Der Stechlin. Theodor Fontane
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Название: Der Stechlin

Автор: Theodor Fontane

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788726540147

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СКАЧАТЬ meint es ja doch gut. Und mit mir nun schon ganz gewiss.“

      „Gnädig machen? Ja, Woldemar, ich will es versuchen. Nur fürcht’ ich, es wird nicht viel dabei herauskommen. Da heisst es immer, man solle Familiengefühl haben, aber es wird einem doch auch zu blutsauer gemacht, und ich kann umgekehrt der Versuchung nicht widerstehen, eine richtige Familienkritik zu üben. Adelheid fordert sie geradezu heraus. Andrerseits freilich, in dich ist sie wie vernarrt, für dich hat sie Geld und Liebe. Was davon wichtiger ist, stehe dahin; aber soviel ist gerviss, ohne sie wärʼ es überhaupt gar nicht gegangen, ich meine dein Leben in deinem Regiment. Also wir haben ihr zu danken, und weil sie das geradesogut weiss wie wir oder vielleicht noch ein bisschen besser, gerade deshalb wird sie ungeduldig; sie wil Taten sehen, was vom Weiberstandpunkt aus allemal soviel heisst wie Verheiratung. Und wenn man will, kann man es auch so nennen, ich meine Taten. Es ist und bleibt ein Heroismus. Wer Tante Adelheid geheiratet hätte, hätte sich die Tapferkeitsmedaille verdient, und wenn ich schändlich sein wollte, so sagte ich das Eiserne Kreuz.“

      ,,Ja, Papa...“

      „Schon wieder ,ja, Papaʻ. Nun, meinetwegen, ich will dich schliesslich in deiner Lieblingswendung nicht stören. Aber bekenne mir nebenher — denn das ist doch schliesslich das, um was sich’s handelt —, liegst du mit was im Anschlag, haft du was auf dem Korn?“

      „Papa, diese Wendungen erschrecken mich beinah. Aber wenn denn schon so jägermässig gesprochen werden soll, ja; meine Wünsche haben ein bestimmtes Ziel, und ich darf sagen, mich beschäftigen diese Dinge.“

      „Mich, beschäftigen diese Dinge...‘ Nimm mir’s nicht übel, Woldemar, das ist ja gar nichts. Beschäftigen! Ich bin nicht fürs Poetische, das ist für Gouvernanten und arme Lehrer, die nach Görbersdorf müssen (bloss, dass sie meistens kein Geld dazu haben), aber diese Wendung ,sich beschäftigen‘, das ist mir denn doch zu prosaisch. Wenn es sich um solche Dinge wie Liebe handelt (wiewohl ich über Liebe nicht viel günstiger denke wie über Poesie, bloss dass Liebe doch noch mehr Unheil anrichtet, weil sie noch allgemeiner auftritt) — wenn es sich um Dinge wie Liebe handelt, so darf man nicht sagen, ich habe mich damit beschäftigt‘. Liebe ist doch schliesslich immer was Forsches, sonst kann sie sich ganz und gar begraben lassen, und da möcht’ ich denn doch etwas von dir hören, was ein bisschen wie Leidenschaft aussieht. Es braucht ja nicht gleich was Schreckliches zu sein. Aber so ganz ohne Stimulus, wie man, glaub’ ich, jetzt sagt, so ganz ohne so was geht es nicht; alle Menschheit ist darauf gestellt, und wo’s einschläft, ist so gut wie alles vorbei. Nun weiss ich zwar recht gut, es geht auch ohne uns, aber das ist doch alles bloss etmas, was einem von Verstandes wegen aufgezwungen wird; das egoistische Gefühl, das immer unrecht, aber auch immer recht hat, will von dem allem nichts wissen und besteht darauf, dass die Stechline weiterleben, wenn es sein kann, in aeternum. Emig weiterleben — ich räume ein, es hat ein bisschen was Komisches, aber es gibt wenig ernste Sachen, die nicht auch eine komische Seite hätten... Also dich ,beschäftigen’ diese Dinge. Kannst du Namen nennen? Auf wem haben Eurer Hoheit Augen zu ruhen geruht?“

      ,,Papa, Namen darf ich noch nicht nennen. Ich bin meiper Sache noch nicht sicher genug, und das ist auch der Grund, warum ich Wendungen gebraucht habe, die dir nüchtern und prosaisch erschienen sind. Ich kann dir aber sagen, ich hätte mich lieber anders ausgedrückt; nur darf ich es noch nicht. Und dann weiss ich ja auch, dass du selber einen abergläubischen Zug haft und ganz aufrichtig davon ausgehst, dass man sich sein Glück verreden kann, wenn man zu früh oder zuviel davon spricht.“

      „Brav, brav. Das gefällt mir. So ist es. Wir sind immer von neidischen und boshaften Wesen mit Fuchsschwänzen und Fledermausflügeln umstellt, und wenn wir renommieren oder sicher tun, dann lachen sie. Und wenn sie erst lachen, dann sind wir schon so gut wie verloren. Mit unsrer eignen Kraft ist nichts getan, ich habe nicht den Grashalm sicher, den ich hier ausreisse. Demut, Demut... Aber trotzdem kommʼ ich dir mit der naiven Frage (denn man widerspricht sich in in einem fort), ist es was Vornehmes, was Piekfeines?“

      „Piekfein, Papa, will ich nicht sagen. Aber vornehm gewiss.“

      „Na, das freut mich. Falsche Vornehmheit ist mir ein Greuel; aber richtige Vornehmheit — à la bonne heure. Sage mal, vielleicht was vom Hofe?“

      „Nein, Papa.“

      „Na, desto besser. Aber da kommen ja die Herren. Der Rex sieht wirklich verdeubelt gut aus, was wir früher einen Gardeassessor nannten. Und fromm, sagst du — wird also wohl Karriere machen; ,frommʻ is wie ʼne untergelegte Hand.“

      Während dieser Worte stiegen Rex und Ezako die Stufen zum Garten hinunter und begrüssten den Alten. Er erkundigte sich nach ihren nächtlichen Schicksalen, freute sich, dass sie ,,durchgeschlafen“ hätten, und nahm dann Czakos Arm, um vom Garten her auf die Veranda, wo Engelke mittlerweile unter der grossen Markise den Frühstückstisch hergerichtet hatte, zurückzukehren. „Darf ich bitten, Herr von Rex.“ Und er wies auf einen Gartenstuhl, ihm gerade gegenüber, während Woldemar und Czako links und rechts. neben ihm Platz nahmen. „Ich habe neuerdings den Tee eingeführt, das heisst nicht obligatorisch; im Gegenteil, ich persönlich bleibe lieber bei Kaffee, schwarz wie der Teufel, süss wie die Sünde, heiss wie die Hölleʻ, wie bereits Talleyrand gesagt haben soll. Aber, Pardon, dass ich Sie mit so was überhaupt noch belästige. Schon mein Vater sagte mal: ,Ja, wir auf dem Lande, wir haben immer noch die alten Wiener Kongresswitze.‘ Und das ist nun schon wieder ein Menschenalter her.“

      „Ach, diese alten Kongresswitze“, sagte Rex verbindlich, „ich möchte mir die Bemerkung erlauben, Herr Major, dass diese alten Witze besser sind als die neuen. Und kann auch kaum anders sein. Denn wer waren denn die Verfasser von damals? Talleyrand, den Sie schon genannt haben, und Wilhelm von Humboldt und Friedrich Gentz und ihresgleichen. Ich glaube, dass das Metier seitdem sehr herabgestiegen ist.“

      „Ja, herabgestiegen ist alles, und es steigt immer weiter nach unten. Das ist, was man neue Zeit nennt, immer weiter runter. Und mein Pastor, den Sie ja gestern abend kennengelernt haben, der behauptet sogar, das sei das Wahre, das sei das, was man Kultur nenne, dass immer weiter nach unten gestiegen würde. Die aristokratische Welt habe abgewirtschaftet, und nun komme die demokratische...“

      „Sonderbare Worte für einen Geistlichen“, sagte Rex, „für einen Mann, der doch die durch Gott gegebenen Ordnungen kennen sollte.“

      Dubslav lachte. „Ja, das bestreitet er Ihnen. Und ich muss bekennen, es hat manches für sich, trotzdem es mir nicht recht passt. Im übrigen, wir werden ihn, ich meine den Pastor, ja wohl noch beim zweiten Frühstück sehen, wo Sie dann Gesetzenheit nehmen können, sich mit ihm persönlich darüber auseinanderzusetzen; er liebt solche Gespräche, wie Sie wohl schon gemerkt haben, und hat eine kleine Lutherneigung, sich immer auf das jetzt übliche: ,Hier steh’ ich, ich kann nicht anders’ auszuspielen. Mitunter sieht es wirklich so aus, als ob wieder eine gewisse Märtyrerlust in die Men- schen gefahren wäre, bloss ich trau’ dem Frieden noch nicht so recht.“

      „Ich auch nicht“, bemerkte Rex, „meistens Renommisterei.“

      „Na, na“, sagte Czako. „Da hab’ ich doch noch diese letzten Tage von einem armen russischen Lehrer gelesen, der unter die Soldaten gesteckt wurde (sie haben da jetzt auch so was wie allgemeine Dienstpflicht), und dieser Mensch, der Lehrer, hat sich geweigert, eine Flinte loszuschiessen, weil das bloss Vorschule sei zu Mord und Totschlag, also ganz und gar gegen das fünfte Gebot. Und dieser Mensch ist sehr gequält worden, und zuletzt ist er gestorben. Wollen Sie das duch Renommisterei nennen?“

      „Gewiss will ich das.“

      „Herr von Rex“, sagte Dubslav, „sollten Sie dabei nicht zu weit gehen? Wenn sich’s ums Sterben handelt, da hört das Renommieren auf. Aber diese Sache, von der ich übrigens auch gehört habe, hat einen ganz andern Schlüssel. Das СКАЧАТЬ