Der Stechlin. Theodor Fontane
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Название: Der Stechlin

Автор: Theodor Fontane

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788726540147

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СКАЧАТЬ vor elf, der Mond war inzwischen unter, brach man auf, und die Wagen fuhren vor, erst der Katzlersche Kaleschwagen, dann die Gundermannsche Chaise; Martin aber, mit einer Stallaterne, leuchtete dem Pastor über Vorhof und Bohlenbrücke fort, bis an seine ganz im Dunkel liegende Pfarre. Gleich darauf zogen sich auch die drei Freunde zurück und stiegen, unter Vorantritt Engelkes, die grosse Treppe hinauf, bis auf den Podeft. Hier trennten sich Rex und Czako von Woldemar, dessen Zimmer auf der andern Flurseite gelegen war.

      Czako, sehr müde, war im Nu bettfertig. „Es bleibt also dabei, Rex, Sie logieren sich in dem Rokokozimmer ein — wir wollen es ohne weiteres so nennen —, und ich nehme das Himmelbett hier in Zimmer Nummer eins. Vielleicht wäre das Umgekehrte richtiger, aber Sie haben es so gewollt.“

      Und während er noch so sprach, schob er seine Stiefel auf den Flur hinaus, schloss ab und legte sich nieder.

      Rex war derweilen mit seiner Plaidrolle beschäftigt, aus der er allerlei Toilettengegenstände hervorholte. ,,Sie müssent mich entschuldigen, Ezako, wenn ich mich noch eine Viertelstunde hier bei Ihnen aufhalte. Habe nämlich die Angervohnheit, mich abends zu rasieren, und der Toilettentisch mit Spiegel, ohne den es doch nicht gut geht, der steht nun mal hier an Ihrem, statt an meinem Fenster. Ich muss also stören.“

      „Mir sehr recht, trotz aller Müdigkeit. Nichts besser, als noch ein bisschen aus dem Bett heraus plaudern können. Und dabei so warm eingemummelt. Die Betten auf dem Lande sind überhaupt das beste.“

      „Nun, Ezako, das freut mich, dass Sie so bereit sind, mir Quartier zu gönnen. Aber wenn Sie noch eine Plauderei haben wollen, so müssen Sie sich die Hauptsache selber leisten. Ich schneide mich sonst, was dann hinterher immer ganz schändlich aussieht. Übrigens muss ich erst Schaum schlagen, und solange wenigstens kann ich Ihnen Red’ und Antwort stehen. Ein Glück nebenher, dass hier ausser der kleinen Lampe noch diese zwei Leuchter sind. Wenn ich nicht Licht von rechts und links habe, komme ich nicht von der Stelle; das eine wackelt zwar (alle diese dünnen Silberleuchter wakkeln), aber wenn gute Reden sie begleiten...‘ Also strengen Sie sich an. Wie fanden Sie die Gundermanns? Sonderbare Leute — haben Sie schon mal den Namen Gundermann gehört?“

      „Ja. Aber das war in Waldmeisters Brautfahrtʻ.“

      „Richtig! so mirkt er auch. Und nun gar erst die Frau. Der einzige, der sich sehen lassen konnte, war dieser Katzler. Ein Karambolespieler ersten Ranges. Übrigens Eisernes Kreuz.“

      „Und dann der Pastor.“

      „Nun ja, auch der. Eine ganz gescheite Nummer. Aber doch ein wunderbarer Heiliger, wie die ganze Sippe, zu der er gehört. Er hält zu Stoecker, sprach es auch aus, was neuerdings nicht jeder tut; aber der „neue Lutherʻ, der doch schon gerade bedenklich genug ist — Majetztät hat ganz recht mit seiner Verurteilung —, der geht ihm gewiss nicht weit genug. Dieser Lorenzen erscheint mir, im Gegensatz zu seinen Jahren, als einer der Allerjüngsten. Und zu verwundern bleibt nur, dass der Alte so gut mit ihm steht. Freund Woldemar hat mir davon erzählt. Der Alte liebt ihn und sieht nicht, dass ihm sein geliebter Pastor den Aft abfägt, auf dem er sitzt. Ja, diese von der neuesten Schule, das sind die Allerschlimmsten. Immer Volk und wieder Volk, und mal auch etwas Christus dazwischen. Aber ich lasse mich so leicht nicht hinters Licht führen. Es läuft alles darauf hinaus, dass sie mit uns aufräumen wollen, und mit dem alten Christentum auch. Sie haben ein neues, und das überlieferte behandeln sie despektierlich.“

      „Kann ich ihnen unter Umständen nicht verdenken. Seien Sie gut, Rex, und lassen Sie Konventikel und Partei mal beiseite. Das Überlieferte, was einem da so vor die Klinge kommt, namentlich wenn Sie sich die Menschen ansehen, wie sie nun mal sind, ist doch sehr reparaturbedürftig, und auf solche Reparatur ist ein Mann wie dieser Lorenzen eben aus. Machen Sie die Probe. Hie Lorenzen, hie Gundermann. Und Ihren guten Glauben in Ehren, aber Sie werden diesen Gundermann doch nicht über den Lorenzen stellen und ihn überhaupt nur ernsthaft nehmen wollen. Und wie dieser Wassermüller aus der Brettschneidebranche, so sind die meisten. Phrase, Phrase. Mitunter auch Geschäft oder noch Schlimmeres.“

      „Ich kann jetzt nicht antworten, Ezako. Was Sie da sagen, berührt eine grosse Frage, bei der man doch aufpassen muss. Und so mit dem Messer in der Hand, da verbietet sich’s. Und das eine wacklige Licht hat ohnehin schon einen Dieb. Erzählen Sie mir lieber was von der Frau von Gundermann. Debattieren kann ich nicht mehr, aber wenn Sie plaudern, brauchʼ ich bloss zuzuhören. Sie haben ihr ja bei Tisch ʼnen langen Vortrag gehalten.“

      „Ja. Und noch dazu über Ratten.“

      „Nein, Szako, davon dürfen Sie jetzt nicht sprechen; dann doch lieber über alten und neuen Glauben. Und gerade hier. In solchen alten Kasten ist man nie sicher vor Spuk und Ratten. Wenn Sie nichts andres wissen, dann bitt’ ich um die Geschichte, bei der wir heute früh in Kremmen unterbrochen wurden. Es schien mir was Pikantes.“

      ,,Ach, die Geschichte von der kleinen Stubbe. Ja, hören Sie, Rex, das regt Sie aber auch auf. Und wenn man nicht schlafen kann, ist es am Ende gleich, ob wegen der Ratten oder wegen der Stubbe.“

      5

      Rex und Czako maren so müde, dass sie sich, wenn nötig, über Spuk und Ratten weggeschlafen hätten. Aber es war nicht nötig, nichts war da, was sie hätte stören können. Kurz vor acht erschien das alte Faktotum mit einem silbernen Deckelkrug, aus dem der Wrasen heissen Wassers aufstieg, einem der wenigen Renommierstücke, über die Schloss Stechlin verfügte. Dazu bot Engelke den Herren einen guten Morgen und stattete seinen Wetterbericht ab: Es gebe gewiss einen schönen Tag, und der junge Herr sei auch schon auf und gehe mit dem alten um das Rundell herum.

      So war es denn auch. Woldemar war schon gleich nach sieben unten im Salon erschienen, um mit seinem Vater, von dem er musste, dass er ein Frühauf war, ein Familiengespräch über allerhand diffizile Dinge zu führen. Aber er war entschlossen, seinerseits damit nicht anzufangen, sondern alles von der Neugier und dem guten Herzen des Vaters zu erwarten. Und darin sah er sich auch nicht getäuscht.

      ,,Ah, Woldemar, das ist recht, dass du schon da bist. Nur nicht zu lang im Bett. Die meisten Langschläfer haben einen Knacks. Es können aber sonst ganz gute Leute sein. Ich wette, dein Freund Reg schläft bis neun.“

      ,,Nein, Papa, der gerade nicht. Wer wie Rex ist, kann sich das nicht gönnen. Er hat nämlich einen Verein gegründet für Frühgottesdienste, abwechselnd in Schönhausen und Finkenkrug. Aber es ist noch nicht perfekt geworden.“

      ,,Freut mich, dass es noch hapert. Ich mag so was nicht. Der alte Wilhelm hat zwar seinem Volke die Religion wiedergeben wollen, was ein schönes Wort von ihm war — alles, was er tat und sagte, war gut —, aber Religion und Landpartie, dagegen bin ich doch. Ich bin überhaupt gegen alle falschen Mischungen. Auch bei den Menschen. Die reine Rasse, das ist das eigentlich Legitime. Das andre, was sie nebenher noch Legitimität nennen, das ist schon alles mehr künstlich. Sage, wie steht es denn eigentlich damit? Du weisst schon, was ich meine.“

      „Ja, Papa...“

      „Nein, nicht so; nicht immer bloss ja, Papaʻ. So fängst du jedesmal an, wenn ich auf dies Thema komme. Da liegt schon ein halber Refus drin oder ein Hinausschieben, ein Abmartenmollen. Und damit kann ich mich nicht befreunden. Du bist jetzt zweiunddreissig oder doch beinah, da muss der mit der Fackel kommen; aber du fackelft (verzeih den Kalauter, ich bin eigentlich gegen Kalauer, die sind so mehr für Handlungsreisende), also ou fackelst, sag’ ich, und ist kein Ernst dahinter. Und soviel kann ich dir ausserdem sagen, deine Tante Sanctissima drüben in Kloster Wutz, die wird auch schon ungeduldig. Und das sollte dir zu denken geben. Mich hat sie zeitlebens schlecht behandelt; wir stimmten eben nie zusammen und konnten auch nicht, denn so halb Königin Elisabeth, halb Kaffeeschwester, das is ʼne Melange, mit der ich mich nie habe befreunden СКАЧАТЬ