Название: Becca - Liebe ist nichts für Feiglinge
Автор: Rachel Hauck
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783765574740
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„Sie hätte wenigstens seine Position anders nennen können“, bemerkt Lucy leise.
„Sollte man meinen.“ Ich koche wieder. Es gibt keinen Grund, absolut keinen, mir diese Position wegzunehmen. Meine Arbeitsergebnisse sind ausgezeichnet, keine Spur von mangelnder Qualifikation oder fehlender Führungskompetenz.
Ich investiere mich zu 130 Prozent in Casper & Company. Ich komme früh, gehe spät. Letztes Jahr habe ich freiwillig sogar über das Thanksgiving-Wochenende gearbeitet, damit ein Auftrag im Wert von einer halben Million rechtzeitig rausgehen konnte. Und im Dezember habe ich zwei Tage meines Colorado-Urlaubs geopfert, um den Verkaufsleiter zu einem Kunden zu begleiten.
„Becca, es muss doch einen Grund geben“, schließt Lucy.
„Attilas irrwitzige Inkompetenz?“
„Rede mit Jonathan“, schlägt sie vor.
„Der hat doch kein Rückgrat. Er wird mir erzählen, ich soll mit Veronica reden, und dann wird er sich hinter ihren Argumenten verstecken.“
„Dann sprich mit Veronica.“ Lucy gibt mir lauter Ratschläge, die ich nicht hören will.
„Nein. Sie hat das ausgeheckt – soll sie doch zu mir kommen.“
„Prima.“ Lucy seufzt. „Dann musst du eben damit leben. Aber beschwer dich nicht!“
Ich lache. „Wie gut kennst du mich überhaupt?“
„Becca, schon seit der zehnten Klasse. Du bist für mich wie eine Schwester, aber ich werde mir in den nächsten zwölf Monaten nicht dein Gejammer anhören, was diese Veronica Karpinski dir angetan hat.“
Lucy kennt mich tatsächlich. Aber ihre Offenheit ändert nichts an den Tatsachen: Ich werde jammern. Am liebsten würde ich ja zu Veronica marschieren und die Sache noch mal verhandeln. Aber das hier ist ihr Spiel.
Ich bin, äh, ich war Leiterin dieser Abteilung. Ab-tei-lungs-lei-tung. Ausbilder, technischer Support, Vertriebsunterstützung und Dokumentation – alle waren mir unterstellt. Und ich habe mich für sie stark gemacht, für meine Leute.
Mike Perkins … Soll das ein Witz sein? Keiner kann ihn ausstehen. Er ist der totale Egoist. Und kommt immer mit den dämlichsten Sachen an. In jeder Abteilungsbesprechung räuspert er sich ungefähr hundert Mal, bevor er fragt: „Hat jemand Interesse an der neuesten Folge von Xena, die Kriegerprinzessin? Ich hab sie aufgenommen.“ Jede Woche. Der Typ macht mir Angst.
Ich höre ein leichtes Klopfen. Als ich aufschaue, steht Veronica schon in der Tür.
„Lucy, ich ruf dich zurück“, belle ich in den Hörer und lege schnell auf.
Aha. Da ist die feige Socke. Ich drehe Veronica den Rücken zu und wische mir ein letztes Mal mit dem durchweichten Organigramm über die Augen, bevor ich mich mit einem leisen Lächeln umdrehe und meiner Exchefin einen Stuhl anbiete.
„Und? Was sagst du dazu?“ Sie zieht sich den Stuhl heran und greift mit einer perfekt manikürten Hand nach dem Organigramm. Dann verzieht sie das Gesicht. „Das ist ja ganz nass.“
„Wasser. Ich hab’s als Unterlage benutzt.“
„Oh.“ Sie lässt das Blatt wieder auf den Schreibtisch fallen. „Und?“ Veronica schlägt die Beine übereinander und wippt mit einem Fuß.
„Ich versteh’s nicht.“ Meine Kopfschmerzen werden immer schlimmer und ich lehne mich haltsuchend an den Schreibtisch. Ich könnte mich auch setzen, aber zu stehen gibt mir das Gefühl, die Dinge im Griff zu haben – ob das nun stimmt oder nicht.
„Umschwung, Rebecca. Wir bringen den Kundendienst damit einen großen Schritt weiter.“
Aus den dunklen Wolken vor meinem Fenster ertönt leises Donnergrollen. Ich werfe einen Blick nach draußen. Ein Blitz zuckt zu Boden wie die Zunge einer Schlange. Dann prasselt Regen an die Scheiben.
„Was für einen Schritt?“, will ich wissen und sehe Veronica direkt an. „Wovon redest du?“
„Mike Perkins hat eine neue Struktur entwickelt, in der Ausbildung und technischer Support enger mit der Produktentwicklung verflochten sind. Er hat ein paar neue Ebenen in die Gesamtstruktur eingezogen. Jonathan findet es gut. Ich auch.“
Ein paar neue Ebenen? Managergefasel.
„Mir fehlen die Worte.“
„Sag einfach, du bist im Boot.“ Veronica lächelt. Immer noch wippt sie mit dem Fuß.
Mit Todesverachtung frage ich: „Warum hast du nicht mit mir darüber gesprochen, dass du etwas ändern willst, Veronica? Ich war nämlich die Leiterin dieser Abteilung.“
„Ach, Rebecca, eine rein geschäftliche Entscheidung. Nimm’s nicht persönlich.“ Sie zuckt die Achseln, als ginge es um irgendeine Kleinigkeit.
Rein geschäftliche Entscheidung? Ist das alles, was sie mir an Respekt zollt? „Veronica, ich habe mir diese Position erarbeitet. Ich kenne die Branche, ich kenne unsere Produkte und unsere Kunden. Ich verdiene eine bessere Position.“ Ich verkaufe mich noch einmal, in der Hoffnung, dass ich eher selbstbewusst klinge als verzweifelt.
„Wenn du nicht an Bord kommen willst …“ Sie beendet den Satz nicht, während sie mir direkt in die Augen sieht.
Ich verdaue die leise Drohung. Das Blut strömt von meinem Hirn direkt in meine Füße und ich fürchte, dass ich gleich zu Boden gehe. Ich darf es nicht übertreiben. Mein neues Cabrio hat mein Konto geplündert und die Kreditkarte wurde schon mit den Weihnachtseinkäufen belastet.
Ich gehe zurück zu meinem Schreibtischstuhl. Nein, ich habe hier überhaupt nichts im Griff. Ich kann mich also ebenso gut hinsetzen. „Wenn Mike jetzt die Abteilung leitet – was mache ich dann?“
„Alles, was dir Spaß macht“, erwidert Veronica begeistert, als hätte sie gerade eine Resolution zur Beendigung des Welthungers verkündet. „Direkter Kundenkontakt, Schulungen, Reisen. Wir brauchen deine Erfahrung im Team.“
Ich bin ruckartig wieder auf den Beinen, sodass der Stuhl gegen das Sideboard kracht. „Reisen?“
„Genau!“
„Nein, Veronica, ganz sicher nicht. Das hab ich alles wirklich schon durch. Ich will kein Leben mehr, das von Reiseterminen diktiert wird. Ich habe nämlich auch noch ein Privatleben. Und einen Partner.“
Ja, Chris. Ein Gedanke flattert mir durchs Hirn. Hätte ich ihn nicht anrufen sollen, ob wir gemeinsam zum Lunch gehen?
„Denk an die vielen Bonusflugmeilen.“ Veronica steht auf und streicht ihren Wollrock glatt. „Das ist die Position, die wir dir anbieten, Rebecca.“
Bonusflugmeilen. Die gesamte Luftfahrtbranche kann mir nicht so viele Bonusflugmeilen bieten, dass ich freiwillig in den Reisekundendienst zurückgehe. Ausgeschlossen.
Ich brauche frische Luft. Ich angele meine sündhaft СКАЧАТЬ