Der Schreiberling. Patrick J. Grieser
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Название: Der Schreiberling

Автор: Patrick J. Grieser

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Der Primus

isbn: 9783947816040

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       »Was siehst du noch?«

       »Ich sehe eine verdammte Hure …«

       »Das ist nicht alles!«

       »Was um Himmels willen soll ich denn noch sehen?«

      Der junge Mann lächelte. Seine stahlblauen Augen wirkten auf einmal unheimlich und gespenstisch.

       »Du willst wissen, was du da siehst?«

       »Ja!«

       »Du siehst den Tod von Rainer Mehnert.«

       »Was?«

       »In dieser Nacht ist Rainer Mehnert gestorben.«

      Entsetzt wich Rainer Mehnert zurück. Der Primus lachte laut auf, ein Lachen, das nichts Menschliches mehr an sich hatte. Es klang, als ob der Fürst der Finsternis persönlich in dessen drahtige Gestalt geschlüpft sei und über einen schmutzigen Witz lache.

      Rainer Mehnert torkelte aus der Tür. Dann wurde ihm schwarz vor Augen und das dämonische Gelächter verstummte.

      Für einen kurzen Moment lüftete sich der Schleier und der Cowboy kehrte in das Hier und Jetzt zurück: der Wilde Westen, der griechische Tempel, das Heiligtum im Herzen des Gebäudes. Verschwommen nahm er die Umrisse des Glassarges wahr. Neben ihm schien Morgan Elroy etwas zu sagen, doch die Worte waren verzerrt und undeutlich, als zöge jemand die Schallwellen mit einem Dirigentenstab in die Länge. Vor ihm leuchteten die teuflischen Augen des Fremden.

      »Warum zeigst du mir das? Ich habe dich nicht gesehen!«, sagte der Cowboy und seine Stimme klang ebenfalls seltsam verzerrt. Er hatte das Gefühl, im Zeitlupentempo zu sprechen.

      »Sieh genauer hin!«, erwiderte das feuerrote Gesicht vor ihm. Die Stimme war klar und deutlich. »Sieh genauer hin, Rainer Mehnert!«

      Rainer Mehnert rannte die Treppenstufen hinab und um ein Haar wäre er die letzten Stufen hinuntergestürzt. Tränen rannen unaufhaltsam über seine Wangen. Sein Gesichtsfeld schien sich zu verdichten, die Ränder wurden schwarz ausgeblendet. Ihm war, als habe ihm jemand eine Scheuklappe über den Kopfgezogen. Er rannte aus der Wohnung hinaus in die Nacht. Tränen liefen ungehindert über seine Wangen, schmeckten salzig auf den Lippen. Er hatte eine so große Wut im Bauch. Sie schien ihm förmlich die Luft zum Atmen zu nehmen. Diese Wut! Dieser unglaubliche Hass! Draußen im Freien lief er auf die Straße und sank schluchzend auf die Knie. Die Wut schien ihn zu übermannen. Er hatte das Gefühl, dass er jeden Augenblick explodieren musste. Verzweifelt schrie er seinen ganzen Hass, seine ganze negativ aufgestaute Energie in den Nachthimmel. Der verzweifelte Schrei eines gebrochenen Mannes. Sie hatte ihn betrogen. Die eigene Frau! Er schrie und schrie, bis ihm die Stimme versagte und nur noch krächzende Laute über seine Lippen kamen. In diesem Augenblick trat jemand neben ihn. Zuerst gewahrte er nur die blitzblanken Schnürschuhe aus glattem Leder, die sich in sein Sichtfeld schoben. Sein Blick wanderte nach oben. Ein Mann in einem feinen schwarzen Anzug stand vor ihm. Es war dunkel draußen, doch die Haut schien in einem rötlichen Licht zu leuchten.

      »Du scheinst dich gar nicht zu wundern!«, sagte der Fremde in Anspielung auf seine Hautfarbe.

       »Meine Frau fickt gerade einen anderen Kerl. Mich wundert im Moment gar nichts mehr …«

      Der seltsame Mann nickte verständnisvoll.

       »Ja, ich verstehe.«

       »Einen Scheiß tust du …«

       »O nein, Rainer Mehnert, ich verstehe dich sehr gut. Ich kann das Blut in deinen Adern singen hören. Dein Hass ist deutlich zu spüren. Ein Gedicht für jemanden wie mich, der ein wahrer Connoisseur negativer Emotionen ist.«

      Rainer Mehnert sackte zusammen und schluchzte hilflos. Eine Hand klopfte ihm aufmunternd auf die Schultern.

      »Mein Name ist Kelvin Smith«, stellte sich der Mann vor.

      »Ist mir egal, Arschloch!«, jammerte Rainer Mehnert am Boden zerstört.

       »Hör auf, ich kann dir helfen!«

       »Ich will meine Frau zurück … hörst du? ICH WILL MEINE SCHEISSFRAUZURÜCK!«

      Rainer Mehnert blickte wimmernd auf. Schlagartig verstummte er, als er die Augen seines Gegenübers sah. Er hatte das Gefühl, dass es ihm schwindlig werden würde.

       »So eine Frau willst du nicht mehr. Du bist für Größeres geschaffen. Ich gebe dir etwas viel Besseres.«

      »Und das wäre?«, fragte der gebrochene Mann vor ihm.

      »Ich gebe dir Rache!« Kelvin Smith entblößte zwei Reihen perfekter Zähne.

       »Was heißt das?«

       »Du wirst deine Rache bekommen«, meinte er und deutete auf das Wohnhaus. »Du kannst dir sicher sein, wir werden deiner Frau und ihrem Liebhaber eine ganz spezielle Überraschung bieten!«

      Unsicher blickte Rainer Mehnert zu seinem Haus. Im Schlafzimmer war es stockdunkel. Hinter den schweren Vorhängen konnte man nichts erkennen. Es wunderte ihn, dass die Nachbarn wegen seines Geschreis noch keine Polizei gerufen hatten.

       »Und was muss ich dafür tun?«

       »Darüber reden wir später, mein Freund!«

      »Ich will es dieser Schlampe heimzahlen! Und ihrem Scheißstecher auch! Die Fotze soll verrecken!«, schrie Rainer Mehnert und die unbändige Wut stieg wieder in ihm auf. Sie drohte, ihn zu übermannen und wie eine gewaltige Tsunamiwelle fortzuspülen.

      »Dann haben wir einen Deal?« Und wieder zeigte er dieses Grinsen mit den perlweißen Zähnen.

      »Deal!«, schrie Rainer Mehnert.

      Kelvin Smith streckte ihm die Hand hin. Und er schüttelte sie. Die Hand fühlte sich eigenartig warm an, als stünde der Mann unter Fieber.

      »Halt einen Moment still!«, forderte ihn Smith auf.

       »Warum?«

       »Weil ich dir jetzt eine Essenz von mir gebe!«

       »Eine was?«

      »Einen Teil von mir!«, erwiderte Smith und seine Stimme fühlte sich auf einmal sehr liebkosend an. Die roten Hände ergriffen seinen Kopf, um ihn zu fixieren.

      »Was hast du vor?«, fragte Rainer Mehnert ängstlich. Der Griff von Smith war fest.

       »Öffne den Mund!«

       »Lass mich los!«

       »ÖFFNE DEINEN MUND!«

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