Ada (Band 2): Die vergessenen Orte. Miriam Rademacher
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Название: Ada (Band 2): Die vergessenen Orte

Автор: Miriam Rademacher

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Ada

isbn: 9783038961512

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СКАЧАТЬ interessiert sich für uns.«

      »Die korrekte Antwort hätte gelautet: Zeit haben wir massenhaft mitgebracht. Sie müssen sich schon an die ausgegebene Parole halten.«

      Martin seufzte. Und während sich Richard ein Grinsen verkniff, leierte sein Begleiter den gewünschten Text herunter, woraufhin Billy zurücktrat und den Blick in einen sich rasch verbreiternden Flur freigab.

      Auf seinem Weg durch ebendiesen Flur hielt Richard nach wenigen Schritten erschrocken inne. Vor ihm, im Fußboden, gähnte ein gewaltiges Loch – eine tiefe Grube – auf dessen Grund ein Baustellenstrahler stand und sein grelles Licht auf lehmige Wände warf.

      Nach einem kurzen Moment, in dem Richard nach Luft geschnappt hatte, rief er: »Es scheint so, als wären die Renovierungsarbeiten für diesen Ort noch nicht ganz abgeschlossen. Gibt es vielleicht einen Steg oder eine Liane zur Überquerung dieses Abgrunds?«

      Statt einer Antwort versetzte ihm Martin, der einen Schritt hinter ihm geblieben war, einen leichten Stoß in den Rücken, sodass Richard von plötzlicher Panik erfüllt vorwärts taumelte. Ein leiser Schrei kam über seine Lippen, als er mit ausgestreckten Armen in die Tiefe stürzte, nur um nach einem Sekundenbruchteil mit Händen und Knien gleichzeitig auf etwas Hartem aufzuschlagen.

      Fassungslos stellte Richard fest, dass er sich entgegen seinen Erwartungen weit über dem Grund der Grube, etwa auf Höhe des nicht vorhandenen Fußbodens, befand. Noch immer blickte er auf den Strahler hinab. Seine Hände und Knie hatten einfach in der Luft haltgemacht und ihm eine schmerzhafte Landung erspart.

      »Herzlichen Glückwunsch, Dick. Du hast die erste Feuertaufe bestanden.«

      Vorsichtig hob Richard eine Hand, nur um sie gleich wieder sinken zu lassen und zaghaft mit den Fingerknöcheln auf das zu klopfen, was ihn gerettet hatte. Ein dumpfes Geräusch erklang.

      »Plexiglas«, erklärte ihm Martin, der immer noch amüsiert klang. »Extrem stabil, nahezu bruchsicher. Man kann einfach darüber gehen. Wenn du magst, darfst du die paar Meter bis zum Beginn der Bodenfliesen aber auch kriechen.«

      Richard erhob sich langsam und drehte sich ebenso langsam zu Martin um, der immer noch feixend dastand und seinen Streich sichtlich genoss. Richard, dessen rechtes Knie leicht zu pochen begann, weil es den Sturz auf das Glas nicht ohne Schaden überstanden hatte, rechnete es dem vom Alter gebeugten Billy hoch an, dass dieser weder lachte noch lächelte.

      »Ach, nun guck nicht so beleidigt. Das machen wir hier mit allen Neuankömmlingen. Mir ist es auch nicht besser ergangen als dir. Gib zu, dass es nicht halb so schlimm war, wie den Kopf in die Toilette gesteckt zu bekommen. So wie es an vielen Schulen mit den Neuen gemacht wird.«

      »An so einer Schule war ich nicht«, zischte Richard und überprüfte rasch, ob seine Handgelenke besser dran waren als sein Knie. Sie waren es. »Und worin besteht also die zweite Feuerprobe? Wenn das hier die erste war, dann kann der Spaß ja noch nicht vorbei sein.«

      Jetzt verging auch Martin schlagartig das Lachen. »Du wirst Professor Ingress davon überzeugen müssen, dass du der Richtige für dieses Projekt bist.«

      »Ein Projekt, über das ich nicht das Geringste weiß«, spottete Richard.

      »Das wird sich möglicherweise bald ändern.« Die klaren, lauten Worte waren von jemandem ausgesprochen worden, der jetzt hinter ihm sein musste. Richard wandte sich erneut um und sah sich einem Mann gegenüber, der, wie er selbst, auf dem Plexiglas über der Grube stand.

      Der Mann überragte Richard um einen halben Kopf und hatte die Statur eines Boxers im Schwergewicht. Sein schwarzes Haar stand wild vom Kopf ab, sein ebenso schwarzer Bart wucherte ungehemmt in alle Richtungen. Und der weiße Laborkittel, der jedem anderen Mann eine gewisse Würde verliehen hätte, wirkte an ihm wie eine lächerliche Küchenschürze.

      »Ingress ist mein Name. Ich bin der Leiter dieser Forschungsabteilung. Zuweilen fühle ich mich aber eher wie eine Art Herbergsvater in einem Haus voller unerzogener Jungen.«

      »Verzeihung, Professor Ingress, ich habe nur getan …« Martin Holts unterwürfig klingende Worte schnitt die eindrucksvolle Gestalt vor ihnen mit einer einzigen Handbewegung ab.

      Martin trat jetzt neben Richard und dieser konnte die Ehrfurcht und den Respekt, den sein neuer Freund gegenüber dem Professor empfand, fast greifen. »Dies hier ist Dick … ich meine Richard Blunt. Ein sehr begabter und sehr fähiger Kollege, der sich für Kunstgeschichte und Archäologie begeistert. Ich denke, er ist genau die Unterstützung, die ich für meine Arbeit brauche.«

      Die schmalen Lippen inmitten des schwarzen Bartes umspielte ein Lächeln. »Es ist schön, dass du denkst, mein junger Freund. Denken ist eine Fähigkeit, die ich sehr schätze.«

      Der offensichtliche Spott des Älteren veranlasste Martin Holt, den Kopf wie ein Schuljunge zu senken, der bei einer Albernheit ertappt wurde.

      Richard war sprachlos angesichts dieses Wandels, der mit dem selbstbewussten, ja manchmal schon arroganten Martin Holt vor sich ging, und er konnte ihn nicht ganz nachvollziehen. Sicher, dieser Professor Ingress war eine eindrucksvolle Erscheinung. Aber dennoch konnte man ihm doch wohl gegenübertreten wie ein Mann.

      »Ich freue mich, Sie kennenzulernen.« Richard trat einen halben Schritt vor und reichte dem Bärtigen die Hand, die dieser mit seiner Pranke ergriff und schüttelte.

      »Behaupten Sie jetzt nicht, schon viel von mir gehört zu haben, sonst müsste ich Sie fragen, was genau Sie gehört haben, und darauf hätten Sie keine Antwort, Mister Blunt.«

      Okay, jetzt begann Richard zu ahnen, warum Martin gerade in Ehrfurcht erstarrt war. Dieser Professor Ingress sprach unumwunden aus, was er gerade dachte, und das war in der heutigen Zeit eine Seltenheit. Noch immer griff der durchschnittliche Engländer im Allgemeinen auf nichtssagende Gesprächsfloskeln zurück und das änderte sich üblicherweise auch nicht vor dem dritten gemeinsamen Bier.

      »Sind Sie politisch interessiert, Mister Blunt? Haben Sie eine Meinung zum Weltgeschehen?«

      Schon wieder so eine direkte Äußerung. Richard entschied, genauso unumwunden zu antworten. »Mich interessiert Politik erst, wenn sie zur Geschichte mutiert. Gut abgehangen vertrage ich Nachrichten einfach am besten.«

      Ingress runzelte die Stirn. »Wir haben die Sechziger, ein junger Mann, wie Sie einer sind, sollte sich für die Weltpolitik interessieren, sollte eine Meinung haben und sie vertreten.«

      »Leider interessiert niemanden meine Meinung, aber das kann sich ja noch ändern«, erwiderte Richard und wünschte, der Professor würde ihn endlich wieder freigeben.

      »Tee.« Ingress hielt seine Hand noch immer fest. »Wir werden Tee zusammen trinken. In meinem Studierzimmer. Und dann werden wir beide entscheiden, ob dies der richtige Ort für Sie ist, Mister Blunt. Keine politische Meinung ist mir immer noch lieber als die falsche.«

      »Ich werde mich persönlich um den Tee kümmern und nachkommen, Professor«, ließ sich nun wieder Martin Holt vernehmen, der den Kopf noch immer gesenkt hielt.

      »Gehen Sie an Ihre Arbeit, Holt.« Die Stimme des Professors klang plötzlich streng. »Schicken Sie uns lieber Heyworth aus der Verhaltensforschung mit dem Tee ins Studierzimmer.«

      »Sehr gern«, würgte Martin hervor und trat ab.

      Richard spürte das Pochen in seinem Knie kaum noch, als Ingress seine Hand endlich freigab. СКАЧАТЬ