte mitsamt der Armada ihres Verbündeten Spanien. Bis er sie am 21. Oktober 1805 bei Trafalgar stellen konnte.

      Da gingen dreiunddreißig Linienschiffe gegenüber Nelsons siebenundzwanzig in Position. Und wieder begann nun das große Töten, wurde Breitseite um Breitseite abgefeuert. Seinem Schwager Booth gab Franklin einen detaillierten Bericht: »Gleich zu Beginn verfingen sich die Masten der ›Bellerophon‹ in denen des französischen Linienschiffes [›L’Aigle‹]. Und obwohl die Rahen somit oben ziemlich dicht beieinander waren, klaffte unten eine Lücke – freilich nicht weit genug, als dass die Franzosen nicht versucht hätten, die ›Bellerophon‹ zu entern. Doch sobald sie Hand an die Reling unseres Schiffes legen wollten, bekamen sie von uns gehörig eins auf die Finger. Auf diese Weise stürzten Hunderte von Franzosen zwischen die Schiffe und ertranken.«

      Auch Nelson fiel in dieser Schlacht. Seine Soldaten aber siegten und machten England auf Jahrzehnte zum Gebieter über alle Weltmeere. »Rule, Britannia …!« John Franklin hatte zu diesem Triumph sein Teil beigetragen. Er war der Signalgast der »Bellerophon«. Ist es daher nicht eine bestrickende Vorstellung, dass er es war, der Nelsons Tagesbefehl hinausgesandt hatte, der bald zum geflügelten Wort werden sollte: »England erwartet, dass jeder Mann seinen Dienst tut«?

      Das viel zitierte und oft auch ironisierte Diktum galt für die Marine selbstverständlich fort. Aber Ereignisse wie jenes vor Kopenhagen oder bei Trafalgar fanden, genau besehen, lange nicht mehr statt, weil sich das Kräftemessen der Nationen künftig vor allem zu Lande vollzog, in den großen Feldschlachten: Austerlitz … Jena und Auerstedt… schließlich Leipzig … und dann Waterloo …

      So spielte die Navy auf der Bühne der Weltgeschichte nur mehr die Rolle eines Komparsen. Sie stellte Geleitschutz, begleitete allfällige Bodenkämpfe durch Entlastungsangriffe vom Meer aus, unterstützte Blockaden und trug logistisch zur Expansion des britischen Kolonialismus in Indien und Nordamerika bei. Denn nachdem Napoleon im Gegenzug zu seiner Niederlage bei Trafalgar die Häfen des weitgehend von ihm dominierten Europas 1806 durch die Kontinentalsperre für Schiffe unter englischer Fahne geschlossen hatte, musste sich Großbritannien seine Märkte in Übersee suchen.

      Der Lebenslauf John Franklins spiegelt die großen historischen Prozesse im Kleinen wider.

      Sobald die »Bellerophon« in Plymouth überholt war, diente Franklin anderthalb Jahre lang als Obermaat auf ihr bei Patrouillen zwischen dem nordspanischen Kap Finisterre und der bretonischen Île d’Ouessant. Und als sich Portugal mit Rücksicht auf seine einträgliche Weinausfuhr nach England weigerte, die von Napoleon verhängten Abriegelungsmaßnahmen seinerseits anzuwenden und daraufhin im November 1807 französische Truppen gegen Lissabon vorrückten, machte sich die dortige Königsfamilie zur Flucht bereit. Das Schiff, das ihr die englische Regierung zur Verfügung stellte, trug den Namen »Bedford«, und John Franklin befand sich – mittlerweile zum Bootsmann befördert – in der begleitenden Crew. Das Ziel war Rio de Janeiro.

      Im Geiste spielte er um Weihnachten 1808 durch, was die Geschwister im nebligen England wohl von ihm sagen mochten: »›Jetzt aalt sich unser Bruder in einem der reichsten Länder unter der Sonne, wo schon der geringste Aufwand bei Ackerbau und Viehzucht mit Riesenerträgen üppigst belohnt wird und der Boden die ergiebigsten Gold- und Silberminen bereithält …!‹« Und er hätte für solch einen neidvollen Seufzer Verständnis gehabt: War doch seine Familie an eine Umgebung gebunden, in der die Menschen, wie er schrieb, »all ihr Sinnen und Trachten auf die teuren und überhöhten Märkte in ungesunden und übervölkerten Städten richten müssen«.

      Da lobte er sich das bunte, heute beschauliche, morgen stürmische Dasein zur See, die frische Luft, das Abenteuer.

      Sieben Jahre lang diente er auf der »Bedford«. Einmal dümpelte sie in tropischen Gewässern, ein andermal fuhr sie zu einer Spritztour quer über den Atlantik nach Madeira, dann wieder lief sie nochmals Rio de Janeiro an oder tauchte zur Verstärkung von Belagerungsstreitkräften vor der Küste der Niederlande auf, um sich als Nächstes in den 1812 ausgebrochenen Krieg zwischen England und den Vereinigten Staaten von Amerika einzuschalten. In der bis heute (und sei es auch nur durch das übermütige Lied des Country-Sängers Johnny Horton) berühmten Battle of New Orleans gelang es der »Bedford« zwar 1814, eine Anzahl feindlicher Kanonenboote vom Lake Borgne zu vertreiben – das Ringen selbst aber ging für die Briten, »the bloody British«, verloren.

      Es bildete im Soldatenleben John Franklins so etwas wie den Schlussakkord. Denn als die »Bedford« heimgesegelt war und Franklin sie am 5. Juli 1815 verlassen und mit der ihm eigenen Promptheit zwei Tage später als Leutnant zur See das Deck der »Forth« betreten hatte, steuerte die Welt auf eine Zeit des Friedens zu.

      Napoleon war endgültig geschlagen. Er hatte am 22. Juni abgedankt und begab sich am 15. Juli auf der »Bellerophon«, Franklins einstigem Schiff, in die Hände der Engländer. »Ich komme wie Themistokles«, sagte er mit dem Pathos dessen, der Plutarchs Parallelbiographien (um 110) gelesen hatte, »um mich an den Herd des englischen Volkes zu setzen.«

      Zugegeben: Die Bedeutung der beiden Männer ist ungleich. Aber auch Franklin, der seine Epoche auf verblüffende Weise immer wieder verkörpert, musste sich nun – bei halbierten Bezügen – »an den Herd des englischen Volkes« hocken. Der Marine mangelte es an Aufgabenfeldern. Und so kehrte der Erste Offizier der Royal Navy John Franklin Ende 1815 in den Schoß der Familie nach Spilsby zurück. Er war jetzt neunundzwanzig Jahre alt und zur Untätigkeit verdammt.

      Er hatte Muße, das Buch Matthew Flinders über Die erste Umsegelung Australiens (1814) zu lesen, und СКАЧАТЬ