Название: Outsider
Автор: Jonathan Wilson
Издательство: Bookwire
Жанр: Сделай Сам
isbn: 9783730701195
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Roose wurde, wenngleich in einem etwas kleineren Rahmen, in der Universitätsauswahl von Aberystwyth ebenfalls zu einer Attraktion. Er lief stets mit erhobenem Arm auf den Platz, um die Zuschauer zu grüßen. Danach schritt er sein Tor ab, während er vor sich hin murmelte, als ob er ein Mantra rezitierte. Das gehörte zu seinem Ritual vor dem Anpfiff. Bald kamen immer mehr Fans, um die Unimannschaft zu sehen, darunter eine nie dagewesene Anzahl Frauen, die von Rooses Ausstrahlung und Aussehen angezogen wurden.
Bald darauf brauchte Aberystwyth Town einen neuen Torhüter, nachdem man Jack Jones an Liverpool abgegeben hatte. Im Herbst 1898 holte man Roose. Er hinterließ Eindruck und blieb nach Abschluss seines Studiums noch ein weiteres Jahr. Sein guter Ruf wuchs dermaßen schnell, dass er schon im Februar 1900 in einem Länderspiel gegen Irland im walisischen Llandudno sein Debüt in der Nationalmannschaft gab. Wales gewann mit 2:0. Denkwürdig blieb das Spiel aber vor allem wegen einer Attacke Rooses Mitte der zweiten Halbzeit, als er Harry O’Reilly ins Aus schubste und ihn dabei gleich noch bewusstlos schlug. Roose ließ sich nichts gefallen und ließ andere spüren, was er als Torhüter selbst Dutzende Male hatte spüren müssen. So umstritten die Szene auch gewesen sein mochte, der Schiedsrichter jedenfalls gab noch nicht einmal einen Freistoß.
Die Saison war die erfolgreichste in der Geschichte von Aberystwyth. Man holte das Triple aus Towyn Cup, South Wales Cup und Welsh Cup. Doch Roose fühlte sich in dem kleinen Provinzstädtchen eingeengt und ging nach London. Dort wurde er Assistenzarzt am King’s College Hospital und begann, für London Welsh zu spielen. Wie bereits in Aberystwyth stiegen daraufhin die Zuschauerzahlen sprunghaft an, sein Ansehen wuchs, und er wurde Stammspieler der walisischen Nationalmannschaft. Mehrere Vereine versuchten, ihn zu verpflichten. Doch Roose sträubte sich dagegen, Profi zu werden. Das hätte nämlich bedeutet, dass er seine Karriere als Mediziner hätte aufgeben müssen.
Im darauffolgenden Sommer fand Stoke City eine Lösung. Man bot ihm einen Vertrag als Amateur und erklärte sich einverstanden, dass er in London blieb. Stoke zahlte Roose die Fahrten erster Klasse, Luxushotels und weitere Leistungen wie etwa Anzüge, Schuhe und einen Mietzuschuss. Im Grunde genommen war Roose damit Profi, und die FA-Regeln zum Amateurstatus wurden bis aufs Äußerste ausgereizt.
Doch nicht nur hier ging er bis an die Grenzen. Roose war durch und durch ein Showman. So bestellte er sich stets ein Hansom Cab, ein kleines Kutschentaxi, das ihn am Bahnhof in Stoke abholte, wenn er mit dem Zug aus London-Euston kam. Diese Droschke fuhr er dann selbst, mit Höchstgeschwindigkeit und etlichen Fans und Bewunderern im Schlepptau.
Für einen Mediziner war er erstaunlich abergläubisch. „Roose gehört zu den besten Torhütern, die wir haben“, hieß es in einem Artikel in Cricket and Football Field. „Doch ganz offensichtlich ist er ein wenig abergläubisch bei seiner Fußballkleidung. Jedenfalls scheint er seine Aufwartefrau nur selten mit dieser zu behelligen.“ Bei Partien für Wales und wichtigen Spielen für Stoke trug er stets ein altes Oberteil von Aberystwyth Town, das seit dem Sieg über die Druids im walisischen Pokalfinale nicht mehr gewaschen worden war.
Ein Exzentriker auf und neben dem Platz: Leigh Richmond Roose
Er plauderte auch gern mit den Zuschauern. Im Victoria Ground steigerte das noch seine Beliebtheit, bei Auswärtsspielen machte es ihn jedoch zur Zielscheibe. An der Bramall Lane traf ihn eine Münze, nachdem er zum Besten gegeben hatte, dass Sheffield United „sich deutlich steigern muss“, um ihn zu bezwingen. Bei Manchester City wackelte er vor einem gehaltenen Strafstoß mit den Beinen, ganz so, wie es viele Jahre später der Liverpooler Torwart Bruce Grobbelaar tat. Danach drehte Roose sich mit einem breiten Grinsen in Richtung der Zuschauer, woraufhin ein wütender Fan einen Apfel nach ihm warf.
Ein Torhüter, so sagte Roose, „muss das Tor doch nicht nach den üblichen Klischeevorstellungen hüten. Es steht ihm frei, seinen eigenen Stil zu entwickeln. Wenn er verschiedene Methoden zur Verfügung hat, den Ball zu parieren und wieder loszuwerden, wird er die angreifenden Stürmer oft durcheinanderbringen und verwirren. Hat ein Torwart Erfolg mit seinen Paraden, ist sein Triumph groß. Versagt er, ist Nichtbeachtung sein Los.“ Hin und wieder versagte auch Roose. So wurde er beispielsweise gegen Sheffield Wednesday mit dem Ball am Fuß vor seinem Strafraum kalt erwischt und überließ dem gegnerischen Mittelstürmer ein leeres Tor. Doch unter dem Strich spielte er so erfolgreich, dass seine Mannschaftskameraden ihm schnell verziehen. „Er spielt, wie kein anderer Torwart im Lande zu spielen sich traut“, sagte Verteidiger Sam Ashworth. „Darum ist er ja der Mann, der er ist.“
Stoke entging 1901/02 zwar knapp dem Abstieg, geriet jedoch durch die Rückzahlung eines Kredits für die Renovierung des Stadions in Geldprobleme. Folgerichtig musste der Verein die Ausgaben für Roose kürzen. Am letzten Spieltag der Saison 1903/04 gegen Derby County rannte Roose aus seinem Strafraum, verschätzte sich bei einem aufprallenden Ball, ging zu Boden und schenkte Steve Bloomer das Tor. Frustriert und ernüchtert saß Roose am Abend im Zug zurück nach London und beschloss, Schluss mit dem Ligafußball zu machen. Stattdessen wollte er – endlich – seinen zurückgestellten Abschluss in Medizin in Angriff nehmen, den er drei Jahre lang aufgeschoben hatte. Er schrieb an Stoke und den walisischen Fußballverband und teilte beiden seinen Rücktritt mit. Doch erst im August, als die Athletic News ihre Saisonvorschau druckte, kam die Nachricht auch an die Öffentlichkeit.
Aber schon im November vermisste Roose den Fußball. Da er nach wie vor sein Medizinstudium weiterführen wollte, begann er nach Klubs Ausschau zu halten, die einen in London ansässigen Amateur nehmen würden. Als Everton aufgrund einer Schulterverletzung Bill Scott verlor und dessen Ersatzmann George Kitchen gleichzeitig von einer Grippe niedergestreckt wurde, bekam Roose seine Chance. Er sagte zu, für Everton zu spielen, bis Scott wieder gesund war.
Roose gab sein Debüt gegen Sunderland. Vielleicht lag es an seiner fehlenden Spielpraxis, jedenfalls entglitt ihm fünf Minuten vor Schluss eine Flanke, und Arthur Bridgett bedankte sich für den Siegtreffer. Vor der nächsten Partie, zu Hause gegen Derby, schüttelte Roose eine Viertelstunde lang die Hände von Fans und entschuldigte sich für seinen Lapsus. Sein Ansehen stieg dadurch, und es sollte noch weiter steigen, da er ein gutes Spiel machte und das Publikum dadurch unterhielt, dass er sich während einer Verletzungsunterbrechung auf die Querlatte schwang und darauf sitzen blieb. Gegen Stoke, ein 4:1-Erfolg, hielt Roose dann einen Strafstoß und war so gut in Form, dass man ihn fragte, ob er nicht auch nach Scotts Genesung bleiben wollte.
Everton schied erst im Halbfinale des FA-Pokals aus und landete in der Liga am Ende auf Platz zwei. An diesen Erfolgen hatte Roose bedeutenden Anteil. Doch er zerstritt sich mit Trainer William C. Cuff, nachdem er sich wegen des vollen Spielplans zum Saisonende beschwert hatte. Als er beim letzten Saisonspiel nicht berücksichtigt wurde, verweigerte er die Anreise. Damit war seine Zeit bei Everton vorbei, und ab dem folgenden September war er wieder für Stoke City im Einsatz. Er gab sein zweites Debüt bei einem 3:0-Sieg gegen Notts County. „Keiner ist so geschickt wie er, wenn er sich nach einem Flachschuss hinwirft, der eigentlich unhaltbar schien“, bestätigte der Spielbericht in der Athletic News.
Im November stand Stoke auf dem dritten Tabellenplatz. Die Daily Mail nominierte Roose für ihre Weltauswahl gegen eine Mannschaft von einem anderen Stern. Und ein Reporter der Bristol Times schrieb über ihn:
„Kaum ein Mann stellt seine Persönlichkeit in seinem Spiel so lebhaft zur Schau wie L. R. Roose. Man kann keine fünf Minuten zusammen mit ihm СКАЧАТЬ