Guy de Maupassant – Gesammelte Werke. Guy de Maupassant
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Читать онлайн книгу Guy de Maupassant – Gesammelte Werke - Guy de Maupassant страница 189

Название: Guy de Maupassant – Gesammelte Werke

Автор: Guy de Maupassant

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Gesammelte Werke bei Null Papier

isbn: 9783962817695

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СКАЧАТЬ sie in je­der Fa­mi­lie von Ge­ne­ra­ti­on zu Ge­ne­ra­ti­on wan­dern und man­chen Häu­sern das Aus­se­hen ei­nes bunt zu­sam­men­ge­wür­fel­ten Mu­se­ums ver­lei­hen. Zu bei­den Sei­ten ei­ner mit glän­zen­der Bron­ze be­schla­ge­nen Kom­mo­de im Sti­le Lud­wigs XIV. stan­den zwei Ses­sel aus der Zeit Lud­wigs XV., noch in ih­ren blu­men­ge­stick­ten sei­de­nen Über­zü­gen. Ein Schreib­tisch aus Ro­sen­holz stand ge­gen­über dem Ka­min, auf wel­chem sich un­ter ei­nem Glas­sturz eine Uhr aus der Em­pi­re-Zeit be­fand.

      Es war dies ein bron­ze­ner Bie­nen­korb von vier Mar­mor­säu­len ge­tra­gen, die sich über ei­nem Gar­ten von ver­gol­de­ten Blu­men er­ho­ben. Ein zier­li­cher Per­pen­di­kel, der aus ei­nem schma­len Schlitz des Bie­nen­kor­bes her­aus­hing, trug an sei­nem Ende eine klei­ne Bie­ne mit email­lier­ten Flü­geln, die auf die­se Wei­se sich über den ver­gol­de­ten Blu­men hin und her be­weg­te. Das Zif­fer­blatt zeig­te sehr fei­ne Por­zel­lan­ma­le­rei.

      Jetzt schlug es 11 Uhr. Der Baron küss­te sei­ne Toch­ter und zog sich auf sein Zim­mer zu­rück. Jo­han­na be­dau­er­te, dass es schon Zeit war, schla­fen zu ge­hen; aber schliess­lich leg­te sie sich auch zu Bett.

      Mit ei­nem letz­ten Blick durch­flog sie das Zim­mer, dann lösch­te sie ihr Licht aus. Aber zur Lin­ken des Bet­tes, das nur mit dem Kop­fen­de an der Wand stand, be­fand sich ein Fens­ter, durch wel­ches das Mond­licht fiel und einen hel­len Strei­fen auf den Bo­den des Zim­mers bil­de­te.

      Klei­ne Re­fle­xe spie­gel­ten sich auf den Wän­den und um­schmei­chel­ten lei­se die Lie­bes­sze­ne zwi­schen Py­ra­mus und Thys­be.

      Durch das an­de­re Fens­ter ge­gen­über dem Fus­sen­de ge­wahr­te Jo­han­na einen großen Baum, des­sen Zwei­ge ganz von mil­dem Lich­te um­flos­sen wa­ren. Sie leg­te sich auf die Sei­te und schloss die Au­gen; aber nach ei­ni­gen Mi­nu­ten öff­ne­te sie die­sel­ben wie­der.

      Sie glaub­te noch das Rüt­teln des Wa­gens zu ver­spü­ren, des­sen Rol­len noch in ih­rem Kop­fe wi­der­hall­te. An­fangs rühr­te sie sich nicht, in der Hoff­nung, dann umso eher ein­zu­schla­fen; aber bald über­trug sich die Un­ru­he ih­res Geis­tes auch auf ih­ren Kör­per.

      Es zuck­te ihr in al­len Glie­dern; ihre Un­ru­he wuchs mit je­der Mi­nu­te. End­lich sprang sie auf und ging mit ih­ren blos­sen Füss­chen, nur mit dem lan­gen Nacht­hemd be­klei­det, wel­ches ihr das Aus­se­hen ei­ner Er­schei­nung gab, über den Licht­strei­fen hin­weg auf das Fens­ter zu. Sie öff­ne­te es und sah hin­aus.

      Die Nacht war so hell, dass man wie am lich­ten Tage se­hen konn­te. Das jun­ge Mäd­chen er­kann­te die gan­ze Ge­gend wie­der, die es schon als Kind so sehr ge­liebt hat­te.

      Da war zu­nächst ihr ge­gen­über ein weit­läu­fi­ger Ra­sen­platz, der bei dem Mond­lich­te wie gel­be But­ter aus­sah. An bei­den Ecken des­sel­ben vor dem Schlos­se streck­ten zwei rie­si­ge Bäu­me ihre Äste aus, rechts eine Pla­ta­ne und links eine Lin­de.

      Am an­de­ren Ende die­ses Tum­mel­plat­zes der Küs­ten­win­de be­fand sich ein Ge­büsch, wel­ches von fünf Rei­hen al­ter Ul­men ein­ge­fasst war. Die Stür­me vie­ler Jahr­zehn­te hat­ten ihre Wip­fel ge­schüt­telt, ihre Äste ge­knickt und ihre Stäm­me ge­krümmt, so­dass sie ihr Laub­werk wie ein Vor­dach zur Sei­te hän­gen lies­sen.

      Die­se Art Park war rechts und links von zwei aus mäch­ti­gen Pap­peln be­ste­hen­den Al­leen ein­ge­säumt; man nann­te sie im Dia­lekt der Nor­man­die »les peup­les«, wo­her auch der Name des Schlos­ses stamm­te. Sie trenn­ten die Woh­nun­gen der dort hau­sen­den bei­den Päch­ter­fa­mi­li­en Couil­lard und Mar­tin von­ein­an­der.

      Jen­seits die­ses Parks lag eine ge­räu­mi­ge un­be­bau­te Flä­che, in de­ren Ried­gras Tag und Nacht der See­wind spiel­te. Dann stieg plötz­lich die Küs­te auf, eine Hü­gel­ket­te von etwa hun­dert Me­ter Höhe, steil und kahl, de­ren Fuss von den Wo­gen des Mee­res um­spült wur­de.

      Jo­han­na be­merk­te ganz in der Fer­ne den lan­gen, glän­zen­den Strei­fen des Was­sers, wel­ches bei dem sanf­ten Mond­licht zu schlum­mern schi­en. In die­ser er­qui­cken­den Fri­sche der Nacht spür­te man dop­pelt den wür­zi­gen Hauch der Blü­ten und Kräu­ter. Der durch­drin­gen­de Duft des Jas­mins, wel­cher an den Fens­tern des Erd­ge­schos­ses rank­te, misch­te sich mit dem leich­ten Ge­ru­che des durch den gest­ri­gen Re­gen neu­er­quick­ten Lau­bes. Ein leich­ter Luft­zug trug von fern her die sal­zi­ge Aus­düns­tung des Mee­res und des See­gra­ses her­über.

      Das jun­ge Mäd­chen sog mit Won­ne die er­qui­cken­de Luft ein; die Ruhe der Na­tur wirk­te auf sie wie ein er­fri­schen­des Bad.

      Alle Tie­re, die mit dem Ein­bruch der Nacht zum Le­ben er­wa­chen und ihr Da­sein un­ter ih­rem Schut­ze fris­ten, er­füll­ten das stil­le Halb­dun­kel mit ih­rer ge­räusch­lo­sen Tä­tig­keit. Gro­ße Vö­gel, de­ren Schat­ten weit­hin auf die Erde fie­len, flo­gen ohne einen Schrei wie dunkle Fle­cken durch die Luft. Das Sum­men un­sicht­ba­rer In­sek­ten klang an Jo­han­nas Ohr; leich­tes Ra­scheln er­tön­te in dem dich­ten Gra­se oder auf dem San­de der ein­sam da­lie­gen­den Park­we­ge.

      Nur hin und wie­der ließ eine Krö­te ih­ren me­lan­cho­li­schen ein­för­mi­gen kur­z­en Ruf ver­neh­men.

      Jo­han­na fühl­te, wie ihr das Herz auf­ging, wie das stil­le ge­räusch­lo­se Le­ben die­ser Nacht in dem­sel­ben tau­send Be­gier­den er­weck­te. Der ei­gen­tüm­li­che Reiz die­ser schlum­mern­den und doch so be­leb­ten Na­tur um­fass­te alle ihre Sin­ne. Sie glaub­te über­mensch­li­che Lau­te zu ver­neh­men, sie hör­te ein Stam­meln von un­er­reich­ba­ren Wün­schen, das Rau­schen ei­nes un­be­kann­ten Glückes. Sie be­gann von Lie­be zu träu­men.

      Lie­be! Seit zwei Jah­ren hat­te sie mit stei­gen­der Furcht de­ren Na­hen ge­scheut. Jetzt hat­te sie das Recht zu lie­ben; sie brauch­te ihr nur zu be­geg­nen, die Lie­be.

      Wie wür­de »er« be­schaf­fen sein? Noch wuss­te sie es nicht recht und woll­te es auch ei­gent­lich nicht wis­sen. Er wür­de eben »er« sein. Das ge­nüg­te zu­nächst.

      Sie wuss­te nur, dass sie den­sel­ben von gan­zem Her­zen ver­eh­ren, dass sie ihm mit gan­zer See­le an­ge­hö­ren wür­de. Sie wür­den in Näch­ten wie die­se, beim Glanz der Ster­ne, zu­sam­men lust­wan­deln. Sie wür­den Hand in Hand, fest an­ein­an­der ge­schmiegt, da­hin­ge­hen, wür­den das Klop­fen ih­res Her­zens hö­ren, die Wär­me ih­res Kör­pers spü­ren, ihre zärt­li­chen Ge­füh­le mit den lieb­li­chen Düf­ten die­ser Nacht ver­schmel­zen und sich ganz dem won­ni­gen Ge­füh­le hin­ge­ben, eins zu sein in ih­rem Den­ken und Füh­len.

      Und das wür­de so fort und fort ge­hen in dem Rau­sche ei­ner un­zer­stör­ba­ren Lie­be.

      Plötz­lich schi­en es ihr, als ob sie »ihn« drü­ben be­merk­te; ein un­er­klär­li­cher wol­lüs­ti­ger Schau­er durch­rie­sel­te sie vom Kopf bis zu den Füs­sen. Sie press­te СКАЧАТЬ