Ab 40 wird's einfach nicht schwer. Sylvia Kling
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Название: Ab 40 wird's einfach nicht schwer

Автор: Sylvia Kling

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783956691492

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      »Verstehe ich nicht!« Das war alles, was sie zunächst sagen konnte. »Warum bist du erwerbsunfähig? Magst du es mir erzählen?«

      Er mochte.

      »Als junger Mann studierte ich, wollte Ingenieur werden. Doch ich schaffte es nicht. Darüber ärgere ich mich bis heute. Dann war ich viele Jahre als Optiker tätig. Irgendwann lief meine Beziehung zu Beate nicht mehr gut, um es vorsichtig auszudrücken. Sie war, mit Verlaub gesagt, eine Bestie. Ich weiß nicht, warum es so war, aber ich konnte mich nie angemessen gegen sie wehren. Sie attackierte mich, nichts war ihr recht; sie beschimpfte mich. So bekam ich Depressionen, die leider über mehrere Jahre anhielten. Aus der Beziehung zu ihr konnte ich mich nicht mehr befreien. Ich war zu schwach. Zunächst ging ich noch arbeiten, immer mal wieder. Dann aber kam der Zeitpunkt, da stellte man eine psychische Erkrankung fest und ich wurde in Erwerbsunfähigkeit geschickt. Keine gute Vita, ich weiß.«

      Er senkte den Blick. Silke wurde es heiß und kalt. Sie verstand die Menschen schon lange nicht mehr, aber nun vor allem nicht das Verhalten dieser Beate. Ihr schossen Tränen in die Augen. Oh mein Gott! Sie jammerte um ihr Schicksal und dieser ehrliche und liebe Mann konnte sich gegen eine Frau nicht wehren! Gegen eine Frau! Er war in allem, was er sagte, so klar und kompetent. Und was er alles wusste! Hinter seinem Allgemeinwissen konnte sie sich nur verstecken. Ein kluger Kopf. Er wirkte traurig und sie überlegte, wie sie ihn ein wenig ablenken könnte von seinen Erinnerungen, die ihn bedrückten.

      »Darf ich dir etwas zeigen?«, fragte sie ihn und lächelte ihr schönstes Lächeln.

      »Ja gern«, antwortete Peter dankbar. Sie ging mit ihm auf den Dachboden, um ihm ihre gemalten Bilder zu zeigen.

      »Wow! Die sehen ja wundervoll aus!«, staunte er, schritt zwischen den Bildern umher und bewunderte ausgiebig jedes einzelne, sinnierte halblaut über die Farben und die Pinselführung.

      »Leben! Das strahlen deine Bilder aus. Leben und Sinn, ja, sogar Sinnlichkeit!«, rief er begeistert aus. Silke schwebte auf Wolke sieben. Er hatte sie im Sturm erobert, der Träumer.

      Im Wohnzimmer angekommen, sagte Peter:

      »Würde es dir etwas ausmachen, wenn ich meine Gitarre hole und ein wenig spiele?«

      »Nein, gar nicht!« Sie konnte ihr Glück kaum fassen. Er ging kurz zu seinem Auto hinaus und kehrte mit einer außergewöhnlichen Gitarre zurück, einer Minarik Guitar. Silke kannte sich schließlich aus. Die fanden vor allem im Heavy Metal Verwendung. Hut ab! Sein Spiel war eher gewöhnungsbedürftig, passte kein wenig zur Gitarre. Als er kurz unterbrach, sah er sie erwartungsvoll an.

      »Und?«

      Sie schluckte.

      »Gefällt es dir?«

      Für den Träumer schwindelte sie.

      »Ja, schöööööön! Was ist das eigentlich, was du spielst?«

      Das wollte sie schon wissen.

      »Ich improvisiere nur. Kennst du Estas Tonne?«

      Natürlich kannte sie den. Da kippten die Spirituellen, Yoga-Tanten und Reismilchfanatiker reihenweise um. Sie nicht.

      »Ja, den kenne ich.«

      Wenigstens war das nicht gelogen.

      »Estas ist mein großes Vorbild«, schwärmte er und seine Augen wurden wieder größer, schienen sich im Radius zu verdoppeln. Wie machte er das? Okay, das alles war ein Minuspunkt, aber eben nur einer. Jeder hatte seine Macken.

      Als er endlich zu spielen aufhörte und Silkes Ohren zu rauschen begannen, der Kaffee ausgetrunken war und es draußen zu dämmern begann, schwiegen sie. Silke legte ihren Kopf an seine Schulter. Wenige Minuten später neigte Peter seinen Kopf in ihre Richtung. Sie sah zu ihm auf und ihre Lippen fanden sich. Es war besiegelt. Der Träumer und die Träumerin hatten sich gefunden. Peter blieb. Vierzehn Tage lang.

      14 Tage – Er

      »Der Kaffee ist fertig, klingt das net unglaublich lieb.«

      Peter Cornelius

      Die ersten Tage vergingen wie im Rausch. Silke ging zur Arbeit, hatte Mühe, sich zu konzentrieren und beeilte sich, nach Hause zu kommen, wo jemand auf sie wartete. Jemand, der mit ihr träumen wollte. Peter erwies sich als großartiger Hausmann. Sie musste nichts mehr tun, außer sich ihm und ihren gemeinsamen Interessen zu widmen. Die erste Woche war berauschend schön. Als sie zum ersten Mal miteinander schliefen, eröffneten sich ihr neue Welten. Er war zärtlich und auf seltsame Weise besonders. Peter hatte beinahe etwas Feminines an sich, etwas Fragiles. Sie mochte keine Muskelprotze oder zu großen Männer. Die machten ihr Angst. Er spielte mit ihr und sie spielte mit ihm, mit ihrer Erotik. Jene, die sie wiederentdeckte. Manchmal dauerte es ihr fast zu lange. Sie war solch eine Ausdauer seit Jahrzehnten nicht mehr gewohnt. Silke erlebte himmlische Orgasmen, oft mehrere nacheinander und manche Male musste sie sich anstrengen, noch genügend Luft zu bekommen. Wenn ein Orgasmus besonders intensiv war, verdrehte sie ihre Augen und Peter lachte.

      »So etwas habe ich noch nie gesehen! Ich dachte, du stirbst!«

      Nur mit Harry, mit Harry vollzog sich in diesen Tagen eine Veränderung, ein unerwarteter Rückzug. Sie sah ihn nicht mehr im Spiegel. Auch Martina ließ sich nicht mehr blicken. Was war geschehen? Machte sie etwas falsch?

      Peter brachte sie zum Lachen. Er hatte eine herrlich erfrischende Art und lag mit Silke auch hier auf einer Wellenlänge. Er konnte unglaublich witzig, dabei aber auch eloquent sein. Dieser Mann war eine Offenbarung! Als sie am Dienstag der zweiten Woche nach Hause kam, grub Peter ihr Beet um. Dabei zuckte sein Kopf hin und her. Sie stand hinter ihm und wusste nicht, was das war, bis sie seine Ohrstöpsel sah. Ach, er hörte nur Musik. Was glaubte sie denn? Dass er spastische Anfälle hatte? Er war psychisch krank, nicht körperlich. Was hatte er, wie hieß diese Krankheit gleich? Es fiel ihr nicht mehr ein. Vielleicht, weil es ihr nicht wichtig war. Er erzählte ihr, mehrfach in der Psychiatrie gewesen zu sein. Aber jetzt, nachdem er sich endgültig auf die Flucht vor Beate begeben hatte, ginge es ihm immer besser. Sie hörte Beates Namen in seinen Berichten so oft, dass sie glaubte, sie selbst hätte mit ihr gelebt, sie selbst hätte das alles durchgestanden. Welch eine schreckliche Frau musste das sein, die ihren Mann so behandelte?

      »Hey, du bist aber wieder fleißig«, sagte sie und tippte ihm zart auf die Schulter. Er erschrak und drehte sich zu ihr um, richtete sich aus der hockenden Stellung auf und riss sich die Ohrstöpsel aus den Ohren.

      »Musst du mich so erschrecken?«, sagte er in ungewohnt scharfem Ton. Silke zuckte zusammen und sah ihn aufmerksam an. Seine Augen, sie waren wieder so groß. Was war das nur bei ihm mit diesen Augen?

      »Entschuldige, aber wie sollte ich mich sonst bemerkbar machen?«, entgegnete sie.

      »Schon gut, hast ja recht. Ich war nur so erschrocken. Hach, morgen habe ich bestimmt eine Schreckblase an den Lippen und du, du musst mich pflegen. Das wird der Vorteil sein«, lachte er, zog sich die Handschuhe aus, nahm Silkes Gesicht in beide Hände und küsste sie zärtlich auf den Mund. Sie schmolz dahin. Alles war vergessen, der scharfe Ton, die Bauchschmerzen, die sie trotz dieser unvergleichlich schönen Woche seit Neuestem hatte.

      »Das mache ich doch gern, mein Liebling«, flüsterte sie ihm ins Ohr. Und noch mehr. Er nahm sie an die Hand und zog sie hinter СКАЧАТЬ