Название: "...von dem müden Haupte nehm' die Krone ich herab"
Автор: Gabriele Praschl-Bichler
Издательство: Bookwire
Жанр: Документальная литература
isbn: 9783902998323
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Auch bei Christomanos finden sich diesbezügliche Eintragungen: »Heute hat mich die Kaiserin erst um 4 Uhr nachmittags zu sich rufen lassen, anstatt um 11 Uhr mit mir nach Schönbrunn auszufahren. Der ganze Vormittag war der Waschung des Haares gewidmet worden. Dies geschieht alle 14 Tage. Deswegen trug sie das Haar jetzt offen über den Rücken, damit es trocken würde. Ihr Anblick in solcher Gestalt, wenn sie die Krone aufgelöst hat und nicht mehr die Stirn unter ihrem Gewicht neigen muß, ist womöglich noch anmutiger und dabei majestätischer, ihrem wahren Wesen angemessener.« (ders., S. 53)
Das Waschprogramm mußte mit dem seelischen Zustand der Kaiserin harmonieren. Abweichungen wurden wie viele dieser kleinen Rituale des Alltags vom Kaiser sorgfältig festgehalten: »Der deutlichste Beweis, wie krank Du warst, ist für mich, daß Du dir erst jetzt zum ersten Male seit Wien den Kopf waschen ließest, aber daß Du es bereits thun konntest, ein erfreuliches Zeichen, daß es Dir wirklich besser geht.« (aus einem Brief des Kaisers an seine Gemahlin – Wien, 11. Februar 1898)
Im Mai 1898 weilte Kaiserin Elisabeth für die Dauer einer Kur in Bad Brückenau, weshalb an die Kurverwaltung der Auftrag erging, bei den Bauern der Umgebung einhundert frische Eier zu ordern, die die Kaiserin damals für den angesetzten Haarwaschtag benötigte. Außerdem mußte ein Eimer reinsten Wassers, das der Apotheker von Bad Brückenau in einem mehrstündigen Vorgang zu destillieren hatte, um die gewünschte Qualität anbieten zu können, bereitgestellt werden. Der letzte große Haarwaschtag fand am 7. September 1898 (drei Tage vor dem Tod der Kaiserin) im Hotel Caux bei Montreux statt.
Als Kaiserin Elisabeth sich anläßlich der Trauung (in Stellvertretung) ihrer Schwester Marie Sophie, der späteren Königin von Neapel und nachmaligen Heldin von Gaeta, im Jahr 1858 in Triest aufhielt, bezog sie im alten Regierungsgebäude einige für sie vorbereitete Räume. Der damalige Statthalter Baron Mertens und seine Gemahlin überboten sich im Diensteifer für die Kaiserin. Als eines Tages die mitgeführte Friseuse Franziska Feifalik unwohl war, so daß sie ihre künstlerische Tätigkeit nicht ausüben konnte, ereiferte sich das Ehepaar Mertens in der Suche nach einer würdigen Ersatzfriseuse. Ein einheimisches, geschicktes Mädchen wurde gefunden, das das Haar der Kaiserin mit angstvoller Sorgfalt kämmte, da sie gehört hatte, daß jedem ausgegangenen Haar viel Bedeutung beigemessen wurde. Mit zitternden Händen strich sie mit dem Kamm durch das dichte Haar der Kaiserin und hegte plötzlich den innigen Wunsch, ein, zwei Haare zur Erinnerung an den Tag behalten zu wollen. Nach Beendigung der Arbeit wollte sie sich von keinem der am Kamm haftenden Haare trennen, die sie auf der Silbertasse des Toilettetischs ablegen sollte, sondern steckte sie alle mit einem kühnen Griff in den Mund. Die Kaiserin, die das Manöver in einem Spiegel mitverfolgt hatte, verwunderte sich darüber und fragte das Mädchen nach dem Zweck dieser Tat. Die ertappte Friseuse warf sich daraufhin, um Verzeihung bittend, auf die Kniee und gestand ihr unwiderstehliches Verlangen, zur Erinnerung an den Tag kaiserliches Haar behalten zu wollen. Elisabeth, die darüber gerührt war, antwortete mit einer für sie einzigartigen Geste: sie nahm die Silberschere vom Toilettetisch, schnitt aus der Haarfülle eine Locke heraus und überreichte sie dem in Tränen aufgelösten Mädchen zum Geschenk.
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»(Vor dem Spiegel) standen die zwei Kaiserinnen und nahmen an ihren Waden Maß …«
(Graf Hanns Wilczek über die »Wadenkonkurrenz« zwischen Kaiserin Eugénie von Frankreich und Elisabeth)
Über den Körperkult Elisabeths
Zu den äußerst delikaten Aufgaben Franziska Feifaliks gehörte auch der sogenannte »Vermessungsdienst«. Als die Kaiserin immer besorgter auf Körpergewicht und Figur zu achten begann, mußte die Vertraute jeden Morgen und jeden Abend Taille-, Waden- und Schenkelumfang der Kaiserin messen und die Werte in ein eigenes Buch eintragen. Anläßlich des Treffens von Kaiser Napoleon III. und Kaiser Franz Joseph im August 1867 in Salzburg fand sogar eine »Vermessungskonkurrenz« zwischen den beiden Kaisergemahlinnen, Eugénie und Elisabeth, statt, an der – unbeobachtet – ein geheimer Zeuge teilnehmen durfte. Graf Hanns Wilczek, der Kaiserin Eugénie als Dienstkämmerer zugeteilt worden war, erzählt in seinen Erinnerungen von der delikaten Begebenheit, die in einer sich betont puritanisch gebenden Zeit ihresgleichen sucht: »Als ich eines Tages im Vorzimmer der Kaiserin Eugénie Dienst hatte und auf ihre Anweisungen wartete, kam sie plötzlich auf mich zu und sagte: ›Die Kaiserin (von Österreich) kommt mich gegen Mittag besuchen. Ab diesem Zeitpunkt hat die Türe zu meinem Zimmer für alle Leute verschlossen zu bleiben. Ich bitte Sie ausdrücklich, niemanden durchzulassen, wer immer auch kommt.‹ Eine Dame aus Frankreich, die die Kaiserin begleitete, verabschiedete sich, und einige Minuten später betrat die (österreichische) Kaiserin in voller Pracht ihrer Schönheit das Vorzimmer. Sie befahl mir, sie bei der (französischen) Kaiserin zu melden. Das tat ich auch, und nachdem die (österreichische) Kaiserin eingetreten war, verharrte ich ergeben auf meinem Posten. Ich mußte niemanden abweisen, da niemand kam. Ungefähr eine Viertelstunde später erschien Kaiser Napoleon. ›Ist Ihre Majestät die Kaiserin in Ihren Zimmern? Wenn ja, so bitte, melden Sie mich sofort bei ihr, da ich mit ihr eine sehr wichtige Unterredung zu führen habe.‹ – ›Es tut mir sehr leid, Sire, aber die Kaiserin empfängt im Moment niemanden. Sie hat mir Befehl gegeben, die Türe zu Ihrem Zimmer strengstens zu bewachen.‹ – ›Mein lieber Graf, wenn ich sie zu sprechen wünsche, wird sie mich sicherlich empfangen.‹ Er unterstrich diese Anweisung mit einer Geste seiner Hand, und es blieb mir also keine andere Wahl, als hineinzugehen und sein Kommen zu melden. Sehr leise öffnete ich die Türe und mußte durch zwei leere Zimmer und sogar durch das Schlafzimmer in das Umkleidezimmer gehen, zu dem die Türe halb geöffnet war. Der Türe gegenüber war ein großer Spiegel, und mit dem Rücken zu meinem Aussichtspunkt standen die zwei Kaiserinnen und nahmen an ihren Waden Maß – wahrscheinlich an den wohlgeformtesten, die Europa zu dieser Zeit kannte! Die Szene war unbeschreiblich, und ich werde sie mein ganzes Leben lang nicht vergessen. Aber ich hatte sie zu Ende zu bringen, weshalb ich die Türe leicht bewegte. Die beiden Kaiserinnen drehten sich um und lachten sehr gnädig, als sie mich erblickten. Kaiserin Eugénie sagte: ›Oh, natürlich, Kaiser Napoleon möchte mich sprechen. Sagen Sie ihm bitte, daß er fünf Minuten warten soll.‹ Und er mußte tatsächlich fünf Minuten warten, bis er vorgelassen wurde.« (Wilczek, S. 71 f.)
Ebenso wie die tägliche Vermessung der Taille, der Schenkel und der Waden gehörte das dreimal tägliche Wägen zum fixen Bestandteil des Schönheitsprogramms. Die Kaiserin ließ alle Ergebnisse in Listen festhalten und reagierte bei der geringsten Gewichtszunahme mit strengen Maßnahmen: Sofort wurden die Essensmengen herabgesetzt, was bewirkte, daß Elisabeth bei einer Körpergröße von 172 Zentimetern ihr Leben lang zwischen fünfundvierzig und fünfzig Kilogramm wog.
Wie jede Zeit der Geschichte brachte auch das 19. Jahrhundert zahlreiche Methoden der Schlankerhaltung hervor, die die Kaiserin dankbar annahm und eifrig anwandte. So schlief sie zum Beispiel oftmals »mit feuchten Tüchern oberhalb der Hüften, um ihre Schlankheit zu bewahren …« (Wallersee, S. 53), oder sie trank eine Mixtur, die aus mit Salz gewürztem, rohem Eiweiß von fünf bis sechs Eiern bestand. Ein anderes bevorzugtes Diätmittel stellte süße und saure Kuhmilch dar. Der Kaiser erstand dafür besonders qualitätvolle Kühe, die jeweils im Schönbrunner Tirolergarten untergebracht wurden. Als Ende September des Jahres 1895 neu angekaufte Tiere geliefert wurden, überzeugte sich Kaiser Franz Joseph an Ort und Stelle vom Zustand und der Qualität der Kühe, was er der Gemahlin in einem Brief vom 29. September mitteilte: »Gestern waren wir (der Kaiser und Katharina Schratt) im Tiroler Garten, wo wir die beiden neuen Kühe, Deinem Befehle gemäß, ansahen, die mir sehr gut gefielen. Auch kosteten wir kuhwarme Milch von der Kuh aus Aix-les-Bains, die ich besonders gut fand. Es war keine Zeit, auch noch die andere Kuh melken zu lassen, da ich in die Stadt mußte, aber Heute nach der 7 Uhr Messe kommt von jeder der beiden Kühe eine kleine СКАЧАТЬ