"...von dem müden Haupte nehm' die Krone ich herab". Gabriele Praschl-Bichler
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СКАЧАТЬ der fleischgewordene Begriff von Etikette, von Ehrgefühl, von Pflicht und von Ordnung war. Und obwohl er sich zeit seines Lebens allem höfischen Protokoll unterwarf und weiterhin zu unterwerfen gedachte und sich und seinen Untergebenen jede Selbstdisziplin abverlangte, gestand er der jungen Gemahlin die Freiheit zu, auch in Hinkunft für sich selbst zu entscheiden, und untersagte dem Hofstaat fürs erste, den geringsten Einfluß auf die Pläne seiner Frau zu nehmen.

      In den Wintermonaten bezog das Kaiserpaar eigene Appartements in der Hofburg, und als Elisabeth zum ersten Mal ihre Räume betrat, ordnete sie als erstes an, daß man ein Bad für sie bereiten sollte. Sie staunte nicht schlecht, als man sie in eine mit Wasserdampf gefüllte Kammer führte, in der nichts anderes als ein ovales Badeschaff stand. Unter diesen Umständen verzichtete sie auf das Bad und nahm mit den für jedes Mitglied des Kaiserhauses vorgeschriebenen sieben Waschschüsseln vorlieb. Schließlich verfügte auch der Kaiser über kein eigenes modern eingerichtetes Badezimmer. Er wusch sich zunächst auch in einem Holzschaff – später in einer Gummibadewanne – und benutzte anstatt eines Wasserklosetts einen Leibstuhl. Diese wenigen Gegenstände stellten die kaiserliche sanitäre Gesamtausstattung dar. Es dauerte einige Jahre, bis anläßlich von Umbauarbeiten in Schloß Schönbrunn für die Kaiserin ein Badezimmer eingerichtet wurde, das mit etlichen Spiegeln an den Wänden, mit Fließwasser und anderen kleinen Annehmlichkeiten ausgestattet war. 1876 erhielt Elisabeth auch in der Hofburg ein eigenes Badezimmer, das in ihren Garderoberäumen, den sogenannten Bergl-Zimmern (nach dem Ausführenden der Wandmalereien Johann Bergl benannt) Platz fand. Es verfügte über eine große Badewanne aus verzinktem Kupferblech, über ein separates Wasserschaff aus Kupferblech und war mit Wandarmaturen bestückt. In einem Nebenraum wurden ein porzellanenes, zart bemaltes Wasserklosett und ein eigenes Waschbecken installiert. Schloß Laxenburg sollte noch im Jahr 1881, zur Zeit der Vermählung des Thronfolgerpaares, Kronprinz Rudolf und Prinzessin Stefanie von Belgien, über keinerlei ernstzunehmende sanitäre Einrichtungen verfügen: »Nirgends lagen … Teppiche, kein Toilettetisch, kein Badezimmer – nur ein Lavoir auf einem dreibeinigen Schemel.« (Haslip, S. 357)

      Es sollte bis knapp vor die Jahrhundertwende dauern, bis die Villa in Ischl über ein modernes Ensemble an Bade- und Waschgelegenheiten verfügte. Aus einem Brief Kaiser Franz Josephs an seine bei ihren Verwandten in Bayern weilende Gemahlin gehen einige Einzelheiten der Einrichtung hervor, die sich auf vorher gegebene Anweisungen Elisabeths beziehen: »Ich habe Valérie (der jüngsten Tochter des Kaiserpaars) Deine Aufträge ausgerichtet, habe Dein Badezimmer praktisch gefunden, nur steht der neue Abschwemmarnyékszék (ungarisch für Wasserklosett) vollkommen öffentlich im Zimmer. Das Wasser kommt, wie mir Zellner sagte, aus der Wasserleitung am Jainzen, mittels eines in der Nähe des Cottage neu errichteten Reservoires.« (Ischl, 2. Juli 1896)

      Nach dem Geschmack der Kaiserin ließ auch die andere Einrichtung der Hofburg zu wünschen übrig, obwohl Erzherzogin Sophie, die Mutter Kaiser Franz Josephs, anläßlich der Hochzeit ihres Sohnes die Appartements für das junge Paar hatte vollständig überholen lassen (die Räume waren allesamt mit neuen Möbeln, Tapeten und Vorhängen versehen worden). Nicht geändert werden konnte das Beheizungssystem, das sich in den frühen fünfziger Jahren des 19. Jahrhunderts auch noch nicht wesentlich von dem vorhergehender Zeiten unterschied. Die Öfen in dem vom Kaiserpaar bewohnten Trakt der Hofburg stammten zum Großteil aus dem 18. Jahrhundert. Es waren weiße Stücke aus Fayence mit Barock- oder Rokokoverzierungen, die in den bewohnten Räumen standen und von den Garderoberäumen und Korridoren, wo sich die Ofentüren befanden, beheizt wurden. Diese Öfen erregten – wie die ungenügend ausgestatteten Badezimmer – die besondere Unzufriedenheit der jungen Kaiserin. Sie brachten in den zugigen Räumen nicht die gewünschte Wärme zustande, weshalb Elisabeth in einigen ihrer im Amalientrakt der Hofburg gelegenen Zimmer zusätzliche Kachelöfen einbauen ließ, die bis heute – in ihrem großen Salon zum Beispiel – einen aus dem 17. Jahrhundert stammenden, offenen Kamin flankieren. Es entsprach dem zeitweils unsteten Naturell der Kaiserin – bei gegebenem Anlaß – in denselben Räumen winters die Hitze nicht zu ertragen, wie aus einer poetischen Tagebucheintragung des Griechischlehrers der Kaiserin (Constantin Christomanos) hervorgeht: »Über die roten, samtweichen Teppiche, die den Boden bedeckten, schritten wir (während des Studierens) auf und ab … zwischen den stillen Wassergründen der Spiegel, in einer Luft, die so rein und kühl war, wie die auf den Gipfeln der Berge – weil die Fenster (im Dezember!) alle offen standen – und lasen die Odyssee.« (ders., S. 54)

      Dieselben Räume der Hofburg waren im Sommer wegen des Hitzestaus, der sich dort bildete, kaum bewohnbar. Dem Kaiser mußte zur Verbesserung des Raumklimas ein elektrischer Ventilator aufgezwungen werden, und die Kaiserin floh die Hofburg ohnehin schon bald, nachdem sie sie bezogen hatte. Zunächst hielt sie sich an heißen Sommertagen in einem eigens für sie in der Meierei der Fasanerie des Schönbrunner Schloßparks eingerichteten ungarischen Bauernzimmer auf. Das Zimmer stand ausschließlich zu ihrer persönlichen Verfügung, das sie als eines der ersten zu einem ihrer Elfenbeintürme erkor. Wenn sie es verließ, sperrte sie es mit einem goldenen Schlüssel ab, über den sie alleine verfügte, und kehrte meist wenig später – die Hofgesellschaft fliehend – wieder dorthin zurück.

       2

       »… im Sommer zog sie die Schuhe über die nackten Füße und trug das Kleid unmittelbar auf dem nackten Körper.«

      (Gräfin Larisch-Wallersee über ihre Tante, die Kaiserin)

       Die Garderobe der Kaiserin

      Als Herzogin Elisabeth in Bayern kurz vor ihrer Vermählung stand, erhielt sie wie jede andere Prinzessin oder hohe Bürgertochter von den Eltern eine entsprechende Aussteuer (im Wert von 50 000 Gulden, das entspricht einem heutigen Wert von knapp über sechs Millionen Schilling), die aber zu spät und deshalb sehr hastig zusammengestellt werden mußte, da man zunächst darauf vorbereitet gewesen war, die ältere Tochter Helene (Néné) mit Kaiser Franz Joseph zu verheiraten. Auf ihre Ausstattung hatte man viel Zeit und Mühe aufgewendet, da sie seit langem als kaiserliche Braut ausersehen war. Deshalb stellte die Garderobe Elisabeths zum Zeitpunkt ihrer Hochzeit noch kein vollständiges, dem höfischen Zeremoniell am Habsburgerhof entsprechendes Ensemble dar. Es mußte erst in den Monaten nach der Hochzeit und unter Mithilfe des Wiener Hofstaates ergänzt und vervollkommnet werden.

      Zunächst wurden vierzehn Dutzend Paar (168 Stück) Strümpfe, zwanzig Paar verschiedener Handschuhe, sechs Paar Lederstiefel sowie 113 Paar Schuhe (im Gesamtwert von 700 Gulden, mehr als 85 000 Schilling, was bedeutet, daß ein Paar Schuhe um die S 760 kosteten) aus Samt, Atlas, Seide oder »Zeug« (Leinen) angeschafft, da die Kaiserin von Österreich ein Paar Schuhe oder ein Paar Handschuhe nur wenige Male tragen durfte. Bei feierlichen Anlässen mußten sie sogar mehrmals täglich gewechselt werden. »Elisabeth mußte lernen, daß eine Kaiserin zu jeder Stunde des Tages tadellos gekleidet zu sein hatte, auch wenn sie sich auf dem Lande aufhielt (das bezieht sich vor allem auf die erste Zeit nach der Hochzeit, als das kaiserliche Paar in Schloß Laxenburg wohnte) und niemand außer ihren Hofdamen sah; sie mußte lernen, daß eine Kaiserin nie ohne Handschuhe erscheinen und ein Paar Schuhe höchstens sechsmal anziehen durfte; danach standen sie ihren Zofen zu.« (Haslip, S. 87) In späteren Jahren hat sich die Kaiserin von allen Vorschriften freigemacht, die ihr nicht nur lästig gefallen waren, sondern die auch – was das Tragen immer neuer Schuhe betraf – dem Zustand ihrer ohnehin problematischen Beine und Füße nicht förderlich waren.

      Der Kaiser zeigte sich von Beginn der Ehe an als großzügiger Gemahl. Laut eines Vertrags vom 4. März 1854 hatte Elisabeth von ihrem Vater 50 000 Gulden (rund 6 Millionen Schilling) Mitgift erhalten, die Kaiser Franz Joseph mit 100 000 Gulden (rund 12 Millionen Schilling) »kompensierte«. Außerdem erhielt die junge Kaiserin am Tag nach der Hochzeitsnacht zwölftausend Dukaten Morgengabe (Dukaten waren kein Zahlungsmittel, weshalb der Wert schwer umzurechnen ist), die der Kaiser der Gemahlin kraft eines alten Brauches für die eingebüßte Jungfernschaft »schuldete«. An »Spenadelgeld« (Budget für Kleider und wohltätige СКАЧАТЬ