Das Anthropozän lernen und lehren. Группа авторов
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СКАЧАТЬ deren Sinngeflechte sich früher oder später auflösen werden.

      In wissenschaftlichen Erzählungen bilden Theorien und Modelle die Struktur und das Gerüst, an dem entlang erzählt wird. Vor der näheren Betrachtung der Erzählungen über Wasser und das Modell des globalen Kreislaufs erscheint mir ein kurzer Blick auf diese Grundstruktur hilfreich, auch um damit die Unterscheidung zwischen Theorie und Welt in Erinnerung zu rufen.

      2.1 Grundlegendes zur Struktur von „Erzählungen“: Theorien und Modelle

      Die Begriffe „Theorie“ und „Modell“ werden oftmals synonym verwendet. Sie meinen jedoch Unterschiedliches und verweisen auf verschiedene Aspekte unseres Denkens in einer Erklärung. Theorien lassen sich in einem ganz basalen Sinn als „Annahmen über kausale Zusammenhänge“ (Egner 2010, S. 9) verstehen. Diese einfache Definition gilt für wissenschaftliche Theorien wie auch für jegliche Annahmen über Ursache-Wirkungs-Beziehungen, die wir im Alltag vornehmen. Zwar haben Theorien das Potenzial, auf empirische Phänomene angewendet zu werden, diese Anwendung findet jedoch oft mit Hilfe von Modellen statt (vgl. Bailer-Jones 2004, S. 140). Ein Modell ist eine für bestimmte Zwecke vereinfachende Darstellung mit drei zentralen Merkmalen (vgl. Stachowiak 1973, S. 23 f.):

      1. Abbildung. Ein Modell ist ein Abbild von etwas, eine Repräsentation natürlicher oder künstlicher Originale, die selbst wieder Modelle sein können.

      2. Verkürzung. Ein Modell erfasst nicht alle Attribute des Originals, sondern nur diejenigen, die relevant erscheinen (relevant für diejenigen, die das Modell erzeugen oder für diejenigen, die es nutzen sollen).

      3. Pragmatismus (Orientierung am Nützlichen). Ein Modell ist einem Original nicht von sich aus zugeordnet. Die Zuordnung wird vielmehr durch die Fragen: „Für wen? Warum? Wozu?“ bestimmt.

      Ein Modell ist somit bereits interpretiert (da im Zusammenhang mit einer bestimmten Theorie entwickelt) und zweckgerichtet. Weder Modelle noch Theorien sind ein Abbild der Realität, sondern eine sinnstiftende Erzählung über Aspekte der Wirklichkeit. Gleichwohl sind wir gerade bei naturwissenschaftlichen Erkenntnissen leicht versucht, Theorien für die Realität zu nehmen, insbesondere wenn sich viele Belege für die Theorie finden lassen. So ist beispielsweise für einige in der Biologie die Evolution „keine Theorie“, sondern „Naturgeschichte“ und „Gegebenheit wie Erdgeschichte und Geschichte des Kosmos“ (Reichholf 2009, S. 165) und damit – in der Auseinandersetzung mit dem Kreationismus beispielsweise – nicht verhandelbar. In einer unmittelbaren Antwort auf diese Sichtweise hat der Architekturwissenschaftler Wolfgang Sonne zu Recht auf den „Unterschied zwischen Theorie und Objekt“ hingewiesen, und darauf, dass „die Wissenschaft den Streit [mit dem Kreationismus] argumentativ nur gewinnen kann, gerade indem sie darauf insistiert, dass Darwin eine Theorie entwickelt hat“ (Sonne 2009, S. 272).

      Über Theorien lässt es sich auseinandersetzen, über Glaubensinhalte nicht. Diese Unterscheidung erachte ich in jeder Form von Bildung als zentral.

      2.2 Unser bisheriges Normal: Die hydrologische Erzählung über den Wasserkreislauf

      Wasser macht unsere Erde mehr als alles andere einzigartig in unserem Sonnensystem. Nicht umsonst wird die Erde auch als „blauer Planet“ bezeichnet. Darüber hinaus ist Wasser ein wichtiger Bestandteil aller Lebewesen: Ohne Wasser können weder Pflanzen noch Tiere, noch wir Menschen, überhaupt existieren. Gleichwohl können wir den weitaus überwiegenden Teil des irdischen Wassers nicht nutzen (Tabelle 1), da es sich um Salzwasser oder gebundenes Wasser handelt. Die Ozeane bedecken gut zwei Drittel der Erdoberfläche und enthalten mehr als 96 % des Wassers der Erde, das aufgrund seines Salzgehalts nicht von uns Menschen genutzt werden kann. Nur 2,5 % der globalen Wassermasse ist Süßwasser, das sich unterirdisch und in Flüssen, Seen und Gletschern befindet. Letztere enthalten etwa 70 % unseres Süßwassers, das somit für uns ebenfalls nicht zugänglich ist. Obwohl frisches Grundwasser den winzigen Bruchteil von weniger als 1 % der Hydrosphäre ausmacht, ist es unsere Hauptressource. Zur Veranschaulichung: Setzt man eine 1-Liter-Flasche (1.000 ml) Wasser als den gesamten globalen Wasserkörper der Erde, dann steht uns weniger als ein halbes Schnapsglas (< 8 ml) davon als Ressource zur Verfügung.

      Der globale Wasserkörper unterliegt einer ständigen Dynamik – Wasser fällt als Regen oder Schnee vom Himmel, versickert, verdunstet und fließt in Bächen und Flüssen, landet irgendwann in einem der Meere, verdunstet, fällt als Regen oder Schnee vom Himmel, versickert, verdunstet und fließt in Bächen oder Flüssen ... Diese Dynamik wird im Modell des globalen Wasserkreislaufs abgebildet, das in allen Schulbüchern zum Thema Wasser zu finden ist.

Salzwasser Meere salzhaltiges Grundwasser + Seen 97,44 % 96,50 % 0,94 %
Süßwasser Gletscher Grundwasser Bäche, Seen, Bodenfeuchtigkeit, Atmosphäre 2,56 % 1,76 % 0,77 % 0,03 %

      In der Hydrologie gilt das Modell des Wasserkreislaufs als das Konzept. Der Kreislauf wird als etwas Immanentes der Natur betrachtet und nicht als Modell, dem gewisse Theorien (= Annahmen über kausale Zusammenhänge) zugrunde liegen. Das Modell des Wasserkreislaufs behandelt „alles Wasser“ und erklärt somit für die Hydrolog*innen alle Umstände in der Hydrosphäre auf der Erde. Der Wasserkreislauf gilt als global gültig und unwandelbar, als in der Natur verankert.

      2.3 Erweiterung der Zeit: Die geologische Erzählung von unserem Wasser

      Das Modell des Wasserkreislaufs setzt das Vorhandensein des globalen Wasserkörpers als selbstverständlich voraus. Das Wasser ist da und wird in einer globalen Dynamik durch Atmosphäre, Land und Meere bewegt. Woher das irdische Wasser ursprünglich stammt, ist bis heute nicht vollständig geklärt (vgl. ESA European Space Agency 2011). Klar dagegen scheint zu sein, dass es sich um einen relativ stabilen Wasserkörper handelt, also weder neues Wasser hinzukommt, noch altes Wasser verloren geht (von geringen Mengen abgesehen und in den für uns relevanten Zeiträumen gedacht). Wir müssen also mit dem Wasser, das uns auf unserer Erde zur Verfügung steht, zurechtkommen.

      Die Dynamik des globalen Wasserkreislaufs wirkt wie eine große Waschmaschine und sorgt dafür, dass wir „gebrauchtes“ oder verschmutztes Wasser irgendwann „gereinigt“ zurückbekommen. Das ist zumindest der Eindruck, den wir gewinnen können, da wir ja bislang immer wieder über frisches Grundwasser verfügen, das in bester Qualität als Trinkwasser genutzt wird. Das klingt zunächst sehr beruhigend, allerdings nur so lange wie die zeitliche Dimension unklar bleibt, in der diese „Reinigung“ passiert. Aus Schätzungen in der Geologie geht hervor, dass der globale Wasserkörper ca. 3.200 Jahre benötigt, um einmal den globalen Wasserkreislauf zu durchlaufen (vgl. Lutgens et al. 2013, S. 7). Rechnet man dies auf die Zeit der Existenz unseres Planten (4,5 Milliarden Jahre) um, bedeutet es, dass jeder Tropfen unseres Trinkwassers in der Vergangenheit bereits mehr als 1,3 Millionen Mal (!) recyclet wurde. Unser aktuelles Trinkwasser war also ca. 1.200 v. Chr. zuletzt in der Nutzung. Blickt man in die Zukunft, dann müssten wir 128 Generationen lang warten (bei einer Annahme von 25 Jahren/Generation), bis das Wasser, das wir heute global „verbrauchen“ (verschmutzen), uns „gereinigt“ wieder zur Verfügung steht. Das wären dann unsere Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Urenkel.

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