Diakonie zwischen Vereinslokal und Herrenmahl. Jan Quenstedt
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СКАЧАТЬ verstehen sei. Demgegenüber sei im lukanischen Doppelwerk eine pragmatischere Begründung zu finden: „Jesu ganzes Leben und Sterben ist der Dienst, der das Verlorene sucht und rettet, und gilt als bleibendes Kennzeichen, denn er wird als Diener wiederkommen.“15 Für das Matthäusevangelium sei im Anschluss an die WeltgerichtsredeWeltgerichtsrede (Mt 25,31–46Mt 25,31–46) festzuhalten, dass es die „Diakonie“ als ein spezifisches Hilfehandeln zeichne, das sich in praktischen Vollzügen realisiere. „Diese Diakonie wird durch die Wirklichkeit von Leid und Tod geradezu herausgefordert. (Lebens-)Grenzen bedeuten nicht das Ende christlicher Diakonie, sondern markieren gerade auch ihren Anfang und Startpunkt.“16

      Auf die Ausführungen von Jonas folgen Überlegungen von Hans-Jürgen Benedict zum DiakoniebegriffDiakoniebegriff, wie er von John N. Collins dargestellt wurde.17 Da Benedicts Auseinandersetzung mit Collins bereits skizziert wurde, sei hier nur der Vollständigkeit halber auf diesen Beitrag verwiesen.18 Auch der den Ausführungen Benedicts nachfolgende Beitrag von Stefan Dietzel setzt sich mit den Überlegungen von Collins auseinander.19 Dietzel zeichnet dabei die Genese der Überlegungen Collins’ nach, indem er sich mit den Ausführungen von Brandt und Beyer auseinandersetzt, auf die sich auch Collins kritisch bezieht. Er kommt zu dem Schluss, dass ein unspezifischer Gebrauch der διακον-Gruppe im Sinne von „dienen“ unstrittig und aus neutestamentlicher Sicht zu bestätigen sei.20 Demgegenüber sei ein spezifischer Gebrauch bzw. eine spezifische Deutung der Wortgruppe schwerer zu erheben – dies würde bereits in der Auseinandersetzung Collins’ mit Brandt und Beyer deutlich werden. Dietzel differenziert zwischen einem soteriologischen Gebrauch innerhalb der Synoptiker sowie einem eher ekklesiologischen Gebrauch innerhalb der Briefliteratur sowie der Apostelgeschichte.21 Dabei seien wechselseitige Beziehungen und Beeinflussungen nicht auszuschließen. Für die gegenwärtige Forschung sei darüber hinaus auch die Bedeutungsentwicklung nachzuvollziehen, die ihrerseits kritisch zu reflektieren sei. Im Anschluss an Ausführungen von Roloff und Georgi differenziert Dietzel entsprechend zwischen „dem Traditionskomplex diakonein in der synoptischen Tradition [mit Bezug auf die Mahltradition, JQ] und diakonos in den Paulinen [ohne Bezug zur Mahltradition, JQ],“22 die sich im Laufe ihrer Entwicklung wohl wechselseitig beeinflusst haben dürften: „Es kann nicht ausgeblieben sein, dass mit den Tradenten verschiedenen Traditionen aufeinander trafen, sich gegenseitig befruchteten oder sich voneinander absetzten.“23 Darum sei eine differenzierte Wahrnehmung der διακον-Gruppe innerhalb ihrer Verwendungszusammenhänge angeraten.

      Ähnlich kritisch gegenüber Collins äußert sich Ismo Dunderberg unter dem Titel: „VermittlungVermittlung statt karitativer Tätigkeit? Überlegungen zu John N. Collins’ Interpretation von diakonia“24. Seine Ausführungen lassen eine grundsätzliche Zurückhaltung gegenüber der Innovationskraft der Überlegungen Collins in Bezug und Abgrenzung zur älteren Wissenschaft erkennen. Dunderbergs Darstellungen sind von dem Gedanken getragen, dass ein Text offen für mehr als eine bestimmte Definition sei und sich mehrere Interpretationsmöglichkeiten für den DiakoniebegriffDiakoniebegriff ergeben würden – eine Absoluterklärung einer bestimmten Deutungsmöglichkeit sei also nicht möglich.25 Einleuchtend erscheint Dunderberg hingegen die Erkenntnis, dass die Aufwartung bei Tisch nicht die Grundbedeutung von διακονέιν, sondern nur einen Aspekt, darstelle und auch nicht unbedingt auf „niedrige“ Tätigkeiten verweise. Der DiakonosDiakonos müsse mithin keine untergeordnete bzw. niedriggestellte Person darstellen. Letztlich weist er darauf hin, dass Collins RechtRecht zu geben sei, wenn er festhält, das „diakonein in griechischen Texten für sich nicht auf WohltätigkeitWohltätigkeit und niedrige Aufgaben hindeutet; diese Bedeutungen sind jeweils kontextgebunden.“26 „Diakonie“, verstanden als FürsorgeFürsorge, sei als Teilaspekt dessen anzusehen, was der Begriff in klassischen und biblischen Texten ausdrückt.27

      Ein Beitrag von Dierk Starnitzke beschließt die Zeichnung der diakonischen Konturen im Neuen Testament mit Ausführungen zu Begriff und AmtAmt des „DiakonsDiakon“.28 Dabei werden sowohl die 27 Belege für διάκονοςδιάκονος im Neuen Testament untersucht als auch Bezüge zum nachneutestamentlichen Gebrauch des Begriffs hergestellt. Auch Starnitzke setzt sich in seinen Überlegungen mit den Untersuchungen von Collins auseinander. Ähnlich wie Dietzel kommt Starnitzke zu einem differenzierten zweigeteilten Befund: Innerhalb der Evangelien sei eine Wiedergabe des griechischen διάκονοςδιάκονος mit „Diener“ treffend, während der Gedanke der „Vermittlerschaft“, wie ihn Collins verwendet, an dieser Stelle als weniger tragfähig erscheine.29 Demgegenüber könne der Gedanke des „Dazwischengehens“, wie er bei Collins zu finden sei, in den Paulusbriefen plausibel gemacht werden: „Es geht hier nicht primär um eine existenzielle Haltung, sondern um die Beschreibung einer bestimmten Funktion im frühen Christentum. DiakonosDiakonos meint hier konkrete Personen, die sich erstens zwischen verschiedenen Orten hin und her bewegen und zwischen christlichen Gemeindegliedern oder Gemeinden vermitteln und die dabei zweitens den GlaubenGlaube stärken und das Evangelium verkünden.“30 Dadurch sei zwischen den Evangelien und der Briefliteratur eine Bedeutungsverschiebung festzustellen: Neben den Dienstaspekt, wie ihn die Evangelien nahelegen, treten ferner die Aspekte der KommunikationKommunikation, VerkündigungVerkündigung und Seelsorge sowie der Aspekt der Reisetätigkeiten der „VermittlerVermittler“.31 Gegenüber Dunderberg hält Starnitzke kritisch fest, dass es innerhalb des Neuen Testaments und der Apostolischen Väter nur wenige Anhaltspunkte für ein karitatives Engagement der DiakoneDiakon gäbe.32 In dieser Hinsicht stimme er mit Collins überein, der den Einfluss der Inneren MissionMission des 19. Jahrhunderts auf die gängige Begriffsbestimmung von Beyer deutlich gemacht hätte.

      1.2.3.3 Kritische Würdigung

      Der vorgestellte Sammelband bietet eine Auseinandersetzung mit der neueren diakoniewissenschaftlichen Theoriebildung in Bezug auf eine sachgemäße Begriffsbestimmung der gesamten διακον-Gruppe. Anregend erscheint die Diskussion, inwieweit das Neue Testament tatsächlich sozial-fürsorgliche Tätigkeiten mit der διακον‑Gruppe verbindet. Die Meinungen gehen an dieser Stelle zwischen den Autoren auseinander und regen zu eigenständigem Nachdenken und –forschen hinsichtlich der Frage an, ob der Begriff der „Diakonie“ einen adäquaten Ausdruck für die Bezeichnung sozial-fürsorglichen HandelnsHandeln, sozial-fürsorglich bietet. Damit verbindet sich die Frage, ob überhaupt die Möglichkeit besteht, innerhalb des Neuen Testaments, einen einheitlichen DiakoniebegriffDiakoniebegriff zu gewinnen. In diesem Zusammenhang ist kritisch auf die Evangelien-Fokussierung der abgedruckten Arbeiten hinzuweisen. Entsprechend dieser Kritik wäre zu fragen, ob den einschlägigen Belegen in der Briefliteratur der Vollständigkeit halber ein breiterer Raum hätte gegeben werden können.

      1.2.4 „Diakonie. Grundlagen für die soziale Arbeit der Kirche“

      Unter dem Titel: „Diakonie. Grundlagen für die soziale Arbeit der Kirche“1 legt Herbert Haslinger seine Einführung in die „Diakonie“ vor. Haslinger lehrt an der Theologischen Fakultät Paderborn und bietet eine katholische Perspektive auf die Fragestellung.

      1.2.4.1 Aufbau

      Im Gegensatz zur bisher dokumentierten diakoniewissenschaftlichen Fachliteratur weist der Band von Haslinger einen anderen Aufbau auf. Er setzt nicht mit einer theologischen bzw. exegetischen Begründung diakonischen Handelns ein, sondern beginnt seine Ausführungen mit Bestandsaufnahmen. Zuerst legt er dar, wie von „Diakonie“ zu reden sei; darauf folgen drei Verortungen: „Diakonie“ in der Geschichte, der Gesellschaft und in der Kirche. Als fünftes Kapitel erfolgen Aussagen über die „Theologie der Diakonie“, in denen sich Haslinger gegen eine instrumentale Begründung1 der „Diakonie“ richtet und dieser in diesem Kapitel eine dezidiert theologische Begründung entgegen setzt.2 Dabei verdeutlicht folgende Frage sein Leitmotiv: „Zu fragen ist, inwiefern die Diakonie in der Beziehung Gottes zum Menschen gründet und was dies für die Diakonie bedeutet.“3 Diese Frage beantwortet Haslinger durch vier Argumentationswege bzw. Gedankengänge, von denen im Rahmen dieser Ausführungen besonders der dritte und vierte von Bedeutung СКАЧАТЬ