Schattengeister. Frances Hardinge
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Название: Schattengeister

Автор: Frances Hardinge

Издательство: Bookwire

Жанр: Книги для детей: прочее

Серия:

isbn: 9783772541445

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СКАЧАТЬ du schon einmal ein Bärenjunges gesehen, wenn es aus dem Mutterleib kommt?», fragte er. «Es ist nur eine formlose Masse. Die Bärin muss es stundenlang lecken, bis es aussieht wie ein Bärenjunges, mit einer Schnauze, Ohren, hübschen Tatzen und allem anderen, was es zum Leben braucht.

      Du bist entsetzlich ungebildet für dein Alter. Wie ein Klumpen Fett. Aber wir werden dich schon in Form lecken.»

      Makepeace musste unwillkürlich lächeln. Sie überlegte, ob Bär von seiner Mutter auch in Form geleckt worden war, in einer glücklichen Zeit vor der ganzen Grausamkeit. Die Vorstellung, dass ein kleines Bärchen seine Augen öffnete und zum ersten Mal die große mütterliche Bärenzunge sah, gefiel ihr sehr. Young Crowe bemerkte ihr Lächeln und zog Tierbücher heraus, damit sie die Worte darin lesen und abschreiben konnte. Makepeace freute sich, dass sie über Tiere schreiben durfte.

      Kröte und Spinne sind giftige Gegner und bekämpfen sich bis auf den Tod, erfuhr sie. Der Pelikan säugt seine Jungen mit Herzblut. Die Beine eines Dachses sind auf einer Seite länger als auf der anderen, damit er auf einer abschüssigen Fläche besser laufen kann.

      Makepeace kam immer besser mit Bär zurecht. Er war nicht ständig in ihrem Geist aktiv. Oft schlief er, und manchmal kam es ihr so vor, als ob er überhaupt nicht da wäre. Im Morgengrauen und in der Abenddämmerung wurde er hin und wieder ruhelos, aber auch das geschah nicht regelmäßig. Manchmal tauchte Bär ohne Vorwarnung auf. Seine Gefühle ergossen sich wie ein Sturzbach in ihre eigenen; ihre Sinne wurden von seinen überflutet. Bär schien grundsätzlich in der Gegenwart zu leben, aber er trug seine Erinnerungen bei sich wie verheilte Wunden. Hin und wieder kratzte er eine davon auf und taumelte verwirrt in einen Abgrund aus Schmerz.

      Er war neugierig und geduldig, aber seine Angst konnte in Sekundenschnelle in rasende Wut umschlagen. Makepeace fürchtete sich vor dieser Wut. Im Augenblick waren sie beide in Sicherheit, aber es fehlte nicht viel, und die Fellmottes würden zu der Überzeugung kommen, dass Makepeace doch verrückt oder – noch viel schlimmer – besessen war.

      Sie lebte sich in Grizehayes ein, und trotzdem blieb sie ruhelos. Selbst die kleinen Gunstbezeugungen – der Unterricht, der Extra-Löffel Eintopf beim Mittagessen – machten sie nervös. Sie musste unwillkürlich an Gänse oder Schwäne denken, die man mästete und dann schlachtete, und sie begann sich zu fragen, ob auch auf sie irgendwo ein Messer wartete.

      Im Frühherbst geriet der Haushalt außer sich vor Begeisterung, weil zwei Mitglieder der Fellmotte-Familie, die lange abwesend gewesen waren, nach Grizehayes zurückkehrten. Einer war Sir Marmaduke, ein Vetter zweiten Grades von Lord Fellmotte, der ein Anwesen in den Welsh Marches bewohnte. Der andere war Symond, Sir Thomas’ ältester Sohn und sein Erbe.

      Symonds verstorbene Mutter hatte ihre Pflicht erfüllt und gehorsam acht Kinder hervorgebracht, ehe sie an einem Fieber starb. Vier von ihnen erfreuten sich noch ihres Lebens. Die beiden erwachsenen Töchter waren vorteilhaft verheiratet worden, und ihre neunjährige Schwester befand sich in der Obhut eines Vetters und war dem Sohn eines Baronets versprochen. Symond war der einzige noch lebende Sohn.

      Symond und Sir Marmaduke kamen direkt vom Hof in London, und alle waren ganz versessen darauf, Neuigkeiten aus der Hauptstadt zu erfahren. Für ein paar Humpen Bier unten im Hof war der Kutscher nur zu gerne bereit, sein wissbegieriges Publikum zufriedenzustellen.

      «Der Earl of Stafford ist tot», sagte er. «Das Parlament hat ihn wegen Hochverrats abgeurteilt. Jetzt steckt sein Kopf über dem Verrätertor.»

      Alle keuchten entsetzt auf.

      «Der arme Earl!», murmelte Mistress Gotely. «Nach allem, was er für den König getan hat. Was hat das Parlament denn bloß vor?»

      «Sie wollen mehr Macht für sich selbst, das ist es», sagte Young Crowe. «Sie berauben den König seiner Freunde und Verbündeten, einen nach dem anderen. Nicht das ganze Parlament ist verdorben, aber es gibt dort ein giftiges Vipernnest aus Rundköpfen, aus Puritanern, die die anderen Parlamentarier aufstacheln. Das sind die wahren Verräter – und sie sind vollkommen verrückt.»

      «Alle Puritaner sind verrückt», murmelte Long Alys, die rothaarige Waschfrau. «Oh, ich wollte dich nicht kränken, Makepeace, aber es stimmt doch!»

      Makepeace hatte es aufgegeben zu behaupten, sie sei keine Puritanerin. Ihr fremdartiger, bibeltreuer Name grenzte sie von den anderen ab. Im Grunde genommen war ihr dieser Abstand ganz lieb. Es war gefährlich, jemandem zu nahe zu kommen.

      Außerdem wusste Makepeace nicht mehr, was richtig war und wer die Oberhand gewann. Wenn sie den Leuten in Grizehayes zuhörte, dann hatte sie das Gefühl, dass in ihrem Kopf das Innere nach außen gekehrt wurde. In Poplar war jedermann klar, dass der König von schlechten Ratgebern und katholischen Intriganten vom rechten Weg abgebracht wurde und dass im Parlament nur brave, ehrliche und weitsichtige Männer saßen, die das Beste für alle wollten. Das war glasklar gewesen. Aus dieser Überzeugung sprach die Vernunft. Im Augenblick feierten die Bewohner von Poplar vermutlich den Tod des bösen Earls. Gelobt sei der Herr, Black Tom Tyrant ist tot!

      Aber hier in Grizehayes war es ebenso glasklar für alle Menschen, dass ein machtgieriges Parlament, angeführt von wahnsinnigen Puritanern, dem rechtmäßigen König die Krone zu stehlen versuchte. Keine Seite schien dumm zu sein, und beide waren sich ihrer Sache sicher.

       Wurde ich von Puritanern aufgezogen? Damals habe ich geglaubt, was sie glaubten. Waren wir alle wahnsinnig? Oder war ich damals auf der richtigen Seite und bin jetzt verrückt?

      «Aber das sind Nachrichten, die die Herrschaften in einem Brief hätten schicken können!», sagte Mistress Gotely. «Warum sind sie denn höchstpersönlich gekommen, und noch dazu so plötzlich?»

      «Sie wollten etwas nach Hause bringen», sagte der Kutscher mit geheimnisvoller Miene. «Ich habe es nur eine Sekunde lang gesehen, aber es sah aus wie ein Schriftstück mit einem Siegel so groß wie meine Handfläche.» Er senkte seine Stimme zu einem Flüstern, obwohl ihm ein Dutzend Ohrenpaare aufmerksam lauschten. «Wenn ihr mich fragt, war es das Siegel des Königs.»

      «Es ist eine Royal Charta», erklärte James Makepeace später an diesem Tag, als sie unter vier Augen miteinander sprechen konnten. «Ich habe es von Master Symond erfahren.»

      «Bist du mit Master Symond befreundet?», fragte Makepeace überrascht.

      Sie hatte nur einen kurzen Blick auf Symond geworfen, als er im Hof von seiner edlen grauen Stute stieg. Er war erst etwa neunzehn Jahre alt, aber prunkvoll gekleidet in Spitze und himmelblauen Samt. Mit seinem eisblonden Haar und der höfisch eleganten Haltung wirkte er wie eine seltene Kostbarkeit, wie die Schwäne aus Zuckerguss, die Mistress Gotely manchmal für wichtige Gäste herstellte. Er hatte weiche, angenehme Züge und sah ganz anders aus als Sir Thomas, abgesehen von dem kleinen Grübchen in seinem Kinn.

      Um die Wahrheit zu sagen, war Makepeace ziemlich beeindruckt, dass James mit einem solch exotischen Geschöpf auf vertrautem Fuß stand. Sie merkte, wie James sich aufplusterte und ihre Vermutung bestätigen wollte, aber seine Ehrlichkeit gewann die Oberhand.

      «Manchmal», sagte er stattdessen. «Ich war sein Gefährte, als er hier aufwuchs, und … manchmal waren wir Freunde. Er hat mir diese Kleider geschenkt und diese schönen Schuhe – das alles hat einmal ihm gehört. Und von ihm habe ich auch das hier.» James schob seine Haare hoch und Makepeace sah eine weiße Narbe entlang des Haaransatzes über seiner linken Schläfe.

      «Wir waren einmal gemeinsam auf der Jagd und ritten zwei feine Stuten. Wir sprangen über eine Hecke, und mein Sprung war sauberer als seiner. Ich СКАЧАТЬ