Название: Nikolas Nickleby
Автор: Charles Dickens
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783961183111
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»Liebes Kind, laß deinen Onkel fortfahren!« ermahnte Mrs. Nickleby.
»Aber ich bin doch ganz Ohr, Mama«, erwiderte Kate.
»Gut, Kind, gut. Aber wenn du so ganz Ohr bist, so laß deinen Onkel doch ausreden«, eiferte Mrs. Nickleby. »Du weißt, die Zeit deines Onkels ist kostbar, mein Kind, und wie sehr es auch dein Wunsch sein mag, das Vergnügen, ihn bei uns zu sehen, zu verlängern, so dürfen wir doch nicht so selbstsüchtig sein und müssen in Erwägung ziehen, was für hochwichtige Geschäfte er in der City hat.« »Ich bin Ihnen sehr verbunden, Madam«, sagte Ralph mit einem mühsam unterdrückten Hohnlächeln. »Der Umstand, daß man in Ihrer Familie nicht an Geschäfte gewöhnt ist, führt, wie ich sehe, zu einer großen Verschwendung von Worten, so daß man, wenn einmal wirklich von einem Geschäft die Rede ist, gar nicht dazu kommen kann.«
»Ich fürchte, das ist nur zu wahr«; seufzte Mrs. Nickleby. »Ihr seliger Bruder –«
»Mein seliger Bruder«, fiel Ralph bissig ein, »hatte keine Ahnung von einem Geschäft. Ich glaube, er kannte nicht einmal die Bedeutung des Wortes.«
»Ich fürchte, Sie haben auch darin recht«, seufzte Mrs. Nickleby abermals und drückte ihr Schnupftuch an die Augen. »Hätte er mich nicht gehabt, ich wüßte nicht, was aus ihm geworden wäre.«
- - Der plumpe Köder, den Ralph bei der ersten Begegnung hingeworfen hatte, wirkte noch immer. Bei jeder kleinen Entbehrung und Unbequemlichkeit, die Mrs. Nickleby an ihre jetzt beschränkteren Lebensverhältnisse erinnerte, knüpfte sich für sie ein ihr die Laune vergällender Gedanke an ihre verlorenen tausend Pfund Mitgift. Und doch war sie nicht selbstsüchtiger als manche andere und hatte ihren Mann viele Jahre lang innig geliebt. So reizbar wird der Mensch durch plötzliche Verarmung. –
»Das Jammern hilft hier gar nichts, Madam«, sagte Ralph; »von allen nutzlosen Dingen ist das allernutzloseste, einem entschwundenen Tag eine Träne nachzuweinen.«
»Ja, ja, so ist es«, schluchzte Mrs. Nickleby, »so ist es.«
»Da Sie schon die Folgen des In-den-Tag-Hineinlebens an Ihrer eigenen Börse und Person so schwer empfinden, Madam«, fuhr Ralph fort, »so hoffe ich, Sie werden Ihren Kindern die Notwendigkeit einer rastlosen Tätigkeit um so mehr ans Herz legen?«
»Natürlich. Natürlich«, beteuerte Mrs. Nickleby. »Habe ich doch so traurige Erfahrungen gemacht. – Liebes Kind, führe das in deinem nächsten Brief an Nikolas so genau wie möglich aus, oder erinnere mich daran, wenn ich ihm schreibe.« Ralph schwieg eine Weile und fuhr dann, als er sah, daß er die Mutter soweit auf seiner Seite hatte, falls die Tochter gegen seinen Vorschlag etwas einzuwenden haben sollte, fort:
»Die Stelle – kurz und gut –, die ich für Kate ausgesucht habe, ist bei einer Putzmacherin.«
»Bei einer Putzmacherin!?!« rief Mrs. Nickleby.
»Bei einer Putzmacherin, Madam«, wiederholte Ralph. »Ich brauche einer Frau, die soviel Lebenserfahrung hat wie Sie, nicht erst zu sagen, daß Putzmacherinnen in London ein schönes Geld verdienen, sich Equipagen halten und es zu großem Reichtum bringen.«
Das Wort Putzmacherin hatte in Mrs. Nickleby zunächst Erinnerungen an gewisse geflochtene, mit Wachstaffet ausgelegte Weidenkörbe erweckt, die sie zuweilen in den Straßen hatte hin- und hertragen sehen, aber als Ralph fortfuhr, verschwand dieser Eindruck rasch und machte desto glänzenderen Bildern von großen Häusern im Westend, feinen Equipagen und Leibrenten Platz. Sie nickte daher freudig und gab, augenscheinlich sehr zufrieden, ihre Zustimmung zu erkennen.
»Was dein Onkel gesagt hat, ist vollkommen richtig, Kate«, erklärte sie ihrer Tochter. »Als ich kaum verheiratet war und mit deinem armen Vater nach London kam, erinnere ich mich noch recht gut, daß mir eine junge Dame einen Basthut mit weiß und grünem Besatz und grünem Seidenfutter in ihrem eigenen Wagen, der in vollem Galopp vorfuhr, ins Haus brachte. Ich weiß zwar nicht ganz bestimmt, ob es ihr eigener Wagen oder eine Droschke war, aber ich erinnere mich noch recht gut, daß das Pferd beim Umwenden tot niederfiel und daß dein armer Vater noch meinte, es hätte vierzehn Tage keinen Hafer zu fressen bekommen.«
So grell diese Reminiszenz die glänzende Lage der Londoner Putzmacherinnen beleuchtete, so schien sie doch keinen besonderen Anklang zu finden, denn Kate ließ den Kopf sinken, und Ralph legte unverkennbare Zeichen äußerster Ungeduld an den Tag.
»Die in Rede stehende Dame«, fiel er hastig ein, »heißt Mantalini. Madame Mantalini. Ich kenne sie. Sie wohnt unweit Cavendish Square. Wenn Ihre Tochter also geneigt ist, sich um die Stelle zu bewerben, so kann ich sie gleich hinführen.«
»Und du, hast du deinem Onkel nichts zu sagen, mein Kind?« fragte Mrs. Nickleby.
»Sogar sehr vieles«, versetzte Kate, »aber bitte, nicht jetzt; ich möchte lieber unter vier Augen mit ihm sprechen. Es wird ihm Zeit sparen, wenn ich ihm meinen Dank und das, was ich ihm zu eröffnen habe, auf dem Wege sage.«
Damit eilte sie, um die hervorbrechenden Tränen zu verbergen, mit der Entschuldigung hinaus, sie wolle sich zum Ausgehen ankleiden, während ihre Mutter Mr. Nickleby unter großer Gemütsbewegung mit der umständlichen Beschreibung eines Klaviers aus Rosenholz und einer Garnitur Sesseln mit gedrechselten Beinen und grünen Sitzpolstern unterhielt, die sie in den Tagen ihrer Wohlhabenheit besessen, wobei sie hervorhob, daß von letzteren jedes Stück zwei Pfund fünfzehn Schillinge gekostet habe und nichtsdestoweniger bei der Versteigerung fast um nichts weggegangen sei.
Diese Reminiszenzen wurden endlich durch Kates Rückkehr abgeschnitten, und Ralph, der während der ganzen Zeit ihrer Abwesenheit ärgerlich dagesessen hatte, verlor nun keinen Augenblick mehr und verließ mit ihr ohne viel Zeremonie das Haus.
»So, jetzt lauf, so schnell du kannst«, sagte er und reichte ihr den Arm, »du wirst dir damit den Schritt angewöhnen, den du von jetzt an jeden Morgen nötig haben wirst.«
Mit diesen Worten eilte er mit Kate nach Cavendish Square.
»Ich bin Ihnen für Ihre Güte wirklich sehr verbunden«, begann das junge Mädchen, nachdem sie eine Weile schweigend nebeneinanderher gegangen waren.
»Freut mich«, brummte Ralph, »ich hoffe, du wirst deine Pflicht gewissenhaft erfüllen.«
»Ich will mir alle Mühe geben, Onkel«, versicherte Kate, »wirklich, ich –«
»Fang nur nicht gleich wieder zu weinen an. Ich kann das ewige Geplärre nicht ausstehen.«
»Ich weiß, es ist töricht, lieber Onkel«, stotterte die arme Kate. »Ja, das ist es«, fiel ihr Ralph ins Wort, »und sehr affektiert obendrein. Verschone mich mit derartigen Komödien.«
Das war bestimmt nicht die rechte Art und Weise, die Tränen eines jungen und empfindsamen Mädchens zu trocknen, das im Begriff stand, eine ihm ganz neue Laufbahn unter kaltherzigen und teilnahmslosen Fremden zu betreten, aber der Zweck wurde dessenungeachtet erreicht. Kates Gesicht wurde blutrot, und ihre Brust arbeitete einige Minuten heftig. Dann aber schritt sie mit festerem und entschlossenerem Schritt weiter.
Es lag ein seltsamer Kontrast in dem Benehmen der beiden. Das furchtsame Landmädchen schlüpfte schüchtern durch das Gedränge und hielt sich fest an ihren Führer, fürchtend, ihn in den Volksmassen zu verlieren, während der ernste, eherne Geschäftsmann mürrisch seines Weges schritt, sich mit den Ellenbogen Bahn brach und hie und da den Gruß eines Vorübergehenden verdrossen erwiderte, der sich sichtlich überrascht nach seiner СКАЧАТЬ