Название: Fremdsprachenunterricht aus Schülersicht
Автор: Julia Fritz
Издательство: Bookwire
Жанр: Документальная литература
Серия: Giessener Beiträge zur Fremdsprachendidaktik
isbn: 9783823302254
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Schülerinnen und Schüler aus Klassen, die angaben, im Unterricht auch Kontakte zu Menschen aufgenommen zu haben, welche die Zielsprache sprechen, äusserten – bei Kontrolle des Anfangsniveaus – am Ende des Jahres ein signifikant geringeres Interesse am Fach im Vergleich mit Schülerinnen und Schülern, in deren Unterricht diese fachdidaktische Strategie eine geringere Rolle spielte. (Niggli et al. 2007:495)
Mögliche Gründe liegen für die Autoren in dem u.U. zu hohen Komplexitätsgrad bei der Durchführung von Austauschkontakten sowie dem Streben der Jugendlichen nach selbstbestimmt bzw. autonom hergestellten sozialen Kontakten statt durch Lehrkräfte gesteuerten kommunikativen Beziehungen. Als erwartungswidrig erwies sich ebenso der Effekt des Arbeitens mit authentischen, lebensnahen Medien und Materialien im Fremdsprachenunterricht, was auf eine mangelhafte Passung mit dem Lernniveau der SchülerInnen zurückgeführt wird (vgl. ebd.: 495f.).
Obwohl die zu geringe Anwendungsorientierung des Englischunterrichts von Lernenden häufig auch bemängelt wird (vgl. Zydatis 2007:136), bleiben Französisch und Spanisch aus Sicht der Lernenden hinter dem Englischen zurück, wenn es um die Nützlichkeit von (Fremd‑)Sprachen geht (vgl. u.a. Beckmann 2016:350). Aufgrund seiner höheren Sprecherzahlen und seiner Präsenz im Alltag wird der Beherrschung der englischen Sprache der größte Stellenwert zugeschrieben (vgl. Macht & Schröder 1976:287; Kallenbach 1996:169ff.; Beckmann 2016:235)2, was dazu führt, dass eine Mehrzahl von SchülerInnen das Erlernen der englischen Sprache der französischen vorzieht (vgl. Düwell 1979:134f.; Meißner et al. 2008:105). Meißner et al. kommen gar zu dem Schluss, dass Englisch vor diesem Hintergrund „nicht länger mehr als eine (normale) Fremdsprache unter anderen gelten kann“ (2008:160). Knapp 84 % der befragten Studierenden sprechen sich in der Untersuchung von Burk et al. (2001:123) für das Englische als schulische Eingangsfremdsprache aus; nur 3,7 % würden Französisch als erste Fremdsprache bevorzugen. Doch auch wenn die Lernenden Englisch favorisieren und es nicht für realistisch halten, „dass alle EU-Bürger zwei Fremdsprachen lernen und die gewünschte Mehrsprachigkeit aktiv leben“ (Gnutzmann et al. 2012:81), geht die Überzeugung einer lingua franca Englisch nicht so weit, dass diese für sie als alleinige Verkehrssprache in Europa vorstellbar wäre.
SchülerInnen, die das Fach Französisch gegenüber Englisch bevorzugen, geben dafür als häufigsten Grund an, dass ihnen die Sprache besser gefalle bzw. schöner sei (vgl. Düwell 1979:136). Die ästhetische Dimension zählt also in der Wahrnehmung der Lernenden zu den positiv hervorzuhebenden Aspekten der französischen Sprache (vgl. u.a. Macht & Schröder 1976:288; Schumann & Poggel 2008:117; Caspari 2005:12; Venus 2017a: 131). Die Auffassung, dass es sich beim Französischen um eine schöne Sprache handelt, deren Klang die Lernenden mögen, nimmt offenbar im Verlauf der Sekundarstufe I sogar noch zu (vgl. Hermann-Brennecke & Candelier 1993:249; Bittner 2003:344). Insgesamt scheinen die romanischen Sprachen bei SchülerInnen gegenüber dem Englischen, dessen Aussprache eher als trocken wahrgenommen wird, in diesem Punkt positiver abzuschneiden (vgl. Kallenbach 1996:168).
3.3.6 Der Einfluss des Geschlechts auf die Wahrnehmung von Fremdsprachenlernen und Fremdsprachenunterricht
Verschiedene allgemeinpädagogische Studien kommen bei einem geschlechterbezogenen Vergleich der Lernerperspektive zu dem Ergebnis, dass es in Bezug auf die Unterrichtswahrnehmung insgesamt weniger Unterschiede als Gemeinsamkeiten zwischen Jungen und Mädchen gibt (vgl. u.a. Haecker & Werres 1983:69; Bocka 2003:179), sodass „das Urteil über die Schule nicht von der Geschlechtszugehörigkeit abhängig zu sein“ (Czerwenka et al. 1990:198) scheint. Und obwohl hinsichtlich der Frage, ob das Geschlecht beim Fremdsprachenlernen einen Einfluss hat, die überproportional hohen Abwahlzahlen der Jungen eine eindeutige Sprache zu sprechen scheinen, bestätigen sich die vermeintlichen Unterschiede zwischen Jungen und Mädchen in Bezug auf die Wahrnehmung von Fremdsprachenlernen und ‑unterricht nicht zwangsläufig.1
Beispielsweise wird in der Untersuchung von Kallenbach (1996:192) das Geschlecht als Einflussfaktor seitens der Befragten nur zweimal erwähnt, was darauf hindeutet, dass es für die Lernenden keine besondere Relevanz für das eigene Fremdsprachenlernen besitzt. Auch die Forderung nach einem geschlechterdifferenzierenden Fremdsprachenunterricht, in dem „Jungenthemen“ gleichermaßen Berücksichtigung finden wie „Mädchenthemen“ (vgl. z.B. Schoolmann-Dogan 2007; Bonin 2009), ist zu überdenken, wenn man die Ergebnisse der Studie von Apelt und Koernig betrachtet, nach denen die Interessen und Vorlieben von Jungen und Mädchen gleichermaßen vielgestaltig und geschlechtsunspezifisch sind:
Auch wenn ein Großteil der „Mädchen-Themen“ einen allgemein sensibleren, emotionaleren Charakter zu tragen scheint, und trotz des erwartungsgemäßen ersten Ranges bei den „Jungen-Themen“ [Computer/Technik, Anm.d. Verf.], darf nicht übersehen werden, daß es im Prinzip (mit geringen Abweichungen) die gleichen Themen sind, die den Jungen und Mädchen besondere Freude bereiten. (Apelt & Koernig 1994a: 167)
Signifikante Unterschiede zwischen Jungen und Mädchen stellt Düwell (1979:209) nicht über die gesamte Stichprobe hinweg fest, sondern lediglich im Bereich der instrumentellen Motivation in der achten Jahrgangsstufe der Gesamtschule, sodass diese nicht durch die Geschlechtszugehörigkeit allein erklärbar sind. Und auch wenn Mädchen sprachliche Fächer im Allgemeinen (vgl. Sambanis 2009:10) und Französisch im Besonderen eher zu bevorzugen scheinen, ihre Leistungsbereitschaft höher einschätzen (vgl. Holder 2005:299) und sie im Rahmen der MES-Studie (vgl. Meißner et al. 2008:150) in jeder der untersuchten Zonen eine positivere Einstellung zum Fremdsprachenlernen aufweisen als ihre männlichen Altersgenossen, ist zu vermuten, dass sich diese Unterschiede möglicherweise mit zunehmendem Alter der Lernenden relativieren. So zeigt die Untersuchung von Beckmann, dass das Geschlecht in der Oberstufe keinen signifikanten Einfluss auf die Einstellung zum Erlernen der Fremdsprache, die instrumentellen oder integrativen Orientierungen2 sowie die Zielsetzungskompetenz der SchülerInnen hat (vgl. Beckmann 2016:316).
Fuchs, die die geschlechterspezifische Wahrnehmung des Faches Englisch untersucht, kommt zu dem Ergebnis, dass sich Unterschiede zwischen den Sichtweisen der Jungen und Mädchen nicht oder nur mit sehr geringen Effektstärken nachweisen lassen (vgl. Fuchs 2013:326). Sowohl in Bezug auf die wahrgenommene Schwierigkeit als auch Abwechslung im Englischunterricht unterscheiden sich Jungen und Mädchen nicht. Geschlechtsbezogene Unterschiede zeigten sich nur bei den bevorzugten Sozialformen. Während die Mädchen eher kooperative Arbeitsformen präferieren, mögen die Jungen vor allem wettbewerbsorientierte Lernarrangements (vgl. ebd.: 322). Die Ergebnisse von Fuchs zeigen auch, dass Jungen sich im Vergleich zu Mädchen im Englischunterricht kompetenter wahrnehmen, und bestätigen damit die Befunde von Holder (2005:298). Unterschiede zwischen den Fremdsprachen bestehen insofern, als es im Französischunterricht die Mädchen sind, die über höhere Fähigkeitsselbstkonzepte verfügen. Während Fuchs und Holder dem Englischunterricht die gleiche Attraktivität für Jungen wie Mädchen bescheinigen, widerlegt Heinzmann (2009) in ihrer Studie mit Schweizer Grundschülern diese Geschlechtsneutralität. Bereits nach acht bis neun Monaten zeigten sich die Mädchen signifikant motivierter im Fach Englisch: „In sum, the girls enjoy their English lessons more, they feel less overburdened and less anxious to make mistakes, they learn English because they enjoy hearing or speaking it more so than the boys and they expend more effort.“ (ebd.: 28)
Dass vor allem die Wahrnehmung des Sprachenfaches Französisch von Geschlechterstereotypen geprägt ist, zeigen die Untersuchungen von Christ (1996) sowie auf internationaler Ebene3 Williams et al. (2002). Denn was, so Fuchs (2013:319f.), СКАЧАТЬ