Diakonie zwischen Vereinslokal und Herrenmahl. Jan Quenstedt
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Diakonie zwischen Vereinslokal und Herrenmahl - Jan Quenstedt страница 14

СКАЧАТЬ hilfreich, die die alttestamentliche Tradition im Kontext des neutestamentlichen Zeugnisses berücksichtigt und nicht beide Corpora isoliert betrachtet. Mit dieser Entfaltung würde außerdem ein innerer Zusammenhang mit den Ausführungen von Oeming hergestellt werden, der so allerdings im Raum der Möglichkeiten verbleibt.

      1.3 „Diakonie“, Denkschriften und Leitbilder

      Für die exemplarische Betrachtung von DenkschriftenDenkschrift, LeitbildernLeitbild, PräambelnPräambel, SatzungenSatzung u.ä. erfolgt aus pragmatischen Gründen eine regionale Beschränkung auf den Bereich der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens sowie auf die Verlautbarungen der Diakonie Deutschland. Zudem ist bereits im Vorfeld darauf hinzuweisen, dass es sich weder bei DenkschriftenDenkschrift, noch bei LeitbildernLeitbild um dezidiert theologische Schriften oder gar wissenschaftliche Abhandlungen handelt. Gerade ein Leitbild hat sich in einem Spannungsfeld zu verorten, das sich aus seinem doppelten Adressatenkreis heraus ergibt: Einerseits dient es der Präsentation und Selbstdarstellung vor der Öffentlichkeit, andererseits soll es MotivationMotivation und Orientierung für die Mitarbeitenden bieten. Deswegen ist eine Begrenzung bei den theologisch-hermeneutischen Ausführungen der einzelnen Schriften nachvollziehbar und anzunehmen, nicht zuletzt im Sinne der allgemeinen Verständlichkeit.

      Voranzustellen ist außerdem, dass die Namen der Diakonischen Werke im Folgenden in Kurzform wiedergegeben werden. „Diakonie Sachsen“ bezeichnet in diesem Sinne das „Diakonische Werk der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens e. V.“. Mutatis mutandis gilt dieser Sprachgebrauch für die „Diakonie Deutschland – Evangelischer Bundesverband“: „Diakonie Deutschland“.

      1.3.1 Diakonie Deutschland

      1.3.1.1 Das Selbstverständnis

      Das SelbstverständnisSelbstverständnis der Diakonie Deutschland gibt einen Einblick in die inhaltliche Füllung des DiakoniebegriffsDiakoniebegriff, wie sie vom Diakonischen Werk selbst vorgenommen wird. Dabei wird das Wortfeld διακονέω κτλ. auf den Begriff „tätige NächstenliebeNächstenliebe“ bezogen.1 Begründet wird dieser Bezug mit der denkbaren Übersetzung als „Dienst“. Im Vergleich mit dem o.g. biblischen Befund zeigt sich darin eine mögliche Fokussierung auf einen Bedeutungsaspekt des Wortfelds, die durch die Bezeichnung der „Diakonie“ als „soziale[n] Dienst der evangelischen Kirchen“ verstärkt wird.2

      Inhaltlich beziehe sich die „Diakonie“ auf „Menschen, die am Rande der Gesellschaft stehen, die auf Hilfe angewiesen oder benachteiligt sind“3. Visualisiert wird dieser Bezug durch die Vorstellung von „Diakonie“ als „Kletterhilfe“, die durch ein Video auf der Homepage der Diakonie Deutschland dargestellt wird.4 Laut Aussage des Videos sei der Grund für diakonisches Handeln die NächstenliebeNächstenliebe, die den Menschen durch das Evangelium aufgetragen sei. Deswegen unterstütze die Diakonie Menschen in allen LebenslagenLebenslage, um die Ursachen von Notlagen zu beheben und Orientierung und Wege für und in die Zukunft zu eröffnen – „Diakonie“ sei in diesem Sinne Kletterhilfe.5 Ziel von Diakonie und „Diakonie“ sei es, gleiche Chancen für alle zu eröffnen – dieses Ziel werde von allen, die in und mit der Diakonie arbeiten, gelebt, so die Selbstaussage.6 Im Sinne eines Imagevideos ist der Verzicht auf theoretische Reflexionen und Grundlagen verständlich und nachvollziehbar. Vor diesem Hintergrund kann der Film ein weites Spektrum diakonischer HandlungsvollzügeHandlungsvollzüge präsentieren, die den Menschen als Ganzes in den Blick nehmen und sich nicht auf einen bestimmten Handlungsvollzug beschränken bzw. engführen lassen.

      Kritisch zu hinterfragen bleibt der Bezug auf die vom Evangelium herkommende NächstenliebeNächstenliebe als alleiniges Kriterium und MotivationMotivation für diakonisches Handeln. Vor dem Hintergrund der bereits dargestellten biblischen Belege und deren Kontexten erscheint diese Fokussierung zumindest als eine Verkürzung. Auch die Rede von der Unterstützungsleistung der Diakonie in allen LebenslagenLebenslage im Gegensatz zur Hilfe bei der Behebung von Notlagen stellt sich als ein Spannungsverhältnis dar. Diese Spannung verbindet sich auch mit einer letzten Anfrage: Wenn sich die Diakonie auf Menschen fokussiert, die am Rande der Gesellschaft stehen, welche Rolle kommt dann nichtmarginalisierten Personengruppen im Raum der Diakonie zu?

      1.3.1.2 Das Leitbild

      Das Ziel des Leitbildes ist bereits durch seinen Namen vorgegeben: Es will „Orientierung geben, Profil zeigen, Wege in die Zukunft weisen. Wir in der Diakonie sagen damit, wer wir sind, was wir tun und warum wir es tun.“1 Das Leitbild stellt dabei sowohl eine Zustandsbeschreibung als auch ein Perspektivpapier dar. Es beschreibt, „wie Diakonie ist, und mehr noch, wie sie sein kann.“2 Damit ergibt sich aus dem Leitbild eine Gestaltungsaufgabe, deren Umsetzung zu evaluieren ist. Nach dieser Einleitung entfaltet das Leitbild in acht Punkten seinen Inhalt. Dabei können bereits die acht Punkte selbst ohne ihre Entfaltung als Leitbild gelesen und verstanden werden. Sie werden im Folgenden kurz genannt und diskutiert:

      1 „Wir orientieren unser Handeln an der Bibel.“ Als individueller Auftrag in der NachfolgeNachfolge Jesu wird die Wahrnehmung des einzelnen Menschen benannt. Dazu befähige die Passion Jesu, während seine AuferstehungAuferstehung den GlaubenGlaube an die Überwindung des Todes ermögliche. In dieser HoffnungHoffnung, die getragen werde vom Heiligen GeistHeiliger Geist, könnten Krisen im Leben bewältigt werden.3 Dieser erste Punkt hält fest, dass sich der GlaubeGlaube in Taten bzw. Früchten äußere und der diakonisch Handelnde das weiter gebe, was er von Gott empfangen habe.

      2 „Wir achten die WürdeWürde jedes Menschen.“ Der zweite Punkt setzt mit einem nicht kenntlich gemachten Rekurs auf Gen 1,27Gen 1,27 ein, der als Begründung der Annahme des Menschen durch Gott herangezogen wird. Zugleich besitze der Mensch WürdeWürde, „weil Gott in Jesus Christus den Menschen auch in seinem tiefsten Scheitern angenommen hat.“4 Diese, auch im Handeln Jesu begründete WürdeWürde verpflichte – so das Leitbild – die Diakonie zum diakonischen Handeln. Dazu gehöre auch, dass Gott dem Menschen zutraue, „solidarisch zu handeln, das RechtRecht der Schwachen und Fremden zu achten und jedem GerechtigkeitGerechtigkeit zukommen zu lassen.“5

      3 „Wir leisten Hilfe und verschaffen Gehör.“ Der dritte Punkt formuliert in großer Breite und Offenheit Aufgaben und Arbeitsfelder der Diakonie. Ein biblischer Bezug lässt sich im Festhalten „an der Verheißung von Frieden und GerechtigkeitGerechtigkeit“6 feststellen. Darüber hinaus formuliert der Artikel den Gedanken der wechselseitigen AnteilgabeAnteilgabe und -nahmeAnteilnahme, wie auch den Gedanken, dass in der Diakonie tätige Menschen ebenfalls der ZuwendungZuwendung bedürfen. In diesem Wechselspiel von Geben und Empfangen werde Gemeinschaft erlebbar.7

      4 „Wir sind aus einer lebendigen Tradition innovativ.“ Der vierte Punkt hält fest, dass die Wurzeln der „Diakonie“ im „GlaubenGlaube Israels und der frühen Christenheit“8 zu finden seien.

      5 „Wir sind eine DienstgemeinschaftDienstgemeinschaft von Frauen und Männern im Haupt- und EhrenamtEhrenamt.“ Hier wird festgehalten, dass diakonische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zum Dienst am Nächsten bzw. an der Nächsten bereitstünden und sie in einer DienstgemeinschaftDienstgemeinschaft9 miteinander verbunden seien, die sich u.a. dazu verpflichte, theologisch begründete Entscheidungen zu treffen.10

      6 „Wir sind dort, wo uns Menschen brauchen.“ Die Diakonie ist in die evangelische Kirche eingebunden, sie versteht sich als kirchliches Werk. Das Handeln der Diakonie sei als VerkündigungVerkündigung der MenschenfreundlichkeitMenschenfreundlichkeit Gottes zu verstehen.11

      7 „Wir sind Kirche.“ Artikel sieben beschreibt eingehend die Verbindung zur evangelischen Kirche, wie sie in Artikel sechs schon einmal formuliert wurde. So wird „Diakonie“ als „Wesens-Wesensäußerung und LebensäußerungLebensäußerung der evangelischen Kirchen“12 verstanden, die vom Gemeindegottesdienst aus ihren Anfang nehme. Somit wird СКАЧАТЬ