Название: Outsider
Автор: Jonathan Wilson
Издательство: Bookwire
Жанр: Сделай Сам
isbn: 9783730701195
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Das „Mammut von United“: William „Fatty“ Foulke
Heiterkeit und Kontroversen folgten ihm auf dem Fuß und taten das ihre für seinen Legendenstatus. Im Februar 1897 beispielsweise trat Sheffield United an der Bramall Lane zu einem Freundschaftsspiel gegen Sheffield Wednesday an. Die Partie lockte etwa 6.000 Zuschauer an. Kurz nach der Halbzeit, so berichtete der Sheffield Daily Telegraph, „schickte Brush einen langen Schuss los, der direkt in Richtung des Tores flog, und Foulke sprang in die Luft, um ihn zu halten. Er verfehlte den Ball und umgriff die Querlatte, wobei er sie sauber in zwei Teile spaltete.“ Foulke blieb ausgestreckt auf dem Boden liegen, verheddert im Tornetz. „Eine neue Querlatte musste angefordert werden“, fuhr der Bericht fort, „[…] sehr zur Heiterkeit des Publikums, das sich in sarkastischen Bemerkungen über die zimmermännischen Versuche erging. […] Die erste Querlatte, die man anschleppte, stellte sich als zu kurz bemessen heraus, und eine zweite musste gebracht werden, die man unter lauten Jubelrufen einbaute.“
Zwei Jahre darauf, während des Burenkriegs, spielte Sheffield United gegen eine Mannschaft aus schwarzen Südafrikanern, die sich auf Tour befanden. Gelangweilt vom fehlenden Betrieb in seiner eigenen Hälfte, stürmte Foulke nach vorne und erzielte zwei Treffer. Und nachdem man in einer Partie gegen Chelsea im Jahr 1905 entschieden hatte, dass die Farben seines Trikots denen der Heimmannschaft zu sehr glichen, lief er in ein weißes Badehandtuch gewickelt auf. 1907 erklärte er in einem Interview mit der London Evening News:
„Niemand mag Scherze oder Blödsinn lieber als ich. Ich gebe gerne zu, dass ich davon in meiner Fußballkarriere so viel hatte wie die meisten Männer. Aus meiner Sicht gibt es kaum einen besseren Moment für einen Witz als nach einer Niederlage der Mannschaft.
Hatten wir gewonnen, so konnte ich ebenso gut im Eisenbahnwagen schlafen wie alle anderen auch. Dann war alles ruhig und friedlich! Hatten wir aber verloren, dann machte ich es mir zur Aufgabe, den Clown zu spielen. Als wir einmal sehr niedergeschlagen waren, erbat ich vom Lokomotivführer ein wenig von dem schwarzen Zeug und rieb es mir über mein Gesicht. Da saß ich nun am Tisch und spielte irgendein albernes Spielchen, während die gesamte Mannschaft mich umgab und lachte wie die Kinderchen beim Kasperletheater, bis ein griesgrämiger Vorstandsmann hereinschaute. Fragen Sie mal die alte Mannschaft, wie sehr ihr ein bisschen von Little Willies Albernheiten dabei geholfen hat, vor einer wichtigen Partie ihre Heiterkeit zurückzubekommen.“
Foulke hatte allerdings auch Temperament. So saß er mal in der Eisenbahn und spachtelte Brot und Käse mit Gemüsezwiebeln in sich hinein, als ein gegenüber sitzender Hilfspfarrer mit ihm ins Gespräch kommen wollte. „Mein Freund, wie ich sehe, bist du ein Genießer“, sagte er. „Oh, bin ich das? Dann bist du ein ….“ „Das letzte Wort“, so berichtete die Athletic News, „war unparlamentarischer als jenes, das Mr Bernard Shaw dereinst in Pygmalion and Galatea verwendete“.
Man darf annehmen, dass Foulke ihn einfach nicht verstanden hatte. Denn bei anderen Gelegenheiten machte er sich über seine Essgewohnheiten auch gerne mal lustig. Als er bei Chelsea spielte, verspeiste er zum Beispiel einmal sein eigenes Frühstück plus das jedes einzelnen Mannschaftskameraden, bevor diese von ihren Zimmern gekommen waren. „Ist mir egal, was ihr mich ruft“, sagte er ohne den Hauch einer Entschuldigung, „solange ihr mich nicht zu spät zum Essen ruft“.
Nun mochte Foulke ein großartiger Possenreißer gewesen sein, trotzdem sorgten seine schnell durchbrennenden Sicherungen auch für Zoff. So warf man ihm 1897 nach einem 4:1-Sieg von Sheffield United gegen Everton vor, er habe sich auf Evertons Mittelstürmer Laurie Bell fallen gelassen und dessen Gesicht in den Dreck gerieben. Als der Trainer auf den Platz kam, hievte er ihn wieder hoch. Foulke meinte dazu, dass er aus Versehen auf Bell gefallen sei. Da er gefürchtet habe, dass die Gewalt des Aufschlags ihn umgebracht hätte, habe er ihn „zärtlich wie ein Baby“ hochgehoben.
Weitere Kontroversen blieben nicht aus. Im September des darauffolgenden Jahres schlug er in einem Spiel an der Trent Bridge nach einem Flügelstürmer von Notts County. Das sorgte für einen Platzsturm, dessentwegen das Spiel mehrere Minuten lang unterbrochen werden musste. Einen Monat später geriet er mit Liverpools Mittelstürmer George Allan aneinander, der vor dem Spiel angeblich gesagt haben soll, dass er Foulke „voll in die Maschen dreschen“ wolle. Foulke, zunehmend gereizt wegen Allans durchgängig robuster Spielweise, rastete schließlich aus, als Allan ihn nach einem gehaltenen Schuss von Tom Robertson anrempelte. Das Liverpool Football Echo berichtete, dass „der große Mann seine Beherrschung verlor, Allan gänzlich gegen die Regeln packte und ihn einmal umdrehte“, worauf er ihn mit dem Kopf voran in den Dreck setzte. Der Schiedsrichter verhängte einen Strafstoß für Liverpool. Andrew McCowie traf zum Ausgleich, und Liverpool gewann am Ende auch das Spiel.
Foulke und Allan führten daraufhin eine langfristige Fehde gegeneinander, jedenfalls wenn man den Zeitungen von damals glaubt. Sie verlieh Begegnungen zwischen Sheffield United und dem FC Liverpool zusätzliche Brisanz. Foulke behauptete, dass die Sache über die Maßen aufgeblasen worden sei, und er verlegte sich sogar darauf, dass Allan über ihn gestolpert sei. Dass er mit dem Gesicht voran im Dreck gelandet war, sei ein Unfall gewesen.
Der vielleicht berüchtigtste Vorfall ereignete sich nach dem FA-Pokal-Finale 1902. Sheffield United führte mit 1:0 gegen Southampton, als Harry Wood wenige Sekunden vor Abpfiff zum Ausgleich traf. Es sah aus, als hätte er im Abseits gestanden. Doch nach Rücksprache mit seinem Linienrichter entschied der Unparteiische Tom Kirkham, dass der Ball von einem United-Spieler gekommen sei und Wood folglich nicht abseits gestanden hatte. United war erbost, ebenso die Fans. Als die Spieler vom Platz gingen, gab es eine kleine Meinungsverschiedenheit, und die Polizei musste den Weg zu den Umkleidekabinen freimachen.
Lord Kinnaird, damaliger Präsident der FA, hielt eine Rede, in der er Foulke lobend hervorhob. Doch er war noch nicht fertig, da soll Foulke, jedenfalls der Legende nach, splitternackt durch die Umkleiden spaziert sein und den Schiedsrichter gejagt haben. Kirkham, so heißt es, hatte bereits Schutzmaßnahmen getroffen und sich in einer Besenkammer eingeschlossen. Er entkam erst, als eine Gruppe Außenstehender, darunter der Sekretär der FA, Foulke wegzog. Da Kirkham allerdings eine Woche später das Wiederholungsspiel pfiff, als wäre nichts gewesen, dürfte diese Geschichte wohl zumindest etwas ausgeschmückt gewesen sein.
Trotzdem gab es weiterhin böses Blut. James Catton, Autorenname „Tityrus“ und einer der ersten großen Sportjournalisten, sah sich plötzlich Sheffield Uniteds Verteidiger Peter Boyle gegenüber, der schon auf ihn wartete. Boyle wollte wissen, ob Catton ihn für Southamptons Ausgleichstreffer verantwortlich gemacht hatte, was Catton bejahte. Boyle hob die Fäuste. „Mitten in dieser Krise“, so schrieb Catton, „wer sollte da anderes aus seiner Umkleidekabine schreiten als der gute Meister Foulke, 124 Kilogramm, wie Gott ihn schuf. Er sah auf mich hinunter und sagte mit seiner kernigen Stimme und einem Lächeln, das selbst ein Quäkertreffen hätte aufschreien lassen: ‚Ich bin dein Mann für ein Kämpfchen. Du liegst ungefähr in meiner Gewichtsklasse.’ Angesichts meiner gerade mal 1,50 Metern und nicht mal 70 Kilogramm, die ich im Türkischen Bad auf die Waage bringe, kann sich der Leser wohl vorstellen, dass diese Szene der Wiederherstellung der guten Stimmung äußerst dienlich war.“ Nach dem entscheidenden Treffer von Billy Barnes elf Minuten vor dem Ende gewann Sheffield United das Wiederholungsspiel im Finale des FA-Pokals mit 2:1.
Foulke hatte den Eindruck, dass ihn seine Größe und sein Leibesumfang zu einer Zielscheibe machten. So sagte er: „Man hätte glauben können, dass die Stürmer an einem solch großen Burschen lieber vorbeisteuerten. Manche taten das, aber andere wurden richtig wild, wenn sie den Ball nicht ins Tor bekamen. Ich musste eine Menge Tritte aushalten, die es immer dann gab, wenn der Schiedsrichter nicht hinsah.“
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