Landsby. Christine Millman
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Landsby - Christine Millman страница 14

Название: Landsby

Автор: Christine Millman

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Landsby

isbn: 9783947634927

isbn:

СКАЧАТЬ style="font-size:15px;">      Ich schnaube. Im einem hat er recht. Mein Verhalten ist kindisch, doch das alles halb so wild ist, das kann er mir nicht erzählen. »Warum bist du plötzlich so freundlich?«, stoße ich hervor.

      »Tut mir leid. Vorhin war ich müde.«

      Das halte ich für eine Lüge. Bestimmt hat ihm jemand ins Gewissen geredet.

      »Hier sind alle sehr nett«, fährt er fort, »ehrlich. Gib ihnen eine Chance. Einschließen kannst du dich immer noch.«

      Ich beschließe, mein Selbstmitleid eine Weile zur Seite zu schieben. Seufzend fahre ich durch meine Haare, rutsche vom Bett und öffne die Tür. Samuel grinst mich an und entblößt dabei eine Reihe makelloser Zähne, die aussehen als wären sie mit Bleichmittel behandelt worden. Mit seinen vollen Lippen und der schmalen Nase wäre er ein hübsches Mädchen geworden. Obwohl er höchstens zwei oder drei Jahre älter ist als ich, habe ich ihn nie in der Schule gesehen. Kurz überlege ich, wie lange das Programm bereits existiert. Kann es sein, dass sowohl die Soldaten als auch Samuel Ergebnisse der künstlichen Befruchtungen sind? Wenn ja, wo leben sie und wo werden sie unterrichtet?

      »Bist du hier geboren?«, frage ich ihn, während ich ihm den Gang entlang zum Essenssaal folge.

      Er wirft einen Blick über die Schulter, wie um sich zu vergewissern, dass niemand hinter uns ist. »Was meinst du mit hier? Die Kolonie?«

      Ich schüttle den Kopf. »Ich meine hier im medizinischen Zentrum.«

      »Du willst wissen, ob ich das Ergebnis einer künstlichen Befruchtung bin?«

      Ich nicke. Mittlerweile haben wir den Eingang zur Kantine erreicht. Vor der Tür hält Samuel inne und fixiert mich. »Das bin ich. Ist das ein Problem für dich?«

      »Natürlich nicht«, beeile ich mich zu versichern. »Es ist nur komisch, weil ich mir nie darüber Gedanken gemacht habe. Die Menschen in der Kolonie wissen von dem Programm aber niemand fragt nach den Kindern. Mein Vater hat mir erzählt, dass sie eine besondere Ausbildung erhalten und erst später in die Gesellschaft integriert werden.«

      Samuel wirft einen Blick in die Runde. Er möchte etwas sagen, das merke ich, doch bevor er sich dazu entschließt, schlurft eine hochschwangere Frau mit strähnigen, schwarzen Haaren an uns vorbei. Aufgrund ihres Bauchumfangs und ihres leicht nach hinten geneigten Watschelgangs schließe ich auf eine baldige Entbindung. Auf ihrer Nase glänzen Schweißperlen und sie sieht müde aus, worüber auch ihr Lächeln nicht hinwegtäuschen kann. »Hey Sam.«

      Samuel tätschelt ihr aufmunternd die Schulter und deutet auf mich. »Hey. Nasha, das ist die Neue. Jule.«

      Nashas Lächeln und der Blick, mit dem sie mich mustert, wirken abwesend und ein wenig dümmlich auf mich und ich verspüre einen jähen Widerwillen, mit ihr zu kommunizieren. Sie behält ihr Dauerlächeln bei, während sie mich mit einem »Herzlich willkommen« begrüßt.

      Meine Antwort ist ein Kopfnicken und ein unartikuliertes Brummen, das sie mit viel Fantasie als danke interpretieren kann.

      Nasha reibt sich über den Bauch und nickt Richtung Essensausgabe. »Heute gibt es Rindfleisch. Extra für die Schwangeren.«

      Aha. Darüber soll ich mich wohl freuen. Fleisch, vor allem Rindfleisch gibt es in der Kolonie selten. Nach dem Schwein vom Vortag ist mein Fleischbedarf jedoch gedeckt und meine Gemütsfassung lässt sowieso keine Freude oder Appetit zu. Mit einem Lächeln versuche ich, die mangelnde Begeisterung zu überspielen.

      Samuel führt mich durch den Raum zur Essensausgabe, die aus zwei Klapptischen besteht, auf denen große, rechteckige Edelstahlbehälter stehen. Ein Mitarbeiter schöpft den Eintopf in Schalen und reicht dunkles Brot dazu. Echtes Brot aus Roggen. Da Getreide in der Kolonie nicht gut gedeiht, ist das sowas wie eine Delikatesse. Schweigend nehme ich meine Portion entgegen und folge Samuel zu einem freien Tisch. Dabei versuche ich, niemanden direkt anzusehen, weil ich gar nicht wissen will, ob ich jemanden kenne. Zwar werde ich nicht angestarrt, dennoch fühle ich mich beobachtet. Das Gefühl ist unangenehm und so intensiv, dass ich meinen Blick unauffällig durch den Raum schweifen lasse. An der Decke, in der rechten oberen Ecke entdecke ich eine Dome Kamera. Von meinem Vater weiß ich, dass mit diesem Kameratyp auch das Außengelände vor der Mauer überwacht wird, inklusive Seuchenzentrum und Vorratsspeicher. Aber warum wird der Speisesaal überwacht? Außer einem Dutzend Frauen in allen möglichen Schwangerschaftsstadien und einigen Mitarbeitern ist hier nichts los.

      Zu meinem Leidwesen gesellt sich Nasha zu uns. Ihr Ächzen und Keuchen zerrt an meinen Nerven. Kurzatmigkeit im letzten Schwangerschaftsdrittel ist sicher nichts Ungewöhnliches, erinnert mich jedoch daran, was mich erwartet. Ich bin gerade mal achtzehn, habe erst ein paar Mal mit einem Jungen geschlafen, und bevor ich herausfinden konnte, was ich eigentlich will, wurde mir der freie Wille genommen. Jetzt bin ich nur noch eine Probandin im Reproduktionsprogramm der Kolonie. Oder eine Heldin, wie General Albert es nennen würde. Es ist zum Heulen.

      Nasha faselt über das Wetter. Das irritiert mich. Was gibt es schon über das Wetter zu sagen, außer dass es heiß und trocken ist und manchmal auch trocken und heiß? Ich rolle mit den Augen und beuge mich tiefer über meinen Teller, damit Nasha nicht merkt, wie genervt ich bin. Mehr denn je vermisse ich Manja. Ich vermisse sie so sehr, dass es wehtut.

      »Schmeckt es dir?«

      Es dauert einen Augenblick, bis ich kapiere, dass Samuel mit mir redet, und einen weiteren, bis ich sagen kann, wie der Eintopf schmeckt. Bisher habe ich ihn nur stumpf in mich reingeschaufelt. Das Fleisch ist weich gekocht, sodass es im Mund zerfällt, leider auch das Gemüse.

      »Hm, ja, ist okay«, sage ich.

      Samuel stützt den Kopf auf die Hände und beäugt mich. Ich erwidere seinen Blick ungerührt. Gegen den Blick meines Vaters stellt seiner keine große Herausforderung dar. Plötzlich lacht er, präsentiert seine strahlend weißen Zähne, zwischen denen nicht eine einzige Linse haftet.

      »Ich glaube, wir beide werden uns gut verstehen«, meint er.

      Ich bin verdutzt. Wenn er sich da mal nicht irrt.

      Jeden Morgen hält Oberst Weiß eine Ansprache in der Kantine, in der er uns für unsere Tapferkeit lobt und uns dazu animiert, die Abzeichen zu tragen, die uns verliehen worden sind. Da sich die salbungsvollen Worte rasch abnutzen und ihm niemand wirklich zuhört, finde ich das überflüssig und bescheuert. Abends treffen sich die Probandinnen im Gemeinschaftsraum, spielen Monopoly oder Kniffel, wobei ich überrascht feststelle, dass die meisten tatsächlich ihr rotes Herz tragen. Dabei sehen sie alles andere als stolz oder tapfer aus, eher träge und gleichgültig. Bis auf eine Probandin mit langen, pechschwarzen Haaren und hochmütigem Blick. Sie trägt ihren Bauch vor sich her wie eine Trophäe und betont immer wieder lautstark, welche Ehre es ist, der Kolonie dienen zu dürfen. Von allen Probandinnen ist sie vermutlich die Einzige, die sich aus echter Überzeugung gemeldet hat. Ich kann sie nicht leiden. Würde Samuel nicht darauf bestehen, dass ich in den Gemeinschaftsraum gehe, würde ich lieber in meinem Zimmer bleiben. Ich sitze meist abseits in irgendeiner Ecke und beäuge die schwellenden Bäuche und die dümmlichen Gesichter um mich herum. Die Vorstellung, dass ich bald ebenfalls ein Kind in mir tragen werde, verstört mich auf eine Weise, die weit über das normale Maß hinausgeht. Es erschüttert mich und frisst mich von innen auf. Werde ich auch so komisch sein wie diese Frauen?

      Ich schlafe kaum, wälze mich die halbe Nacht auf dem Bett herum und grüble. Manchmal weine ich. Tagsüber fühle ich mich dann wie erschlagen. Wir werden jeden СКАЧАТЬ