Der Schreiberling. Patrick J. Grieser
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Der Schreiberling - Patrick J. Grieser страница 34

Название: Der Schreiberling

Автор: Patrick J. Grieser

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Der Primus

isbn: 9783947816040

isbn:

СКАЧАТЬ war wie eine blau glitzernde Wolke. Ganz sanft drang sie in den offenen Mund von Rainer Mehnert ein, als würde er den nebelartigen Odem seines Gegenübers aufsaugen. Er spürte Feuchtigkeit in seinem Mund. Dann veränderte sich etwas in seinem Körper. Er wusste nicht, was es war, aber etwas war plötzlich anders. Etwas in der Tiefe seiner Seele …

      Er kehrte in die Gegenwart zurück. Zunächst war alles verschwommen und undeutlich, dann kristallklar, als würde man die Auflösung in seiner Netzhaut hochfahren.

      »Ich … ich erinnere mich wieder!«, stammelte der Cowboy sichtlich überwältigt. Tränen benetzten seine staubige Haut. »Du bist Kelvin Smith!«

      »Ja, genau. Schön, dass du dich wieder erinnerst, Cowboy!«

      Kelvin Smiths Blick wanderte zu dem Pawnee, der immer noch in einiger Entfernung mit auf ihn gerichtetem Pfeil und Bogen stand. »Na, wenn das keine Rothaut ist«, sagte er und musste über seinen eigenen Witz lachen. Morgan Elroys Gesicht war zu Stein erstarrt.

      »Tu mir den Gefallen und lass mich mit diesem ehrenwerten Gentleman für einen Augenblick allein. Wir haben uns lange nicht mehr gesehen und es gibt viel zu erzählen!«

      »Du existierst zweimal!«, stellte Morgan Elroy mit Blick auf den Sarg fest. »Wie kann das sein? Bist du ein Geist?«

      »Ein Geist? Ach, wie einfach gestrickt ihr Rothäute doch seid!«

      »Allemann, alles in Ordnung mit dir? Was soll ich tun?«, richtete der Pawnee das Wort an den Cowboy.

      »Lass uns alleine«, sagte der Cowboy nach einem Moment der Stille. »Es ist alles okay. Wir sind nicht in Gefahr!«

      Langsam ließ Morgan Elroy den Bogen sinken.

      »Kehre am besten ins Lager zurück. Sag Jeremy Slater, dass ich nachkommen werde. Ich habe … ich habe einen alten Freund wiedergetroffen!«

      »Soll ich im Hof auf dich warten?«

      »Nein, alles gut! Geh ins Lager zurück! Sie werden sonst noch nach uns suchen!«

      Der Pawnee nickte wortlos und verschwand lautlos wie ein Schatten.

      Nach einem Moment des Schweigens trat Kelvin Smith vor den gläsernen Sarg und betrachtete den Toten, der eine identische Kopie von ihm war.

      »Was hat das alles zu bedeuten?«, fragte der Cowboy und gesellte sich zu ihm.

      »Du willst Antworten?«

      Der Cowboy nickte. »Ja … es gibt so viele Sachen, an die ich mich nicht mehr erinnere. Mein Gehirn fühlt sich wie ein matschiges Etwas an.« Er schloss die Augen und schüttelte den Kopf. »Ich weiß, dass da Erinnerungen sind, aber ich kann sie nicht fassen.«

      Kelvin Smith schwieg und starrte weiterhin in den Sarg.

      »Was ist passiert in jener Nacht?«, wollte der Cowboy wissen. »Sag es mir! Du bist mir eine Antwort schuldig!«

      »Hast du Epimetheus mittlerweile getroffen?«, fragte Kelvin Smith aus dem Nichts heraus.

      »Du meinst den Primus? Leonhard Hoyer?«

      »Du trägst seinen Geruch. Dein ganzer Körper stinkt nach dieser widerwärtigen Kreatur!«

      »Ich dachte eigentlich, dass ich nach Schweiß, Pferd und ungewaschenem Hodensack stinke! Aber wenn du meinst, ich trage sein Eau de Cologne, dann nehme ich das einfach mal als Kompliment auf.«

      »Wie bist du auf diese Welt gekommen?«

      »Hekate hat ein Portal geöffnet, das mich hierher gebracht hat.«

      »Ich spüre ihre Präsenz!« Kelvin Smith schloss für einen Moment die Augen und stieß einen zufriedenen Seufzer aus. »O ja, o ja … diese Wut kenne ich. Sie scheint noch eine Rechnung mit dir offen zu haben.«

      »Kann man wohl sagen! Aber, wer ist das?«, fragte der Cowboy mit Blick auf den Toten in dem Glassarg.

      »Das bin ich!« Kelvin Smith kämpfte zum ersten Mal um seine Beherrschung. Für einen ganz kurzen Augenblick war sein Gesicht vor Wut entstellt. Eine dämonische Fratze, die einen so starken Hass ausströmte, dass er fast stofflich spürbar war.

      »Wie ist das möglich? Der Kerl in der Kiste sieht tot aus!«

      »Er ist es aber nicht …«, sagte Kelvin Smith langsam.

      »Das verstehe ich nicht.«

      »Hast du eine Ahnung, wer ich bin?«

      »Ein Olympioi?«

      »Ich sehe, der Primus hat dich gut unterrichtet.«

      »Ich habe hier und da ein paar Sachen von ihm aufgeschnappt. Nicht der Rede wert. Der Typ war ein Freak!«

      Kelvin Smith wandte sich von dem Glassarg ab. Seine Wut war verschwunden. Er strich mit der einen Hand über den Ärmel seines Anzugs, weil sich dort etwas Staub festgesetzt hatte.

      »Es wird an der Zeit, dass wir offen miteinander reden, Cowboy«, meinte Smith und blickte zu der Freskomalerei hinauf, die ein Abbild seinesgleichen darstellte.

      »Ich bin ganz Ohr!«, sagte der Cowboy lakonisch.

      »Ich habe viele Namen und viele Geschichten. Kelvin Smith, Henry Luxemburg-Ligny, Chalid Dschafar, Stanislaw Faust … Ich war viele und werde viele sein«, erklärte er. Es entstand eine unangenehme Stille; der Cowboy wartete darauf, dass der Mann neben ihm fortfuhr.

      »Ich bin Thanatos«, sagte er schließlich mit schwerer Stimme.

      »Sollte mir das etwas sagen?«, fragte der Cowboy und zuckte hilflos mit den Schultern. »Sorry, griechische Geschichte war noch nie so mein Ding und wenn ich es mir recht überlege, kann ich die Griechen nicht mal leiden.«

      »Ich bin der Todestrieb. Der Gegenpol des Lebens. Mein Wunsch ist die Zerstörung. Die Rückkehr vom organischen in den anorganischen Zustand. Ich bringe die Vernichtung!«

      »Das hört sich aber nicht gut an«, erschrak der Cowboy und trat unsicher einen Schritt zurück.

      »Du brauchst keine Angst vor mir zu haben, denn in dir lebt ein Teil von mir. Du trägst eine Essenz des Todestriebes in dir«, sagte Kelvin Smith, wandte sich von dem Wandfresko ab und breitete die Hände aus.

      »Ich verstehe nicht …«

      »Erinnere dich an jene verheißungsvolle Nacht. Du hast deine Frau beim Fremdgehen erwischt. Du warst voller Wut und Verzweiflung. Ich kam zu dir und habe dir in deinem Leid geholfen. In jener Nacht ging ein kleiner Teil meiner Selbst in deinen Körper über.«

      »Die Essenz …«, flüsterte der Cowboy.

      Thanatos nickte eifrig. »Ganz genau!« Er legte dem Cowboy die Hand auf die Schulter, so wie es ein guter Freund tat. »Du bist einer meiner Avatare.«

      »Ein Avatar?«, echote der Cowboy ungläubig.

      »Ein körperliches Abbild meiner Selbst in den endlosen Weiten des Multiversums.«

      »Also СКАЧАТЬ