Dennoch bleibt der Vatikan bei seiner immer gleichen Botschaft an die Menschheit: „Abtreibung ist Sünde, Geburtenkontrolle ist Sünde.“ Doch in der Bibel steht es nirgendwo, dass Abtreibung Sünde ist. Nirgendwo in der Bibel steht, dass Geburtenkontrolle Sünde ist – denn damals war Geburtenkontrolle noch nicht erforderlich. Neun von zehn Kindern starben ohnehin. Das war die Proportion, und diese Proportion war in Indien noch vor wenigen Jahrzehnten die Regel. Von zehn Kindern überlebte nur eines. Damals war die Bevölkerung noch nicht so groß; die Belastung war noch nicht so groß für die Ressourcen der Erde. Jetzt ist es sogar in Indien soweit, dass von zehn Kindern nur noch eines stirbt. Die Medizin hilft den Menschen zu überleben, das Christentum eröffnet Spitäler und verteilt Medikamente. Und Mutter Teresa ist auch noch da und spendet euch Lob. Und der Papst gibt euch seinen Segen, wenn ihr keine Geburtenkontrolle praktiziert!
In den Entwicklungsländern sind alle möglichen Vereinigungen tätig, die die Bibel verteilen und diese idiotische Idee verbreiten, Geburtenkontrolle sei Sünde. Ihr einziges Interesse besteht darin, dass noch mehr Kinder und Waisen auf die Welt kommen. Offenbar soll die ganze Erde so übervölkert und so arm werden, dass das Christentum zur Universalreligion wird. Seit zweitausend Jahren hat das Christentum diese Ambitionen. Das muss einmal ganz offen gesagt werden. Diese Ambitionen sind unmenschlich. Wenn ich also ständig das Christentum kritisiere, geschieht das nicht ohne Grund.
Arm und Reich – die Wurzeln von Armut und Habgier
Einfach indem man behauptet: „Selig sind die Armen, denn ihrer ist das Königreich Gottes“, ändert man nichts an der Armut. Sonst hätte das Christentum in diesen zweitausend Jahren die Armut zum Verschwinden gebracht. Die Armut nimmt weiter zu, die Zahl der Seligen nimmt weiter zu. In der Tat wird es bald so viele Selige geben, dass all die Seligen, die am Reich Gottes Anteil haben wollen, auch dort wieder nur arm sein werden. Jeder Einzelne von ihnen wird keinen allzu großen Anteil abbekommen. Mit so vielen Aktionären im Reich Gottes muss sogar Gott arm werden! Es wird eine Gesellschaft von verarmten Aktionären sein. Und das wird seit zweitausend Jahren gepredigt! Hat es das Wesen der Armut verändert? Nein. Es hat nur eines bewirkt: Der rebellische Geist der Armen wurde getötet. Und die Armut nimmt weiter sprunghaft zu.
Ein Notar bahnt sich den Weg zum Rand einer Baugrube, die von einem Arbeitstrupp ausgehoben wird. „Ist dort ein Mister Timothy O’Toole?“, ruft er in die Grube.
„Wer will was von mir?“, dröhnt es dumpf nach oben.
„Mister O’Toole“, fragt der Notar, „kommen Sie aus Castlebar in der Grafschaft Mayo?“
„Exakt.“
„Und Ihre Mutter heißt Bridget und ihr Vater Michael?“
„Stimmt genau.“
„Dann ist es meine Pflicht, Ihnen mitzuteilen, Mister O’Toole, dass Ihre Tante Mary in Iowa gestorben ist und Ihnen eine Erbschaft von 150 000 Dollar hinterlassen hat.“
Für einen Moment ist es ganz still in der Grube, dann gibt es plötzlich ein Riesengetöse.
„Kommen Sie nach oben, Mister O’Toole?“, ruft der Notar runter.
„Eine Minute!“, schallt es zurück. „Bevor ich abhaue, muss ich dem Vormann noch eins über die Rübe geben!“
Nach sechs Monaten ausschweifenden Lebens hat O’Toole die 150 000 Dollar verprasst. In dieser Zeit besteht seine Haupttätigkeit darin, den enormen Durst zu stillen, den er geerbt hat. Dann ist er wieder zurück in seinem Job. Kurz darauf macht ihn der Notar erneut ausfindig.
„Diesmal ist es Ihr Onkel Patrick, Mister O’Toole“, erklärt der Notar. „Er ist in Texas gestorben und hat Ihnen 80 000 Dollar vermacht.“
O’Toole lehnt sich schwer auf seinen Pickel und schüttelt müde und verdrossen den Kopf. „Ich glaube, das pack’ ich nicht“, sagt er. „Ich bin nicht mehr so fit, wie ich mal war. Ich glaube nicht, dass ich dieses ganze Geld lebend überstehe!“
Genau das ist im Westen passiert: Die Menschen im Westen haben es geschafft, all den Reichtum zu erlangen, von dem die Menschheit seit ewigen Zeiten geträumt hat. Der Westen hat es geschafft, materiell reich zu werden – und jetzt ist er dessen überdrüssig und müde geworden. In dieser Entwicklung hat der Westen seine ganze Seele verloren. Äußerlich ist alles vorhanden, doch der Kontakt mit dem Inneren ist verloren gegangen. Heute ist alles verfügbar, was ein Mensch benötigt – nur der Mensch selbst ist nicht mehr verfügbar. Die Besitztümer sind vorhanden, aber der Besitzer ist abhanden gekommen. Das Gleichgewicht ist völlig gestört. Der Reichtum ist da, aber die Menschen fühlen sich überhaupt nicht reich. Im Gegenteil, sie fühlen sich sehr verarmt, bettelarm.
Seht, wie paradox das ist: Erst wenn du äußerlich reich bist, wird dir im Kontrast dazu deine innere Armut bewusst. Wenn du äußerlich arm bist, wird dir deine innere Armut nie bewusst, weil der Kontrast fehlt. Man schreibt mit weißer Kreide auf eine schwarze Tafel, nicht auf eine weiße Tafel. Warum? Weil man es nur auf einer schwarzen Tafel sehen kann. Der Kontrast ist nötig.
Wenn du äußerlich reich bist, kommt dir plötzlich eine große Erkenntnis: „Ich fühle mich innerlich arm wie ein Bettler!“ Und wie ein Schatten folgt darauf die Hoffnungslosigkeit: „Wir haben alles erreicht, was wir uns erträumt hatten. Alle Vorstellungen und Fantasien sind erfüllt, aber es hat uns nichts gebracht, weder Zufriedenheit noch Glück.“ Das verwirrt die Menschen. Aber gerade diese Verwirrung lässt ein starkes Verlangen entstehen: Wie kann ich wieder mit mir selbst in Kontakt kommen?
Meditation ist nichts anderes, als dich wieder mit deiner inneren Welt zu verbinden, dich wieder in dir selbst zu verwurzeln. Deshalb ist der Westen heute so stark an Meditation und an den meditativen Traditionen des Ostens interessiert.
Als der Osten noch reich war, interessierten sich die Menschen auch dort für Meditation. Diesen Zusammenhang müsst ihr verstehen. Darum bin ich nicht gegen den Reichtum. Ich bin der Auffassung, dass Armut mit Spiritualität überhaupt nichts zu tun hat. Ich bin ganz und gar gegen die Armut. Immer wenn ein Land arm wird, verliert es seine Verbindung zur Meditation, zu allem spirituellen Streben. Wenn ein Land äußerlich arm wird, verliert es das Bewusstsein für die innere Armut. Darum könnt ihr bei den armen Leuten Indiens eine gewisse Zufriedenheit sehen, die im Westen nicht zu finden ist. Es ist jedoch keine wirkliche Zufriedenheit, nur ein fehlendes Bewusstsein für die innere Armut. Ich habe Tausende von armen Menschen im Osten beobachtet – sie sind nicht wirklich zufrieden, aber eines ist deutlich: Sie sind sich ihrer Unzufriedenheit nicht bewusst. Man muss äußerlich reich sein, um überhaupt zu bemerken, dass man unzufrieden ist. Ohne äußeren Reichtum spürt man seine innere Unzufriedenheit nicht. Dafür gibt es genug Beweise.
Sämtliche Mystiker und Avatare der Hindus waren Könige oder Söhne von Königen. Sämtliche Meister der Jainas entstammten königlichen Familien. Das gilt auch für СКАЧАТЬ