Название: Das letzte Mahl
Автор: Harald Schneider
Издательство: Автор
Жанр: Триллеры
isbn: 9783839267844
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»Das ist für mich irrelevant«, plusterte sich KPD stimmlich auf. »Ich als VIP habe selbstredend eine Ausnahmegenehmigung. Fahren Sie direkt vor bis zum Eingang.«
Der Chauffeur seufzte und folgte der Aufforderung. Nachdem er die Lautsprecheranlage abgeschaltet hatte, meinte er mit einem Seitenblick zu mir: »Auch wenn der heutige Auftrag für mich leicht verdientes Geld ist, Herr Diefenbach ist einer meiner bisher schwierigsten Kunden. Nein, ich muss mich verbessern, er ist definitiv der schwierigste Kunde.«
»Ich weiß«, bestätigte ich seine treffende Einschätzung. »Steigt hier ein Fest?« Längst waren mir die vielen anderen Wagen aufgefallen und jede Menge Personen, die in festlicher Garderobe in Richtung eines der Hallenkomplexe liefen.
»Der Neubau wird heute eingeweiht. Wussten Sie das nicht?«
Ich hatte keine Ahnung. Was ich wusste, war, dass sich der Pfalzmarkt Mitte der 80er Jahre des vergangenen Jahrhunderts aus der Fusion von mehreren Vorläufergesellschaften gebildet hatte. Einer dieser Vorläufer befand sich früher in Schifferstadt schräg gegenüber dem Hauptbahnhof. Von meiner Grundschulzeit sind mir glücklicherweise nicht viele Erinnerungen geblieben, doch an den Wandertag zur Versteigerungshalle des Großmarkts konnte ich mich erinnern. Wir Knirpse saßen auf einer steilen Tribüne und schauten fasziniert auf die Versteigerungsuhr, die rückwärtslief. Wer beim höchsten Preis einen Knopf drückte, dem gehörte die Ware.
Der Chauffeur fluchte. »Ich werde direkt neben der Hallenwand parken, dort stört der Wagen hoffentlich nicht zu sehr. Macht es Ihnen etwas aus, über die Fahrerseite auszusteigen?«
Angesicht der blockierten Beifahrertür blieb mir nichts anderes übrig. Die körperliche Anstrengung hielt sich in Grenzen. Währenddessen befreite der Chauffeur KPD, der abwartete, bis ihm die Tür geöffnet wurde.
»Da ist ja das neue Prunkstück«, sagte er in Richtung Hallenwand, die an dieser Stelle wie eine gewöhnliche Hallenwand aussah. Dann blickte er mich scharf an. »Palzki, Sie bleiben, wie vereinbart, stets einige Schritte hinter mir. Falls Ihre Anwesenheit benötigt wird, gebe ich Ihnen ein Zeichen. Und versuchen Sie, mich nicht allzu sehr zu blamieren. Am besten reden Sie nur das Allernötigste.« KPD stiefelte in Richtung Eingang.
»Darf ich bitte Ihre Einladung sehen?«, fragte eine junge Frau am Eingang.
KPD stutzte für einen Moment. »Ja kennen Sie mich denn nicht, junges Fräulein? Ich bin doch der gute Dienststellenleiter der Schifferstadter Kriminalpolizei.«
»Nein«, entgegnete das Fräulein und deutete auf eine dicke Liste in ihrer Hand. »Schließlich kann ich nicht alle der vielen Gäste persönlich kennen. Ich bin nur eine Auszubildende. Sagen Sie mir bitte Ihren Namen, damit ich nachschauen kann, ob Sie reindürfen.«
KPD plusterte sich gefährlich auf. Da seine nächste Reaktion absehbar war, mischte ich mich deeskalierend ein. »Das ist Klaus P. Diefenbach, und ich bin sein Mitarbeiter Reiner Palzki.«
Die Auszubildende vertiefte sich in die Liste, und KPD verbesserte: »Untergebener. Palzki ist mein Untergebener.«
Mit einem Gesichtsausdruck, der ihren Frust deutlich zur Kenntnis brachte, nickte sie. »Sie dürfen rein. Die Eröffnungsansprachen beginnen erst in einer guten halben Stunde, da wir ein paar kleine Verzögerungen im Ablaufplan hatten. Der Weg zur Getränkebar ist ausgeschildert.«
KPD fand es überflüssig, sich zu bedanken. Er wischte sich eine Fussel vom Unterarm und stolzierte derart betont affig in die Halle, dass seine Orden wie ein verstimmtes Glockenspiel klimperten. Um ja nicht mit meinem Chef in Verbindung gebracht zu werden, hielt ich mich wie befohlen im Hintergrund. Alle paar Meter wurde KPD von jemandem begrüßt. Je nach Wichtigkeit der Person nickte er nur kurz oder wechselte ein paar Worte. Ich selbst war sehr darauf gespannt, wer meinem Chef nahegelegt hatte, mich zu dieser Feier mitzunehmen. Ich grübelte, welche Kontakte ich in der Vergangenheit zur Obst- und Gemüseszene hatte, doch mir fiel nichts Brauchbares ein. Ich fühlte mich an diesem Ort sehr fremd, zumal es überall streng nach den unterschiedlichsten vegetarischen Produkten roch. An manchen Stellen waren kleinere Getränkeausgaben installiert. Aufgrund der frühen Uhrzeit organisierte ich mir eine gut gekühlte Cola Zero.
»Das Buffet und die Grillecke werden direkt nach den Ansprachen eröffnet«, sagte mir die männliche Bedienung, als sie mir die Cola reichte. »Kleine Snacks gibt’s jetzt schon nebenan.«
Grillecke, dieses Wort weckte schlagartig meine Lebensgeister, bis mir einfiel, dass es sich in den letzten Jahren immer öfter eingebürgert hatte, zünftige Grillpartys durch das Braten von Gemüse abzuwerten. Dennoch, fand ich, wäre es der Hammer, wenn irgendwo auf dem Gelände das Currymobil der Gebrüder Schmidt stehen würde. Seit ein paar Jahren hatte meine geliebte Currysau aus Speyer einen mobilen Cateringservice. Jäh wurde ich aus meiner paradiesischen Traumkulisse gerissen.
»Palzki, kommen Sie mal zu mir.« KPD, der bei einem Mann mittleren Alters stand, winkte mich zu sich. »Das ist mein Untergebener Palzki«, sagte KPD. Ich gab seinem Gegenüber die Hand.
»Herzlich willkommen, mein Name ist Hans-Jörg Friedrich. Ich bin einer der beiden Vorstände des Pfalzmarkts.« Er sah zu KPD. »Warum haben Sie nicht Ihre Frau Gemahlin mitgebracht, Herr Diefenbach?«
Auf diese Frage war mein Chef nicht vorbereitet. »Weil, äh, ja«, stotterte er herum, bis er den verlorenen Faden wiedergefunden hatte. »Weil, sie ist unpässlich. Ja, leider unpässlich. Deswegen habe ich Palzki dabei.«
Friedrich nickte uns beiden freundlich zu. »Dann wünsche ich Ihnen bei uns einen schönen und informativen Vormittag. Ich hoffe, Sie fühlen sich wohl.«
Nachdem das Vorstandsmitglied wenige Meter weiter vom nächsten Gast in Beschlag genommen wurde, raunte mir KPD zu: »Ich habe eigentlich erwartet, dass ich etwas wichtiger wahrgenommen werde. Es ist schließlich brüskierend genug, dass ich nachher keine Rede vor allen Besuchern halten darf. Schauen wir mal, wo wir seinen Kollegen finden.«
Um KPDs Meckereien aus dem Weg zu gehen, vergrößerte ich erneut den Abstand zwischen uns. Das nächste Erlebnis entschädigte mich für die Demütigungen meines Chefs. Ein mir unbekannter Mann im Anzug lief an KPD vorbei und grüßte kurz. »Guten Tag.« Dies wäre nicht weiter von Belang gewesen, doch diese Person kam auch mir entgegen. Da wir uns nicht kannten, nickte er mir nur freundlich zu. In diesem Moment konnte ich sein Namensschild entziffern: »Reinhard Oerther, Vorstand«.
Meine Schadenfreude war unübersehbar, als ich KPDs finstere Mimik erblickte. Ich sah schon im Geiste, wie er heute Mittag bei seinem Hausarzt vorsprach und um eine Klinikpackung Antidepressiva bat. Diese Situation galt es auszuweiten. »Na, Herr Diefenbach, Sie sehen so gekränkt aus. Ist Ihnen nicht gut? Hat Sie Herr Oerther genau wie sein Kollege auflaufen lassen? Vielleicht gibt es tatsächlich noch die eine oder andere heute eingeladene Person, die wichtiger ist als Sie?«
»Ausgeschlossen«, schoss KPD zurück. »Ich als Zentralverantwortlicher für die Sicherheit in der Bevölkerung stehe stets an erster Stelle. Wahrscheinlich hat er nur nicht richtig hingeschaut und mich mit einem einfachen Gast verwechselt. Alles andere ist völlig ausgeschlossen. Ich hole mir jetzt ein Glas Sekt, dann gehen wir in die Halle, wo die Reden gehalten werden. Hoffentlich hat man mir in der ersten Reihe einen Platz reserviert.«
Ich versuchte weiter, in KPDs Ego-Wunde zu stochern. »Wer von den beiden Vorständen hat Ihnen eigentlich befohlen, dass ich mitkommen soll?«
KPD СКАЧАТЬ