Ab 40 wird's einfach nicht schwer. Sylvia Kling
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Название: Ab 40 wird's einfach nicht schwer

Автор: Sylvia Kling

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783956691492

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СКАЧАТЬ diesem Abend öffnete sie ihren Laptop und es leuchtete ihr eine zweiunddreißig im Posteingang entgegen. Ach du lieber Himmel! Die Nachrichten der Kommunikationsverweigerer ließen sich schon in der Vorausschau vollständig lesen: »Hallo du« von Chauvinist oder »Hey, alles easy?« von Simson-Fan – sicher ein alter Ossi mit DDR-nostalgischer Rotzbremse. Schon waren ganze zweiundzwanzig Nachrichten verschwunden.

      »Wow! Die Auslese ist leicht. Wir kämpfen uns zur Elite vor«, murmelte Silke und biss dabei herzhaft in einen Apfel.

      »Hallo Aufbrechende«, schrieb einer der Übriggebliebenen. Zugegeben, ihr Nickname war auch nicht gerade eine ihrer besten Ideen.

      »Ich weiß ja nicht, was oder wen du so aufbrichst, aber ich biete mich gerne an.«

      Immerhin ein Satz mit vollständiger Grammatik und sogar die Kommasetzung war okay. Aber der Inhalt … Löschtaste. Zehn kleine – Männerlein und es waren nur noch neun.

      »Dein Profil klingt ja mega spannend, schöne Frau. Mit dem Lesen habe ich es nicht so, aber für klassische Musik könnte ich mich begeistern. Irgendwo habe ich gelesen, dass Franz Liszt immerhin der erste Rockstar der Welt war! Würde mich freuen, mal mit dir zu einem Konzert zu gehen.«

      Da hatte sich einer auf Webseiten getummelt, deren Geschäft es war, sich an Leute zu richten, die gern über Dinge Bescheid wussten … Hüstel. Wichtigtuer, Spinner. Löschtaste. Und es waren nur noch acht.

      »Hallo, wunderschöne Frau. Ich suche neuen Schutzengel. Meiner ist mit den Nerven am Ende. Bist du bereit?«

      Mit Begrüßung drei Sätze – das ist ja schon beinahe grandios. Das Späßchen mit dem Schutzengel hatte einen langen Bart.

      »Bin ich vielleicht deine Mutter, du Piefke?«, schimpfte Silke vor sich hin und brauchte jetzt nur noch eins: Wein. Das konnte man nicht nüchtern ertragen. Sie schlurfte in die Küche, schenkte sich einen Roten ein und kehrte lustlos zu ihrem Couchtisch zurück. Jetzt aber – das Bild von dem Engel Suchenden musste sie sich ansehen. Ein Klick – vergrößern. Ein Foto wie aus dem Bilderbuch. Wieder einer auf seinem Liebling, dem Motorrad. Eine Honda, wenn sie es richtig erkennen konnte. Klar, der brauchte einen Schutzengel als potenzieller Organspender … Löschen. Und es waren nur noch sieben.

      Die nächsten vier liefen nach ähnlichem Muster ab, nur die Rechtschreibung und der Inhalt waren noch grauenhafter. Und es blieben nur noch drei. Das Glas Wein war geleert, Silkes Kopf dröhnte. Aber der Rest musste jetzt noch sein. Vielleicht war einer dabei, den sie weder retten noch dem sie erklären musste, dass Franz Liszt kein Rockstar war, oder der gar aufgebrochen werden wollte. Der nächste war Tommy67.

      »Hallo, ich heiße Tom und bin 52 Jahre alt – oder jung, das liegt im Auge des Betrachters. Ich fühle mich manchmal jung genug, um noch mal von vorn zu beginnen und manchmal zu alt, um meine Zeit einsam zu verbringen. Dein Profil gefällt mir sehr gut und ich würde mich freuen, wenn Du mir ein kleines Zeichen gibst. Es grüßt Dich aus Ebershofe, Tom.«

      Wow, wow, wow! Was für eine Nachricht. Die Elite ist zu ihr durchgedrungen! Tom – ein schöner Name. Die anderen hatten ja nicht mal einen. Aber immer schön langsam, zwei warteten noch auf ihre müden Augen. Am Ende sollten die Fotos und die Sympathie entscheiden – vielleicht ein Lächeln, ein Grübchen, ein Strahlen in den Augen? Schnell noch ein Glas Rotwein geholt und weiter ging es mit DresdenMyLove. Der Name deutete auf einen Heimatliebenden hin.

      »Eine Frau, die viel liest, malt, Gitarre spielt und gern lacht – die sollte nicht alleine sein. Solche Profile sind hier selten, das ist erst einmal festzustellen. Ich würde Sie gern kennenlernen. Aber zuvor – schreiben Sie mir bitte, ich freue mich riesig auf Post von Ihnen. Beste Grüße aus dem schönen Dresden, Markus.«

      Wow, wow, wow, wow! Einer, der sie siezte, den hatte sie noch nicht. Einer, der eine gute Einleitung (wenn auch recht sülzig, aber immerhin bemüht) findet, der sich mit Respekt zu artikulieren verstand!

      »Okay, ganz ruhig! Einen, einen habe ich noch. Mal schauen …«, flüsterte Silke und Bing – die nächste Nachricht sprang ihr regelrecht in die Augen.

      Hans, der Träumer – schon der Nickname verursachte in ihr eine wohlige Wärme. Mein Gott, bin ich verkitscht, und das in meinem Alter …, dachte sie, verhaspelte sich vor Aufregung auf der Tastatur und flog aus dem Datingportal.

      »Mist, verdammter!«

      Fluchend grapschte sie nach der Maus und ihr Rotweinglas, inzwischen wieder gefüllt, kippte auf ihre weiße neue Hose. Salz, schnell! Fluchend wie ein Droschkenkutscher zog sie die Hose aus, rannte in die Küche und kippte die noch vorhandene halbe Packung Jodsalz auf die Hose, lief in ihr Schlafzimmer, packte in Windeseile eine schwarze Jogginghose (Karl Lagerfeld würde sich im Grabe umdrehen), schlüpfte hinein und flog beinahe zum Couchtisch. Denn Hans, der Träumer, wartete.

      »Lass uns reden« im Lesezeichen öffnen, einloggen und schnell zu Hans.

      »Ich heiße im realen Leben natürlich nicht ›Hans‹, aber ich bin real – ein Träumer. Hoffentlich übertrete ich jetzt nicht Regeln der Contenance, indem ich sogleich zum vertrauten ›Du‹ übergehe? Dein Profil ist sehr schön. Es hat etwas Weiches, zugleich Starkes, ist präzise, zugleich bleiben in mir viele Fragen offen. Welche Bücher liest Du gern? Malst Du auf Leinwand? Du spielst Gitarre – da schnappte ich nach Luft, denn ich spiele auch, mehr schlecht als recht allerdings (also bitte keinen Eric Clapton erwarten). Bitte verzeih mir, ich wäre kein Mann, wenn ich nicht bewundernd auf Deine ausdrucksstarken Augen sehen – und zu träumen beginnen würde. Wenn Du einen kleinen Teil Deiner geschätzten Aufmerksamkeit mir widmen würdest, so wäre das mein schönster Augenblick.«

      Wow, wow, wow, wow, wow! Ein wenig gestelzt, aber mit Stil. So mochte sie es. Doch nun – immer noch war Besonnenheit von höchster Priorität, um die Elite der Elite zu finden. Zwei würde sie auswählen, damit ihr zur Not noch ein Rettungsanker zur Verfügung stünde. Die Fotos. Immer schön der Reihe nach. Zuerst Tom. Er saß auf einem Stuhl, mit dem rechten Arm auf einen Schreibtisch aufgestützt, auf dem sich einige Akten stapelten. Seine schmächtige Statur ließ den Schreibtisch massiver wirken. Eine Hornbrille saß auf dem auffällig kleinen Gesicht, eine riesige Hakennase zog die ganze Aufmerksamkeit auf sich. Ein Mann jedoch musste nicht schön sein; er sollte nur »wirken« – und er wirkte nicht auf sie. Nun zu Markus, dem Heimatliebenden. Ein kräftiger Mann mit schütterem ergrautem Haar und einem Achselshirt auf dem »Hilfe!« stand. Silke zoomte das Bild größer, denn schon im kleinen Modus verhieß die Zahnreihe nichts Gutes. Hinter ihm hing die legendäre Dynamofahne. No Chance. Ihm konnte sie nicht helfen. Sie wusste schon vorher, wer übrig blieb. Wahrscheinlich auch, wenn einer der Typen wie Richard Gere ausgesehen oder sie mit strahlenden Augen und umwerfenden Grübchen angestrahlt hätte: Hans, der Träumer. Er war die Elite der Elite, der Edelmann auf dieser Plattform. Wann war die Nachricht eingetroffen? Ah, ja, gestern. Okay, sie konnte ihm heute schon schreiben. Und es ging los. Gib alles, Silke, für diesen Charismatik-Bolzen! Alles!

      »Hallo, Hans, auch wenn du nicht ›Hans‹ im realen Leben heißt …«

      Nein, das war blöd. So vielleicht:

      »Hallo, Träumer, der nicht ›Hans‹ heißt, danke für Deine bezaubernde Nachricht. Wie Du siehst, macht es mir nichts aus, wenn wir gleich die Regeln der Contenance brechen – gibt es diese heute überhaupt noch?«

      Das war gut, es ließ gleich durchblicken, dass sie die eingezogene KommunikationsAsozialität kritisierte.

      »Ich beantworte Dir gern alle Fragen aus Deiner Nachricht. Ich lese alles, was es wert ist – bin da nicht festgelegt. Besonders mag ich historische Romane oder СКАЧАТЬ