Название: Guy de Maupassant – Gesammelte Werke
Автор: Guy de Maupassant
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Gesammelte Werke bei Null Papier
isbn: 9783962817695
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Der Abschied von Peuples, von all den liebgewordenen Stätten ihrer Jugend, den tausend Erinnerungen, den Gräbern ihrer Eltern, war entsetzlich traurig; aber Rosalie sorgte dafür, dass er sich schnell vollzog.
Seit zwei Monaten wohnten sie nun in Goderville. Ein Zimmer hatte Johanna reserviert, in dem sie im Geiste stets ihr »Paulchen« wohnen sah. Aber Paul kam nicht. Die Mutter flehte ihn an, zu ihr zu kommen, aber statt dessen traf ein Brief des Sohnes ein, worin er sie bat, in die Heirat mit seiner Geliebten zu willigen. Johanna war wie vom Schlage gerührt. Sie raffte sich auf und fuhr selbst nach Paris; mit Gewalt wollte sie Paul aus den Armen dieses Wesens reissen. Aber in Paris war keine Spur von ihm zu finden. Er hatte mit seiner Geliebten das Quartier verlassen, aus dem seine zahllosen Schulden ihn vertrieben. Enttäuscht und gebrochen kehrte sie nach Hause zurück. Ihr Leben war ihr zur Last geworden.
Endlich nach langer Zeit kam ein Brief von Paul. »Theure Mutter. Ein schweres Unglück hat mich betroffen. Meine Frau liegt im Tode nach der Geburt eines kleinen Mädchens. Ich habe kein Geld mehr, um ihnen Lebensmittel zu kaufen. Hab’ Erbarmen mit uns und hilf noch einmal,« las Johanna mit bebender Stimme. Diesmal fuhr Rosalie nach Paris. Nach drei Tagen kam sie wieder.
»Sie ist tot,« rief sie fast triumphierend, »hier ist das Kind. Morgen Abend trifft Herr Paul hier ein.«
»Paul, mein Kind!« rief die Mutter, allen Schmerz alles Leid vergessend. Und mit rasender Zärtlichkeit küsste sie das Enkelchen, das Kind ihres Paul.
»Halten Sie ein, Madame,« rief Rosalie, »es fängt schon an zu schreien.«
»Sehen Sie,« fügte sie dann hinzu, »das Leben ist nie so schön, aber auch nie so schlimm, als man glauben möchte.«
Paul’s Verhältnis
Das Restaurant Grillon, dieses Endziel aller Kahnfahrer, leerte sich langsam. Vor der Türe entstand ein Lärm von Schreien und lauten Rufen, und die großen Burschen in weißem Hemde gestikulierten heftig mit den Rudern, die sie auf den Schultern trugen.
Die Frauen in lichter Frühlings-Toilette, stiegen vorsichtig in die Boote, setzten sich ans Steuer und ordneten ihre Kleider, während der Besitzer des Etablissements, ein dicker Mann mit rötlichem Bart, dessen Stärke weit und breit bekannt war, den hübschen Kindern die Hand reichte, um ihnen beim Einsteigen behilflich zu sein.
Nun stiegen auch die Ruderer ein, mit blossen Armen und starkgewölbter offener Brust, eine Augenweide für die Zuschauer, die aus Spiessbürgern im Sonntagsstaat, aus Handwerkern und Soldaten bestand, welche an das Brückengeländer gelehnt, aufmerksam diesem Schauspiele zusahen.
Die Boote entfernten sich eins nach dem andren von der Landungsbrücke. Die Ruderer beugten sich im Takte vor- und rückwärts, und unter ihrem gleichmässigen langen Schlägen glitten die leichten Boote flüchtig über den Wasserspiegel dahin; sie entfernten sich mehr und mehr, wurden kleiner und kleiner, und verschwanden schliesslich unter der nächsten Eisenbahnbrücke, unterhalb deren das Café »Froschteich« lag.
Nur ein Paar war noch zurückgeblieben. Der junge, bleiche, fast noch bartlose, schmächtige Mann hatte seine Freundin, eine kleine, magere Brünette, mit den Bewegungen einer Heuschrecke um die Taille gefasst. Hin und wieder versenkten sich ihre Blicke tief ineinander.
»Vorwärts, Herr Paul! beeilen Sie sich,« rief der Wirt. Das junge Paar kam heran.
Von allen Gästen des Hauses war Herr Paul der beliebteste und angesehenste. Er bezahlte gut und pünktlich, während man den anderen oft lange auf die Taschen klopfen musste, wenn sie nicht unter Umständen ganz verschwanden, ohne überhaupt zu zahlen. Ferner bildete er für das Etablissement eine Art lebendige Reklame, denn sein Vater war Senator. Und wenn ein Fremder fragte: »Wer ist denn der junge Mann da, der so schön mit seiner Liebsten tut?« so antwortete einer der Stammgäste halblaut mit wichtiger geheimnisvoller Miene: »Das ist Paul Baron, Sie wissen schon, der Sohn des Senators.« Und ganz bestimmt konnte man darauf rechnen, dass der andere sagte: »Der arme Teufel! Er wird gründlich ausgezogen.«
Mutter Grillon, eine brave Frau, die ihr Geschäft verstand, nannte die beiden »ihre Turteltauben« und schien durch deren eigentümliche Vorliebe für ihr Haus sehr beglückt zu sein.
Das Paar näherte sich langsamen Schrittes; die Barke »Madeleine« lag bereit, aber in dem Augenblick, als sie einsteigen wollten, gaben sie sich noch einen Kuss, was unter dem Publikum auf der Brücke allgemeines Gelächter hervorrief.
Herr Paul griff zum Ruder und fuhr gleichfalls zum Café »Froschteich.«
Als sie ankamen, war es gerade drei Uhr, und das große Restaurant wimmelte von Menschen.
Das mächtige, mit einem auf hölzernen Säulen ruhenden Teerdache versehene Floss ist mit der herrlichen Insel von Croissy durch zwei Stege verbunden, von denen der eine mitten auf dieses Wasser-Etablissement zuführt, während der andere das äusserste Ende desselben mit einem winzigen Inselchen verbindet, auf welchem ein Baum gepflanzt ist und welches den Namen »Blumentopf« führt. Von da aus gelangt man zu den Bade-Kabinen.
Herr Paul legte mit seinem Boot an der Längsseite des Café’s an, erkletterte die Gallerie die ringsum läuft und zog seine СКАЧАТЬ