Ab 40 wird's einfach nicht schwer. Sylvia Kling
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Название: Ab 40 wird's einfach nicht schwer

Автор: Sylvia Kling

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783956691492

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СКАЧАТЬ mehr schlafen. Die Morgensonne schien durch die Fenster. Silke wartete nur darauf, endlich aufzustehen und schob den Vorhang beiseite, der ihr den Blick auf den Kirschbaum verwehrt hatte. Er stand in voller Blüte. Ob Frau und Herr Schröder schon wach waren? Sicher kochte er ihr wieder den Kaffee und wenn sie noch schlief, so brachte er ihn an ihr Bett. Er stellte das Tablett auf ihrem Nachtschrank leise ab und küsste sie auf die Stirn, wie er es immer tat. Seit Jahrzehnten. Frau Schröder hatte es ihr kürzlich erzählt.

      »Nach so vielen Jahren! Stellen Sie sich das vor«, hatte sie geschwärmt.

      Vor ihrem Fenster rekelten sich die Blüten. Und sie?

      Sie fühlte sich, als wäre sie aus Glas.

      Silke hörte ein Lied. Direkt neben sich. War das ein Traum? Sie blinzelte und wollte wach werden. Oder lieber nicht. Während dieser Überlegungen sang ein Mann neben ihr:

      »Der Kaffee ist fertig, klingt das net unheimlich zärtlich.

      Der Kaffee ist fertig, klingt das net unglaublich lieb.

      Wenn die ersten Sonnenstrahl’n auf meine Aug’n niederfall’n, dann hör’ i dei’ Stimm’, die wie Glock’n klingt …«

      Es erinnerte sie – woran nur? Die Augen wieder geschlossen, fiel es ihr ein. Peter Cornelius, der Mann unter den Hochsensiblen. »Ein Diamant verbrennt«, ein alter Schinken, aber sie weinte jedes Mal, wenn sie das Lied hörte. Woher kam dieses Kaffeelied? Sie traute sich, ihre Augen wieder zu öffnen, folgte der Musik und setzte sich im Bett auf. Da sah sie es. An ihrem Fußende stand ein Radio. Im Moment des Erkennens trat Peter feierlich in ihr Schlafzimmer, auf dem Tablett eine dampfende Tasse Kaffee und auf dem Gesicht ein schrecklich breites Lächeln, als hätte er in der Nacht eine Gesichtslähmung erlitten. Spontan fiel Silke der Spruch ein: »Liebe, lache, lebe. Wenn das nicht funktioniert: Lade, ziele, schieße.«

      Ob sie ihr altes Luftgewehr noch fand? Es war doch im Keller? Ihr Kapiervorgang zu diesem Mann war schon seit Tagen abgebrochen. Sie sah ihn an, versuchte sich in einem nicht ganz so bekloppten Lächeln, zeigte aber immerhin ihre schönen, gepflegten Beißerchen; und sie fühlte sich elend.

      »Einen wunderschönen guten Morgen, mein Engelchen!«, säuselte das abgemagerte, glatzköpfige Honigkuchenpferd.

      »Moin«, entgegnete sie kurz und knapp.

      »Hast du gut geschlafen?«, raspelte er weiter Süßholz und sie überlegte wieder – plötzlich auf den Geschmack eines wundervollen Gedankens gekommen –, nämlich den, wo denn nun ihr altes Gewehr war. Immerhin war sie wenige Jahre zuvor noch Schützenkönigin von Bärwalde gewesen. Da sollte doch was gehen? Oder besser schießen.

      »Geht so!«, antwortete sie muffig. Du Homo novus, was fragste denn so nen Scheiß, nach der Nacht, hä?, dachte sie, diesmal im gewollt sächsischen Dialekt, und kochte innerlich. Ihre Wut ballte sich immer mehr zusammen. Schlimmer aber war die Angst, die er ihr einjagte, um sie am darauffolgenden Tag mit einem vor Schmalz triefenden, uralten Song zu wecken und sich zu trauen, ihren geliebten und heiligen Kaffee auch nur anzusehen und sie dabei anzuglotzen wie ein zu groß geratener Daumenlutscher seine Mama, damit sie ihm die Brust freimachte.

      »Nimm den Kaffee wieder mit runter. Ich komme gleich«, blaffte sie ihn an. Warum sollte sie kuschen, in ihrem eigenen Haus? Widerrede oder seine arroganten, gestelzten Wortkreationen erwartend, bei denen man ein Fremdwörterbuch verschluckt haben musste, um sie zu verstehen, stellte sie sich darauf ein zu schießen. Erst einmal mit Worten.

      Aber Peter zog eine Schmollschnute und sah zum Brüllen aus. Der war ja auch noch feige! Das war auch so einer, der vor einer Frau einen auf dicke Hose machte und dann kniff. Super. Richtig gut. Als Peter ihr Schlafzimmer verlassen hatte, war Silkes gedankliches Schimpfwörterrepertoire vorerst aufgebraucht. Hastig zog sie sich ihren Bademantel über und lief nach unten. Normalerweise kämmte sie sich erst die Haare. Sie war so eitel, dass sie sich vorm Sterben noch einen Friseurtermin geben lassen würde. Es störte sie aber nicht im Geringsten, jetzt wie ein aufgeplatzter tasmanischer Teufel auszusehen. Den Mann wollte sie ohnehin nicht heiraten.

      Wieder verspürte sie dieses eigenartige Grummeln in der Magengegend. In ihrem Wohnzimmer angekommen, sah sie ihn. Er lief, die Hände auf dem Rücken gekreuzt, durch den Raum, von einem Ende zum anderen. Wie ihr Großvater, der seine Arme hinter den Rücken legte, weil er eine Kriegsverletzung hatte und der rechte Arm ihn so weniger schmerzte. Dieser Mann hier hatte wohl auch eine Verletzung, die aus einem anderen Krieg stammte. Angestrengt und die Mundwinkel nach unten gezogen, starrte er vor sich hin. Er schien nichts wahrzunehmen. Sie wollte diesmal keine Angst haben. Einen frischen Kaffee eingegossen, schlürfte sie provokant laut daran. War das schön! Er konnte es nicht leiden, es wäre gegen die Etikette. Welche bitte? Sie schlürfte nur in ihrem Haus, draußen wusste sie sich zu benehmen. Und verdammt noch mal – ja! In ihrem Haus furzte sie auch, wenn es sein musste; rannte in Jogginghose herum und pfiff auf Lagerfeld, den armen Kerl, der jetzt gar nichts mehr tragen durfte. Alles für die Katz. Da hatte sie es besser.

      »Peter, ich möchte, dass du gehst. Und nicht wiederkommst!«

      Basta, du Vogel. Es wird Zeit, dass du davonfliegst, ehe ich dir die Federn aus den Flügeln reiße und mein Haar damit schmücke. Er blieb nicht stehen, sondern lief weiter.

      »Hörst du mich? Hast du heimlich was geraucht, oder was ist mit dir?«, rief sie ihm laut und mit ihrer ganzen seit Tagen angestauten Aggression zu.

      »Mache ich«, sagte er und lief weiter, diesmal nach oben, um seine Reisetasche zu packen. Sein Werkzeug aus der unverschämt aufgeräumten Abstellkammer nahm er auch mit. Er sah sie durch seine komische Brille nicht einmal mehr an. Ihr Korridorlicht warf ihm einen Lichtstrahl auf die Glatze. Der Heiligenschein war es nicht. Aber er sah jetzt auf dem Kopf aus wie ihr Deoroller, wenn sie ihn rollte und er ihr neue glänzende Flüssigkeit anbot.

      »›Wenn einer weggeht, muss man die Tür schließen. Es wird sonst kalt‹, sagte schon Brecht«, murmelte sie in sich hinein und ging vergnügt in ihr Bad, um zu duschen. Der Dreck musste runter. Unbedingt.

      Das Leben geht immer weiter

      »Er wartet jeden Tag auf Sie.«

      Herr Walter

      »Das war knapp«, sagte Silke zu ihrer Freundin Anett, als sie sich kurz danach mit ihr im »Café zur Allee« zum Plaudern traf. Es war ein sonniger Tag Ende Mai, an dem Silke glaubte, bereits die Bienen summen zu hören, und man konnte fast schon den Sommer riechen, den Duft nach Wiesen und Leichtigkeit. Sie atmete tief ein und schlürfte an einem Irish Coffee, als wolle sie ihn nie austrinken.

      »Du hast noch mal Glück gehabt, Silke. Pass doch mal besser auf. Der Typ hätte ein Irrer sein können, der dich zerstückelt und im Keller vergräbt!«

      Silke verschluckte sich an ihrem Kaffee, der jetzt schon nicht mehr irisch, sondern eher wie deutsche passierte Bohnensuppe schmeckte.

      »Jetzt hör aber mal auf, du alte Krimitante!«, lachte sie, wenn auch nicht herzlich genug. Verdammter Mist, ganz unrecht hat sie nicht. Was, wenn der mir was getan hätte? Wenn das so ein Psycho gewesen wäre? Ein Frauenmörder? Er hatte sich so gut verkauft, dass sie ihm alles glaubte. Woher wusste sie denn schon, ob das alles stimmte? Ihr Magen rebellierte. Anett sah sie schräg an.

      »Du wirst so blass. Ist alles in Ordnung?«

      Sie legte den Arm um Silke.

      »Na hör СКАЧАТЬ