Schattengeister. Frances Hardinge
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Название: Schattengeister

Автор: Frances Hardinge

Издательство: Bookwire

Жанр: Книги для детей: прочее

Серия:

isbn: 9783772541445

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СКАЧАТЬ klang.

      «Es stimmt also! Du hast das gleiche Kinn wie ich!» Er berührte die Spalte in seinem eigenen Kinn, die genauso aussah wie ihre. «Ja», erklärte er, als sie große Augen machte, «das ist unser Vermächtnis. Sir Peters Daumenabdruck.»

      Das Blut stieg Makepeace in die Wangen, als ihr klar wurde, was er meinte. Sie war nicht das einzige uneheliche Kind von Sir Peter. Tief in ihrem Inneren hatte Makepeace glauben wollen, dass sich ihre Eltern geliebt hatten, damit ihre Existenz eine Bedeutung bekam. Aber nein, Mutter war nur eine kurze Affäre für ihn gewesen, nicht mehr.

      «Ich glaube dir nicht!», zischte Makepeace, obwohl sie es tat. «Nimm das zurück!» Sie ertrug es einfach nicht. In der seltsamen Weißglut des Augenblicks hätte sie am liebsten die Gitterstäbe aus dem Mauerwerk gerissen und ihn damit verprügelt.

      «Du hast ja ein ganz schönes Temperament», sagte er erstaunt. Und Makepeace teilte sein Erstaunen – noch nie hatte jemand so etwas über sie gesagt, und schon gar nicht mit einem Anflug von Anerkennung. «Du bist tatsächlich wie ich. Pst! Weck nicht gleich das ganze Haus auf!»

      «Was machst du hier?», fragte Makepeace mit leiserer Stimme.

      «All die anderen Dienstboten reden über dich», gab der Junge bereitwillig Auskunft. «Young Crowe sagt, du seist verrückt, aber ich habe ihm nicht geglaubt.» Aha, der adlergesichtige junge Diener, der sie geschlagen hatte, war also tatsächlich der junge Crowe. «Auf der anderen Seite des Turms gibt es noch ein Fenster, da bin ich rausgeklettert und dann auf dem Sims hier herüberbalanciert.» Er grinste über seine Erfindungsgabe.

      «Was, wenn du dich irrst? Was, wenn ich doch verrückt bin und dich jetzt runterstoße, in den sicheren Tod?» Makepeace fühlte sich immer noch gekränkt und in die Enge getrieben, aus keinem bestimmten Grund. Warum wollte ständig irgendjemand etwas von ihr, sei er nun lebendig oder tot? Konnte man sie und Bär nicht einfach in Ruhe lassen?

      «Mir kommst du aber gar nicht verrückt vor», sagte James mit aufreizender Selbstsicherheit, «und ich glaube nicht, dass du stark genug bist. Wie heißt du?»

      «Makepeace.»

      «Makepeace? Oh, ich vergaß, du bist ja Puritanerin.»

      «Bin ich nicht!», gab Makepeace zurück und wurde rot. Die gottesfürchtigen Leute von Poplar hatten sich nie als Puritaner bezeichnet, und als Obadiah sie so genannt hatte, hatte sie gemerkt, dass das Wort abfällig gemeint war.

      «Haben da, wo du herkommst, alle solche Namen?», fragte James unbeirrt weiter. «Ich habe gehört, dass sie Fight-the-Good-Fight heißen, Spit-in-the-Eye-of-the-Devil, Sorry-for-Sin, Miserable-Sinners-are-We-All und so weiter.»

      Makepeace gab keine Antwort. Sie war sich nicht sicher, ob er sich über sie lustig machte, denn in der Gemeinde von Poplar hatte es tatsächlich einen Sorry-for-Sin gegeben, kurz Sorry genannt.

      «Geh weg!», sagte sie stattdessen.

      «Ich bin gar nicht überrascht, dass man dich eingesperrt hat.» James kicherte. «Temperament wird hier im Haus nicht sonderlich geschätzt. Hör zu, ich finde eine Möglichkeit, dich da rauszuholen. Sir Thomas wird bald wieder in Grizehayes sein. Er ist Obadiahs Enkel, Sir Peters älterer Bruder. Er mag mich. Ich werde sehen, ob ich ein gutes Wort für dich einlegen kann.»

      «Warum?», fragte Makepeace perplex.

      James starrte sie genauso verständnislos an.

      «Weil du meine kleine Schwester bist», sagte er.

      Als er weg war, gingen Makepeace seine Worte nicht aus dem Sinn. Es sah ganz so aus, als ob sie einen Bruder hatte. Aber was bedeutete das schon? Wenn das, was James gesagt hatte, stimmte, dann war Lord Obadiah ihr Großvater, und in den Augen des alten Mannes hatte sie keine verwandtschaftliche Wärme erkennen können. Nur weil man dasselbe Blut hatte, hieß das noch lange nicht, dass man jemandem seine Geheimnisse anvertrauen konnte.

      Und doch schien es James für selbstverständlich zu halten, dass er und Makepeace auf derselben Seite standen.

      Aber die Tage vergingen, und James kehrte nicht zurück. Makepeace begann zu fürchten, dass sie zu abweisend gewesen war. Es dauerte nicht lange, und sie hätte alles dafür gegeben, ein freundliches Gesicht zu sehen.

      Young Crowe war nicht nur ihr Wächter, sondern auch ihr Richter. Wenn sie widersprach, aufschrie oder störrisch schwieg, interpretierte er das als Zeichen einer melancholischen Geisteskrankheit. Zur Strafe erhielt sie ein paar schmerzhafte Schläge auf die Schienbeine oder Arme.

      Makepeace hatte alle Mühe, Bär davon abzuhalten, zurückzuschlagen. Ihr Blick verdunkelte sich und sein Zorn drohte sie beide zu verschlingen. Nach den Besuchen von Young Crowe marschierte Bär stundenlang in dem kleinen Zimmer auf und ab und bellte manchmal mit ihrer Stimme auf. Manchmal gab es Momente, in denen er sie anscheinend verstand und sie ihn beruhigen konnte. Manchmal war es aber auch so, als würde man mit einer Gewitterwolke reden. Er begriff weder die Gitterstäbe noch Makepeaces körperliche Grenzen, noch ihr Verlangen, hin und wieder den Nachttopf zu benutzen.

      Nachdem Bär ihre Schale quer durch das Zimmer geschleudert und zerbrochen hatte, legte man Makepeace Fußeisen an. In den darauffolgenden Tagen hielt man sie jeden Morgen fest und goss ihr ein rötliches Gebräu in die Nase, das nach Roter Beete roch und ihr «Gehirn kühlen» sollte. Als man sie beim Weinen erwischte, flößte man ihr eine Suppe ein, auf die sie erbrechen musste, um die «schwarze Galle» loszuwerden, die der Grund für ihre «Melancholie» war.

      Bär war fremd und gefährlich und machte alles nur noch schlimmer. Trotzdem hielt sie an ihm fest. Sie hatte einen unsichtbaren Freund, und nur deshalb konnte sie die Verzweiflung in die Schranken weisen. Sie hatte jemanden, den sie beschützen wollte und der stumm in ihr tobte, weil er für sie das Gleiche tun wollte. Wenn sie schlief, war ihr, als ob sie sich um etwas Kleines, Rundliches kuschelte, wie um ein Bärenbaby, das gleichzeitig groß und warm war und sie umfasste, um sie vor der Welt zu bewahren.

      Eines Tages ließ Young Crowe sie auf eine Trage fesseln und bedeckte ihr Gesicht mit einem Tuch. Sie wurde über die vielen Stufen nach unten getragen – oder besser gesagt: gekippt – und in einen Raum gebracht, in dem es heiß war und nach Rauch, Fleisch, Gewürzen und Zwiebeln roch.

      «Kehrt die glühenden Kohlen aus, die Steine halten die Hitze noch lange genug. Helft mir, wir müssen ihren Kopf in den Ofen halten, nicht zu weit hinein …»

      Makepeace wehrte sich, aber die Fesseln hielten sie fest. Sie fühlte das Ruckeln der Trage, als man sie anhob, dann die sengende Hitze des Ofens auf ihrem Gesicht, trotz des Tuchs. Sie konnte kaum noch atmen, und die heiße, rauchige Luft brannte in ihren Lungen. Ihre Haut stach und kribbelte, und sie schrie vor Angst auf, weil sie dachte, dass ihre Augen gleich anfangen würden zu kochen …

      «Was machst du da, Crowe?», fragte eine fremde Stimme.

      «Sir Thomas!» Der junge Crowe klang mit einem Mal eingeschüchtert. «Wir wollen das Lightfoot-Mädchen von ihrer Melancholie heilen. Die Hitze des Ofens wird alle ungeordneten Einbildungen aus ihrem Kopf herausschwitzen. Es ist eine bewährte Methode … hier in diesem Buch gibt es ein Bild davon …»

      «Und was hast du dann mit ihr vor? Willst du sie mit Radieschen und Senf zum Abendessen servieren? Hol das Mädchen aus dem Ofen, Crowe. Ich will mit ihr reden, und das kann ich nicht, während sie gebacken wird.»

      Ein paar Minuten später saß Makepeace, die immer noch vor Rauch СКАЧАТЬ