Diakonie zwischen Vereinslokal und Herrenmahl. Jan Quenstedt
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СКАЧАТЬ positives Verhältnis zum Kaiserhaus stellt und darüber hinaus den Eifer und Gemeinschaftssinn der MitgliederMitglied der Vereinigung hervorhebt, mit dem Ziel der Schaffung einer langewährenden Institution (vgl. Z. 14–17).5 Damit verbunden ist die Aufforderung an potentielle Interessenten, die Statuten zu lesen und zu prüfen, um möglichen Konflikten und Irritationen vorzubeugen (vgl. Z. 17–19). Insofern kann davon ausgegangen werden, dass die Veröffentlichung des StatutsVereinigungsstatut im öffentlichen Raum auch im Sinne einer Werbung verstanden werden kann, die vor dem Hintergrund der finanziellen Absicherung des VereinigungszwecksVereinigungszweck und der Vermeidung von Streitigkeiten plausibel erscheint. Die Aufforderung zur Prüfung wird dem eigentlichen Statut der Vereinigung vorangestellt.

      Als Urheber des StatutsVereinigungsstatut wird die Gesamtheit der Vereinigung, also eine Art Vollversammlung (vgl. Z. 20) benannt, die zunächst die AufnahmegebührenEintrittsgeld regelt (vgl. Z. 21) und die zu entrichtenden Beiträge festlegt (vgl. Z. 21). Die finanziellen Verbindlichkeiten verteilen sich für die MitgliederMitglied der Vereinigung auf zwei Teile: Bei Eintritt sind 100 Sesterzen und eine Amphore guten Weines zu entrichten, darüber hinaus sind monatlich fünf Asse in die gemeinsame Kasse zu bezahlen.6 Unmittelbar mit diesen Regelungen werden auch die Konsequenzen dargelegt, die aus einer Missachtung der Beitragsregelung resultieren: Bleibt der MitgliedsbeitragMitgliedsbeitrag in sechs7 aufeinanderfolgenden Monaten aus, verwirkt das entsprechende Mitglied sein Anrecht auf die Übernahme der Kosten seines BegräbnissesBegräbnis durch die Vereinigung (vgl. Z. 21–22). Dem Mitglied würden damit 300 Sesterzen verwehrt bleiben, die die Vereinigung in seinem Todesfall an seine Hinterbliebenen auszahlen würde (vgl. Z. 24), bzw. von denen die BeerdigungBestattung finanziert werden wird und von denen der Verstorbene selbst bereits einen gewissen, wenn nicht bereits den gesamten, Anteil eingezahlt hatte. Demgegenüber formuliert die Inschrift jedoch keine Regelungen bezüglich einer Mindestdauer der Mitgliedschaft, bevor die entsprechende Summe ausgezahlt wird. Denkbar ist aber, die Regelung für das Ausbleiben des MitgliedsbeitragsMitgliedsbeitrag auch auf diesen Fall hin zu lesen und von einer sechsmonatigen Mitgliedschaft, inklusive der Zahlung der Beiträge, auszugehen, bevor die Vereinigung die festgelegte Summe im Todesfall auszahlt.

      Die nachfolgenden Zeilen beschreiben im Einzelnen die Verfahrensweisen beim Tod eines Mitglieds, je nach Ort und Umstand seines Todes (vgl. Z. 26–32) und schließen Ansprüche von unbeteiligten Dritten gegenüber der Vereinigung aus (vgl. Z. 32 bis Pag. II, Z. 4). Eine besondere Regelung ist für verstorbene Sklaven beigefügt, deren Leichnam durch den Herrn bzw. die Herrin nicht herausgegeben wird. Für diese Fälle sieht die Vereinigung die Durchführung einer imaginären BestattungBestattung vor (vgl. Pag. II, Z. 4).8 Anders verhält es sich im Falle eines Suizids, bei dem das BegräbnisBegräbnis des Betroffenen keine Unterstützung erfährt (vgl. Pag. II, Z. 5–6).

      Das gehäufte Vorkommen von Regelungen, die Sklaven betreffen, deutet daraufhin, dass dieser Personenkreis keine unerhebliche Rolle innerhalb der Vereinigung spielte und deswegen besonders bedacht wurde.9 Darauf weist insbesondere die Regelung für diejenigen MitgliederMitglied hin, die Sklaven waren und freigelassen wurden. Für diesen Fall sieht das Statut die Stiftung einer Amphore guten Weins durch den Freigelassenen vor (vgl. Pag. II, Z. 7). Die sich anschließenden Regelungen für die regelmäßig stattfindenden MahlzeitenMahlzeiten der Vereinigung lassen sich ebenfalls vor dem Hintergrund einer Beteiligung sozial schwächerer Personengruppen lesen: Die Festlegung der zu bestreitenden Ausgaben bzw. Mengen an Speisen, Getränken und Ausstattung (vgl. Pag. II, Z. 14–16) schützt einerseits die vier für die Organisation verantwortlichen VereinigungsmitgliederVereinigungsmitglied vor überzogenen Forderungen anderer MitgliederMitglied.10 Zugleich stellt sie aber auch eine Minimalanforderung dar, die die Vergleichbarkeit und WürdeWürde jedes einzelnen Mahles schützt, indem sie die Art und Anzahl der notwendigen Speisen festlegt. Auch die von dem Statut vorgeschriebenen Bestandteile der Mahlzeit lassen darauf schließen, dass die Nutznießer der Vereinigung mehrheitlich in unteren gesellschaftlichen Schichten anzutreffen sind: Wein, Brot und Sardinen sind als basale Bestandteile einer Mahlzeit anzusehen und können nicht als Anreiz für die Teilhabe von Personen aus höheren gesellschaftlichen Schichten angesehen werden. Diese Regelungen sind insgesamt notwendig, weil jedes Mitglied zu einer bestimmten Zeit die VerantwortungVerantwortung für die gemeinsamen Mahlzeiten trägt. Die Abfolge der MitgliederMitglied orientiert sich dabei an der Mitgliederliste (vgl. Pag. II, Z. 8–10.14), nimmt also keine Rücksicht auf den sozialen Status der MitgliederMitglied bzw. auf ihre finanziellen Möglichkeiten. Vor diesem Hintergrund erscheint es notwendig, die genannten verbindlichen Standards für die Mahlzeiten aufzustellen. Mit der genauen Festlegung der Mindeststandards wird Beitrittskandidaten die Möglichkeit gegeben, ihre finanziellen Möglichkeiten zu überprüfen, um nicht nach dem Beitritt an den Verbindlichkeiten des Vereinigungslebens zu scheitern und damit ihr Ansehen zu schmälern. Zeitlich orientieren sich diese gemeinsamen Mahlzeiten auf Tage, die für das soziale Leben der Vereinigung im weitesten Sinne relevant sind, so u.a. auf den Gründungstag der Vereinigung, den Geburtstag des PatronsPatron oder eines seiner Familienmitglieder und den Geburtstag des Stadtpatrons (vgl. Pag. II, Z. 11–14). Kann ein Mitglied seiner Verpflichtung für die Mahlzeit nicht nachkommen, hat er eine Strafe von 30 Sesterzen zu zahlen und die Sorge für das Mahl wird dem ihm auf der Mitgliederliste nachfolgendem Mitglied aufgetragen (vgl. Pag. II, Z. 8–10). Damit ist zu erwägen, dass ein Mitglied u.U. durch die Zahlung der Strafe finanziell weniger belastet wird als durch die Sorge um die Mahlzeiten, obgleich die Strafzahlung mit einer negativen Reputation verbunden gewesen sein dürfte. Insbesondere legt sich dieser Gedanke nahe, wenn man von einem Wert von 50 bis 70 Sesterzen für eine Amphore Wein ausgeht.

      Innerhalb der allgemeinen Ausführungen zu den freiwilligen antiken Vereinigungen wurde erwogen, ob eine mögliche EgalitätEgalität zwischen den VereinigungsmitgliedernVereinigungsmitglied in Bezug auf die Übernahme von Ämtern der Vereinigung durch eine Verbindung mit entsprechenden finanziellen Belastungen nicht de facto ad absurdum geführt wird.11 In der vorliegenden Inschrift steht das höchste AmtAmt der Vereinigung, das des QuinquennalisQuinquennalis, jedoch unter einem anderen Vorzeichen. In der BegräbnisvereinigungBegräbnisvereinigung von LanuviumLanuvium ist die Übernahme dieses AmtsAmt mit einer Befreiung von der BeitragspflichtBeitragspflicht verbunden und entlastet den Amtsinhaber finanziell (vgl. Pag. II, Z. 17–19). Deswegen kann diese Zahlungsbefreiung als ein Anreiz zur Übernahme dieses AmtsAmt verstanden werden. Darüber hinaus erhält jener bei den Verteilungen, d.h. bei den gemeinsamen MahlzeitenMahlzeiten, einen doppelten Anteil (vgl. Pag. II, Z. 18). Somit erweist sich dieses AmtAmt in finanzieller Perspektive zunächst als lukrativ, zumal durch eine positive Amtsführung der persönliche finanzielle Gewinn noch gesteigert werden (vgl. Pag. II, Z. 21–22) und auch das Ansehen der das AmtAmt innehabenden Person innerhalb der Vereinigung eine Aufwertung erfahren kann. Darüber hinaus wird der Amtsinhaber durch das Vereinigungsstatut vor Verunglimpfung geschützt, indem Festlegungen zum Umgang mit Unruhestiftern getroffen werden (vgl. Pag. II, Z. 25–28), was seinen Status ebenfalls aufwertet. Verbunden mit dem AmtAmt des QuinquennalisQuinquennalis sind kultische Funktionen und Aufgaben, die sich auf die Festtage der Vereinigung beziehen und das Abhalten von Gebeten beinhalten (vgl. Pag. II, Z. 31–32). Zu diesem Zweck agiert der QuinquennalisQuinquennalis an diesem Tag in einem besonderen weißen Gewand und stellt den MitgliedernMitglied der Vereinigung Öl im öffentlichen Bad bereit (vgl. Pag. II, Z. 32).12 Neben dem QuinquennalisQuinquennalis erhalten die Schreiber und Boten der Vereinigung ebenfalls einen größeren Anteil, werden jedoch nicht von der BeitragspflichtBeitragspflicht entbunden (vgl. Pag. II, Z. 19–20). Der erhöhte Anteil ist in gewisser Weise als Aufwandsentschädigung oder als Anreiz zur Übernahme von Aufgaben und Ämtern zum Wohle der Vereinigung zu verstehen.

      Mit der Frage nach egalitären Strukturen verbunden ist die Regelung des Umgangs mit MitgliedernMitglied, die die Ordnung der VersammlungVersammlung durch den Wechsel ihrer Sitzplätze stören. Die Sitzordnung einer antiken Mahlzeit ist als ein Spiegel von HierarchieHierarchie zu verstehen, da sie auch sozialen Status und Rangordnungen abbildet. Ein Platzwechsel innerhalb der VersammlungenVersammlung wird geahndet, weil er als eigenmächtiger Eingriff in die gewachsene soziale Gestalt der Vereinigung zu verstehen ist (vgl. Pag. II, Z. 25–26). Zugleich passt eine derartige Regelung kaum zu einem egalitären Habitus, in denen persönlich zugeordnete Sitzplätze als Zeichen für MachtMacht СКАЧАТЬ