Der exzellente Butler Parker Staffel 3 – Kriminalroman. Günter Dönges
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      Die Stimmung erreichte schnell einen gewissen Höhepunkt. Vier Herren, die Parker unschwer als die kriminellen Herren der Londoner Szene identifizierte, hielten allerdings mit dem Alkoholkonsum zurück und nippten nur von Zeit zu Zeit an ihren Gläsern.

      Sie standen mit dem Hausherrn in einer Ecke der Wohnhalle und schienen ein sehr freundschaftliches und heiteres Gespräch zu führen. Nur wer so genau wie der Butler hinsah, erkannte, daß die Unterhaltung durchaus ernster Natur war. Wahrscheinlich erhielt O’Hara letzte Instruktionen, was seine neue Laufbahn als Regionalboß betraf.

      Kurze Zeit später war das Gespräch beendet, und der Hausherr kam auf Parker zu. »Sorgen Sie dafür, daß jetzt das Dinner aufgetragen wird«, befahl er.

      Parker verbeugte sich höflich und gab einer der Serviererinnen, die in der Nähe der Tür standen, ein unauffälliges Zeichen. Einen Moment später rollten sie diverse Servierwagen in den Raum und begannen, die Teller der Gäste zu füllen.

      Der Hausherr persönlich bat die vier Herren, mit denen er kurz zuvor im Gespräch vertieft war, zu Tisch und rückte ihnen die Stühle zurecht. Die Serviererinnen hatten inzwischen die Teller mit Krebsschwanzsuppe gefüllt und zogen sich auf ein Zeichen von Parker diskret zurück.

      Die Gäste ließen sich nicht lange bitten und griffen zu ihren Löffeln. Gleich darauf war nur noch diverses Klappern, begleitet von einem gelegentlichen dezenten Schlürfen, zu hören.

      Josuah Parker hatte sich gleichfalls etwas zurückgezogen und beobachtete die Szene aufmerksam. Er wartete auf eine gewisse Reaktion, die jeden Augenblick erfolgen mußte.

      Sie kam in Form einer Frage, die einer der Geladenen etwas später stellte, recht lautstark und mit unüberhörbar angewidertem Ausdruck in der Stimme.

      »Verdammt, was ist das denn?« Ein Unterboß starrte auf seinen Löffel und musterte dessen Inhalt, der ihn nicht eben zu begeistern schien, was Parker übrigens gut verstehen konnte.

      Der Nachbar des verstörten Gastes warf einen kurzen Blick auf dessen Löffel, stutzte, tauchte seinen in den Inhalt seines Tellers und hielt diesen prüfend gegen das Licht, das die Kristallüster spendeten.

      »Das sind ja Spinnen!« schrie er einen Augenblick später und schleuderte den Inhalt seines Löffels entsetzt von sich. Der gegenübersitzende Gast fand das gar nicht gut, da ihn die Suppe ins Gesicht traf und ihm nachhaltig die Sicht raubte. Seine Brille überzog sich mit einem fettigen Film, während gleichzeitig etwas von der köstlichen Brühe auf seine gestärkte Hemdbrust tropfte und dort sich schnell ausbreitende Flecken hinterließ.

      Der hinter ihm stehende Leibwächter mochte diese Beleidigung seines Vorgesetzten nicht hinnehmen und machte sich auf den Weg, den Missetäter zu strafen. Er eilte um die Tafel herum, stand einen Moment später neben dem schreckensbleichen Suppenschleuderer und tauchte dessen Kopf schwungvoll in seinen Teller ...

      Als er endlich losließ und sein Opfer den Kopf mühsam hob, sahen alle, daß er mit seiner Äußerung durchaus recht hatte. Von seinem Kopf tropfte nicht nur Suppe auf Tisch und Anzug, auch kleine schwarze Spinnen fielen auf die weiße Damastdecke und blieben dort reglos liegen.

      Ein empörter Aufschrei ging durch die Reihen der Gäste und ließ sie wie auf Kommando aufspringen. Dabei geriet der Tisch ins Wanken und ließ eine Reihe von Tellern überschwappen, die ihren Inhalt großzügig über Decke und Fußboden verteilten und auch die Kleidung der Gäste nicht vergaßen.

      O’Hara eilte kreidebleich um den Tisch herum und wischte seine Chefs mit großen Damastservietten sauber, wobei er pausenlos Entschuldigungen murmelte.

      Dann winkte er wütend Parker herbei und drängte ihn in eine Ecke. »Was, zum Teufel, ist mit der verdammten Suppe los?« zischte er und funkelte den Butler zornig an. »Ich denke, Sie haben alles kontrolliert, dafür sind Sie doch schließlich da, oder?«

      »Durchaus, Sir. Meine bescheidene Wenigkeit hat tatsächlich den Inhalt des Topfes begutachtet und darin Bestandteile ausgemacht, die man für die Krabben hielt. Man scheint Ihnen einen üblen Streich gespielt zu haben, Sir, oder der Lieferant hat minderwertige Ware verausgabt. Man sollte möglicherweise dem Gewerbeaufsichtsamt Mitteilung machen, bevor noch mehr unappetitliche Produkte in Umlauf kommen, Sir.«

      »Reden Sie keinen Unsinn, Mann, ich werd’ die Leute beruhigen, und Sie sorgen dafür, daß der nächste Gang aufgetragen wird.« O’Hara drehte sich abrupt um und wandte sich an seine Gäste, um die kleine Panne herunterzuspielen und anzukündigen, daß eine um so größere Delikatesse auf sie warte.

      Josuah Parker wußte natürlich, wie die Spinnen in die Suppe gekommen waren. Horace Pickett war ihm bei der Beschaffung besonders lebensecht wirkender Nachbildungen behilflich gewesen, die der Butler in der Küche persönlich in die bis dahin tadelsfreie und wirklich köstliche Suppe appliziert hatte...

      Er gab den wartenden Mädchen erneut ein Zeichen und sorgte für den Fortgang des Dinners. Die Gäste hatten sich beruhigt und die Erklärung des Hausherrn, es habe sich bei den vermeintlichen Spinnen um eine besonders köstliche und exotische Krabbenart gehandelt, akzeptiert. Inzwischen waren wieder die Tischgespräche im Gang, und man wartete entspannt auf den nächsten Gang

      *

      Parker ließ Ersatz auftragen. Er hatte in der Küche Köstlichkeiten vorgefunden, die hierzu bestens geeignet waren. Allerdings hatte er sich auch in diesem Fall erlaubt, einige Präparierungen vorzunehmen, nachdem er die Serviererinnen hinausgeschickt hatte.

      Die Gäste bekamen jetzt gebutterte Toastscheiben, Kaviar und geeiste Austern und Muscheln serviert. Die Delikatessen wurden mit beifälligem Gemurmel aufgenommen und erfreuten sich regen Zuspruchs.

      Einer der Unterführer hatte bemerkenswertes Glück. Er hatte gerade die Schalen seiner Muschel geöffnet, als ihm auch schon ein gewisses Funkeln und Glänzen auffiel. Dann sah er deutlich, wodurch es verursacht wurde. Er stöhnte leise und bekam genau jenes Glänzen in die Augen, das ihm aus dem Innern der Muschel entgegenfunkelte.

      Er steckte einen Finger gierig hinein und angelte nach der Perle, die er dort entdeckt hatte. Ein gewisser Josuah Parker hatte seinem Glück übrigens etwas nachgeholfen und die – falsche Perle hineinpraktiziert.

      Es war auch Parker, der diese Muschel mit einer weiteren Besonderheit versehen hatte, nämlich einem Schließmechanismus, der auf genau jene Manipulationen reagierte, wie sie das Eindringen eines fremden Gegenstandes, in diesem Falle des Fingers, darstellte.

      Dieser von dem Butler selbst ersonnene Mechanismus sorgte dafür, daß sich die beiden Hälften der Muschel ruckartig schlossen und den eingeführten Finger des glücklich vor sich hinlächelnden Gangsters einklemmten. Der Mann schrie entsetzt und zerrte an seinem schmerzenden Finger. Er sprang auf, schlenkerte die Hand durch die Luft und kreischte dazu in den höchsten Tönen.

      Die übrigen Gäste sahen irritiert auf, erkannten die Ursache der urweltlichen Geräusche und gaben sich unisono einem kleinen Heiterkeitsausbruch hin, der die alte Volks Weisheit bestätigte, daß Schadenfreude die größte aller Freuden ist.

      Während der in die Klemme geratene Gast um seinen Finger kämpfte, hatte ein anderer Probleme mit dem Kaviar. In seinem Fall handelte es sich übrigens um einen der vier hohen Herren, der sich an diesen Fischeiern delektieren wollte.

      Er schaufelte sich einen Löffel voll, schob ihn in den Mund und begann genüßlich zu kauen. Plötzlich hielt er inne und zwängte vorsichtig einen Finger in den Mund. Er betastete einen Backenzahn und überprüfte, ob sich dieser СКАЧАТЬ