Landsby. Christine Millman
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Название: Landsby

Автор: Christine Millman

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Landsby

isbn: 9783947634927

isbn:

СКАЧАТЬ Welt, ob wir das wollen oder nicht. In der Außenwelt findest du sie hinter jedem Stein.«

      Ich begutachte eine gelb und schwarz leuchtende Spinne mit dürren Beinen und einem geschwollenen Leib, die ich noch nie zuvor gesehen habe. »Wir leben aber nicht in der Außenwelt.«

      Er nimmt die Linsen aus meiner Hand, verstaut sie in einem Regal und sinkt auf einen Stuhl, als wäre er plötzlich zu schwach, um länger zu stehen. Er wirkt zerbrechlich und deutet müde auf den Stuhl gegenüber. Seine Finger sind dürr wie Spinnenbeine. »Ich habe von dir gehört.«

      Ich setze mich. »Wirklich? Von wem?«

      Er zuckt mit den Schultern. »Die Leute reden. Leider auch über Dinge, die ich gar nicht hören will.«

      »Dann wissen Sie sicher auch, dass ich am Programm teilnehmen werde«, wage ich mich vor. »Aber ich will das nicht.«

      Fabio seufzt tief. »Ob du es willst oder nicht, du musst.«

      »Warum? Was geschieht, wenn ich mich weigere?«

      Er lacht. Es klingt bitter. »Dies ist die Kolonie, Jule. Hier gibt es kein freiwillig, auch wenn es auf den ersten Blick so scheint. Sie erzählen dir etwas von Ehre, stecken dir ein lächerliches Abzeichen an und tun so, als warte ein Leben im Überfluss auf dich, aber über den Preis sprechen sie nie.«

      Unwillkürlich denke ich an meinen Vater und frage mich, wie viel er darüber weiß. Ob er eine Vorstellung davon hat, was die Teilnahme am Programm für eine Frau bedeutet. Wahrscheinlich kümmert es ihn nicht. Er denkt nur an seinen Job, an seine Soldaten, die ihn verehren, ganz im Gegensatz zu mir. »Ist Ihre Tochter deshalb ausgewiesen worden? Weil sie das Programm vorzeitig beenden wollte?«

      Schmerz huscht über Fabios Gesicht. »Mir wurde verboten, darüber zu sprechen. Alles, was ich dir sagen kann, ist, dass das Programm schreckliche Opfer von dir fordert. Opfer, die du im Augenblick noch nicht ermessen kannst.«

      »Warum? Was ist schon dabei, Kinder zu gebären? Mein Vater hält das für nicht besonders schwer. Er sagt, sie werden gut für mich sorgen.« Ich blicke ihn flehend an, hoffe auf ein paar aufmunternde Worte. Dass es nicht so schlimm werden wird. Dass Kinderkriegen ein Klacks ist. Oder dass die Außenwelt ein wunderschöner Ort ist. Hart klopft mein Herz in meiner Brust.

      Meine Hoffnung ist vergebens. Fabio schließt die Augen und reibt über seine Stirn als hätte er Kopfschmerzen. Wie einen losen Überwurf schiebt er die zerfurchte Haut über den Schädel. »Ich hätte dich nicht hereinlassen dürfen.«

      Meinen Vater zu erwähnen war ein Fehler gewesen. Wer legt sich freiwillig mit dem Kommandanten an? Ich strecke meine Hand über den Tisch, berühre seinen Arm, lege alles was ich habe in meinen Blick. Seine Haut fühlt sich heiß und trocken an. »Bitte.«

      Er reißt die Augen auf. »Weißt du, wie ich es geschafft habe, dass sie mich wieder reinlassen?«

      Ich schüttle den Kopf, verwirrt von dem plötzlichen Themenwechsel. Er steht auf und hebt sein fadenscheiniges Hemd. Auf seiner rechten Körperhälfte zieht sich vom Rücken über die Flanke eine wulstige, rote Narbe.

      Mit dem Zeigefinger fährt er sie nach. »Das war der Preis, den ich zahlen musste.«

      »Ich verstehe nicht«, sage ich.

      Das Hemd sinkt zurück, bedeckt seinen bleichen Bauch. »Wir sind nur Drohnen in einem gut organisierten Bienenstaat. Der Einzelne zählt nichts, es sei denn, er befindet sich an der Spitze der Nahrungskette. Und für diese Führungselite gibt die Arbeiterbiene alles, sogar ein Organ. Das wird von ihr erwartet.«

      Ich bin nicht sicher, ob ich ihn richtig verstehe. »Haben Sie etwa eine Niere gespendet?«

      Fabio nickt. »Du musst jetzt gehen.«

      Mein Magen krampft sich zusammen. »Sie haben mir noch keine Antworten gegeben.«

      Zuerst sieht es so aus, als würde er nichts mehr sagen und ich überlege, ob ich mich weigern soll, zu gehen. Ein Sack Linsen sollte zumindest eine klare Antwort wert sein.

      »Zehn Jahre lang musst du dich befruchten lassen«, sagt er schließlich. Das ist keine Frage, sondern eine Feststellung.

      Ich nicke stumm.

      »Du wirst oft schwanger werden und du wirst einige Kinder gebären. Doch nicht jedes Kind ist lebensfähig«, erklärt er so leise, dass ich mich anstrengen muss, um ihn zu verstehen. Seine Augen glänzen feucht. »In Wahrheit überleben nur sehr Wenige. Sie pfuschen an ihrem Erbgut herum, weißt du.«

      Ich schlucke trocken. »Warum?«

      Fabios Miene verdüstert sich. »Weil sie es können.«

      Damit öffnet er die Tür und bedeutet mir, zu gehen. Ich bin zu perplex, um etwas zu entgegnen. Zögerlich erhebe ich mich. An der Tür halte ich noch einmal inne. »Was ist mit der Außenwelt? Wie ist es da draußen? Gibt es Dörfer oder Siedlungen?«

      »Die gibt es, aber nur Wenige. Hauptsächlich triffst du auf Mutanten oder Wilde, die jeden Sinn für zivilisiertes Verhalten verloren haben.«

      »Sind sie gefährlich?«

      Er zuckt mit den Schultern. »Manche.« Mit sanftem Druck schiebt er mich zur Tür hinaus und knallt sie hinter mir zu. Staub und Putz rieseln den Türrahmen hinab. Ich stehe da wie ein begossener Pudel, verwirrt und benommen.

      Fabio hat meine Fragen nicht beantwortet, nur neue Fragen aufgeworfen.

      5

      Meine Geburtstagsfeier findet auf dem Gelände vor unserem Haus statt. Der Rat hat ein Schwein gespendet, das vor dem Häuserblock über einem Feuer brät. Der Duft zieht selbst diejenigen an, die noch nicht von meiner Teilnahme am Programm gehört haben. Alle, die Essbares entbehren können und sich bei meinem Vater einschleimen wollen, steuern etwas zum Festmahl bei, indem sie selbstgebackenes Brot mitbringen oder Maiskolben. Außerdem hat mein Vater stark gesüßten Palmschnaps und Kartoffeln besorgt. Ich stehe mit hängenden Armen da in meinem roten Kleid und komme mir komplett fehl am Platz vor, wie ein Mutant inmitten von Unversehrten. Ständig reicht mir jemand die Hand oder rubbelt über meine Schulter und lobt meinen Einsatz für die Kolonie. Ich spiele die wohlerzogene Tochter, indem ich lächle und mich für die guten Wünsche bedanke, während ich unauffällig nach einer Fluchtmöglichkeit suche. Endlich kommt Manja. Sie wirkt blass und übernächtigt und fühlt sich offensichtlich ebenso unwohl wie ich.

      »Wo ist Paul?«, frage ich.

      »Er schafft es nicht«, raunt sie mir zu, »ich soll dir ausrichten, dass er bei sich zuhause auf dich wartet.«

      Ihr Blick sagt mir, dass sie weiß, was zwischen Paul und mir läuft, und zwar nicht erst seit heute.

      »Hast du Hunger?«, frage ich, um abzulenken.

      Sie deutet auf die Becher mit dem Palmenschnaps. »Eher Durst.«

      Gemeinsam machen wir uns über den Alkohol her, bis mein Vater an mich herantritt und mich ermahnt, nicht so viel zu trinken, damit ich bei der offiziellen Ehrung nicht betrunken bin und außerdem demonstriere, dass ich auf meinen Körper achte. Wie auf Kommando erscheint General Albert, was die Stimmung der Leute gewaltig dämpft. Dabei wirkt СКАЧАТЬ