Treasure Love. Sandra Pollmeier
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Treasure Love - Sandra Pollmeier страница 4

Название: Treasure Love

Автор: Sandra Pollmeier

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Treasure Hunt

isbn: 9783968160009

isbn:

СКАЧАТЬ Dann lasse ich dir morgen Nachmittag einen Anzug zukommen. Und gegen 18.00 Uhr schicke ich dir ein Taxi, das bringt dich dann zur richtigen Adresse. Sonst noch etwas, das du brauchst?“ Noah wollte Ben anscheinend in nichts nachstehen und schien es ebenfalls zu genießen, einen auf „dicke Hose“ zu machen. Schließlich war er ja der reife Mann mittleren Alters, der mit beiden Beinen fest im Leben stand.

      Ben presste die Lippen zusammen. Irgendetwas schien ihm noch auf der Seele zu liegen, doch offenbar wusste er nicht, wie er die richtigen Worte finden sollte.

      „Nur noch eine Kleinigkeit“, fügte er schließlich etwas gepresst hinzu. „Sofia, du könntest mir unser Familienstammbuch mitbringen. Ich bräuchte da ein paar Abschriften für so ´n behördlichen Kram. Du bekommst es auch ganz bald zurück.“

      Die Bemerkung sollte beiläufig klingen, doch es irritierte mich, dass Ben mir zum ersten Mal seit dem Beginn unserer Unterhaltung nicht mehr in die Augen sehen konnte. Stattdessen ging sein Blick an mir vorbei auf den Schneematsch, der sich unter unseren Füßen befand. Wozu brauchte er dieses olle Stammbuch?

      „Kein Problem“, versicherte ich, ohne weiter nachzuhaken. „Das bringe ich dir morgen Abend mit.“

      Sicher würde sich morgen noch ein Moment ergeben, in dem wir die Chance hatten, unter zwei Augen miteinander zu reden. Auf dem Weihnachtsball versammelten sich alljährlich sämtliche Mitarbeiter der Uni zu einem ausschweifenden Spektakel. Diese Tradition kannte ich bereits, als Papa noch zum illustren Kreis der geladenen Gäste zählte. In diesem Jahr gehörte ich zum allerersten Mal selbst dazu – dank Noah.

      „Wir müssen jetzt los“, sagte mein Freund und schüttelte kameradschaftlich die Hand meines vermeintlichen „Nur-Bruders“. „Dann bis morgen. Hier ist meine Nummer, wenn noch irgendetwas ist.“ Er zog eine Visitenkarte aus der Manteltasche und drückte sie Ben in die Hand, der sich knapp dafür bedankte und mir dabei noch einen langen Blick zuwarf. Sieh mich nicht so an! Bitte…

      Wir stiegen ein und winkten uns kurz zum Abschied. Dann tauchte unser Wagen im dichten Großstadtverkehr des anbrechenden Abends unter.

      2

      Was wollte er? Mein Gefühlschaos trieb mich noch an den Rand eines Nervenzusammenbruchs. Von über-alle-Maßen-glücklich bis zutiefst-wütend war alles dabei. Wie schön, ihn endlich wiederzusehen … Wie dreist von ihm, ohne Vorwarnung aus dem Nichts aufzutauchen … Wie merkwürdig … wie … Das Schlimmste war, dass ich niemanden hatte, mit dem ich mich über meine wirren Gedanken unterhalten konnte.

      Ja, es ließ sich nicht leugnen, dass ich immer noch Gefühle für Ben hatte. Das, was ihn und mich einmal miteinander verbunden hatte, ging über normale geschwisterliche Zuneigung weit hinaus. Genau genommen waren wir auch keine Geschwister, auch wenn es so in unserem Familienstammbuch stand. Zumindest hatte Papas Bruder Michael das behauptet. Er hatte Ben erzählt, dass dieser nur das Resultat eines Seitensprungs seiner Mutter, Papas erster Ehefrau, gewesen war. Mit diesem Wissen hatte er versucht, Ben zu erpressen. Aber hatte Onkel Michael wirklich die Wahrheit gesagt? Genau wussten wir das nicht.

      Meine Freundin Stella besuchte für mehrere Monate ihren neuen Freund in Australien, und Marvin, ihr Bruder und ebenfalls mein Freund, war mit seiner Familie über Weihnachten zu seinen Großeltern nach München gefahren. Natürlich hatten sie mir angeboten mitzukommen, aber bereits in den vergangenen zwei Jahren hatte ich mich wie ein Fremdkörper bei ihnen gefühlt. Bei Stella zu wohnen, war das eine gewesen. Aber mal abgesehen von ihren Eltern kannte ich ihre übrige Verwandtschaft kaum. Und es entging mir nicht, wie sie oft betreten schwiegen, wenn ich einen Raum betrat. …Armes Kind … Keine Eltern mehr … Keine anderen Verwandten … Und der einzige Bruder lässt sie im Stich … So oder ähnlich hatten sie sicher getuschelt. Das brauchte ich nicht wirklich. Nichts konnte ich weniger ertragen als das Mitleid anderer Leute. Daher hatte ich in diesem Jahr beschlossen, die Feiertage allein zu verbringen. Noahs Einladung zum Weihnachtsball kam mir da ganz gelegen, doch sie war nur ein Vorwand. Eigentlich hatte ich auch auf dieses Ereignis nicht wirklich Lust. Zumal dieser Ball die „Beziehung“ zwischen uns wesentlich vertiefen würde. Zum ersten Mal, nachdem wir uns schon über acht Monate regelmäßig trafen, würde Noah mich offiziell seinen Freunden und Kollegen vorstellen. Das war ein großer Schritt. Er zeigte sich mit mir in der Öffentlichkeit - und das obwohl er sicher von manchen Kollegen mit spöttischen Blicken gestraft werden würde. Ein 31-jähriger Uni-Dozent mit Doktortitel, der mit einer 19-jährigen Studentin im dritten Semester liiert war, das wirkte auf Außenstehende sicher befremdlich. Und ehrlich gesagt fand selbst ich diese Tatsache eigenartig. Vielleicht hatte es Noah imponiert, wie verbissen ich mich in meine Arbeit gestürzt hatte. Da war dieses uralte Tagebuch, das Ben und ich auf den Seychellen gefunden hatten, welches ich jedoch zunächst kaum hatte entziffern können. Es war abgegriffen, verblasst und zum Teil unleserlich geschrieben, noch dazu in altertümlichem Französisch verfasst, gespickt mit Redewendungen und Andeutungen, die mir fremd waren. Doch als Ben fort war, brauchte ich ein Ziel, etwas, auf das ich hinarbeiten konnte; etwas, das mich aus meinen melancholischen Gedanken riss. Also begann ich, das Buch zu übersetzen, Wort für Wort, Zeile für Zeile. Manchmal trieb es mich an den Rand des Wahnsinns, weil ich partout nicht weiterkam. Dann, ganz plötzlich, tat sich doch wieder etwas, ich entzifferte ein schwieriges Wort und auf einmal erschlossen sich mir ganze Sätze und völlig neue Zusammenhänge. Das Buch war wie eine geheime Welt, die ich nach und nach eroberte, in der hinter jeder Ecke spannende und faszinierende Entdeckungen auf mich warteten.

      In den zwei Jahren, in denen ich mich mit der Übersetzung befasste, hatte ich mittlerweile ungefähr drei Viertel der über 200 handgeschriebenen Seiten entziffern können. Ein paar Seiten schienen in der Mitte zu fehlen und an drei Stellen hatte ich entnervt aufgegeben, die Einträge zu Ende zu übersetzen, da die Schrift einfach nicht mehr lesbar war; aber immerhin ergab sich für mich inzwischen ein sehr schlüssiges Gesamtkonzept.

      Das Buch umfasste einen Zeitraum von April 1728 bis Juli 1731 und war von einer gewissen Madelaine Dubois geschrieben worden. Zu Beginn ihrer Aufzeichnungen war die Französin 17 Jahre alt gewesen. Sie erzählte von der spannenden Überfahrt von Frankreich nach Madagaskar und später zu der Kolonialinsel La Réunion, auf der ihr Vater als Admiral einen Außenposten der französischen Flotte befehligte. Die junge Frau begeisterte sich für die Natur und die Menschen in ihrer Umgebung, erstellte viele Skizzen und dokumentierte Beobachtungen – so detailliert, dass man fast glaubte, die Dinge direkt vor Augen zu haben, die sie beschrieb.

      Doch eines Tages änderten sich ihre Einträge. Bei ihren Erkundungstouren auf der Insel hatte sie jemanden kennengelernt, der ihr nicht mehr aus dem Kopf ging. Der Mann hieß Luis Le Vasseur. Bald trafen sie sich an geheimen Orten, schrieben sich heimliche Briefe und verliebten sich ineinander. Aber Luis war nicht der standesgemäße Umgang für die gutbürgerliche Madelaine und so kam es, wie es kommen musste: Die Romanze flog auf und die beiden wurden getrennt. Madelaine fiel in eine tiefe Depression. Doch was noch schlimmer war – sie war schwanger. Ein absolutes Tabu für die Zeit, in der sie lebte. Das Mädchen wurde von ihrer Familie von der Außenwelt abgeschottet und bekam ihr Kind ohne, dass irgendjemand es mitbekam. Nur ihrer besten Freundin Victoria Stevens konnte sie sich anvertrauen.

      Victoria Stevens. Stevens. So wie auch mein Nachname lautete. Ich wusste, dass Madelaines Tagebuch der Schlüssel zu meiner Vergangenheit war. Nur wie genau, das wusste ich nicht. Noch nicht.

      In all der Zeit hatte Noah mich beobachtet. Ihm war aufgefallen, dass ich nach meinen Vorlesungen oft noch stundenlang in der Bibliothek saß, um an der Übersetzung des Tagebuchs zu arbeiten. Vielleicht hatte es ihm imponiert, dass ich so wissensdurstig war und meine Freizeit lieber in dunklen und muffigen Universitätsgebäuden als mit Freunden in schattigen Biergärten verbrachte. Zumindest hatte er mich irgendwann angesprochen und nach dem Buch gefragt. Und weil ich mich gerade verzweifelt an einer sehr schwierigen СКАЧАТЬ