Der gestohlene Bazillus. Herbert George Wells
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Название: Der gestohlene Bazillus

Автор: Herbert George Wells

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783961184019

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СКАЧАТЬ Satz.

      »Das trifft sich ausgezeichnet!« erwiderte er und wandte sich erst nach der einen, dann nach der andern Seite. »Nach welcher Richtung wollen wir gehen?«

      Ich ließ meine Stiefel im Hausflur zu Boden gleiten. »Hören Sie mich an!« sagte er plötzlich. »Es handelt sich da um eine ganz langstielige Geschichte. Kommen Sie mit, Mr. Eden, und frühstücken Sie mit mir. Ich bin ein alter Mann und nicht besonders stark in Auseinandersetzungen; und bei meiner dünnen Stimme und dem Wagengerassel ...«

      Dabei legte er überredend eine knochige, zittrige Hand auf meinen Arm.

      Ich war noch nicht so alt, als daß ein alter Mann mir nicht hätte ein Frühstück anbieten dürfen. Trotzdem war ich nicht so ganz erfreut über die plötzliche Einladung »Ich möchte lieber –« begann ich. »Aber ich möchte lieber,« fiel er mir ins Wort. »Und eine gewisse Rücksicht dürfen meine grauen Haare ja wohl beanspruchen.« So willigte ich denn ein und ging mit ihm.

      Er führte mich zu Blavitski. Ich mußte langsam gehen, um mich seinen Schritten anzupassen. Und bei einem Frühstück, wie ich es noch nie gekostet hatte, sah ich ihn mir, während er meinen einleitenden Fragen geschickt auswich, näher an. Sein glattrasiertes Gesicht war verfallen und runzlig, seine eingeschrumpften Lippen hingen über einem falschen Gebiß, und sein weißes Haar war dünn und ziemlich lang; er kam mir klein vor – freilich, die meisten Leute kamen mir klein vor – und seine Schultern waren rund und vorgebeugt. Während ich ihn beobachtete, mußte ich wohl oder übel bemerken, daß auch er mich musterte, indem er seine Augen, in denen ein sonderbarer Ausdruck von Gier lag, über mich hinlaufen ließ, von meinen breiten Schultern auf meine sonnverbrannten Hände und wieder hinauf zu meinem sommersprossigen Gesicht. »Und jetzt,« sagte er, als wir unsere Zigaretten ansteckten, »muß ich Ihnen sagen, um was es sich handelt.«

      »Ich muß Ihnen vor allem sagen, daß ich ein alter Mann bin, ein sehr alter Mann.« Er hielt einen Moment inne. »Und der Zufall will, daß ich Vermögen besitze, das ich nun bald werde zurücklassen müssen, und daß ich kein Kind und niemand habe, dem ich es hinterlassen könnte.«

      Mir kam der Gedanke an einen Vertrauenstrick, und ich beschloß, ein scharfes Auge auf den Rest meiner fünfhundert Pfund zu haben.

      Er fuhr fort, sich über seine Einsamkeit zu ergehen und die Sorge, die es ihm mache, eine geeignete Verwendung für sein Geld zu finden. »Ich habe ja diesen und jenen Plan erwogen – Wohltätigkeitsanstalten, Stiftungen, Stipendien, öffentliche Bibliotheken – und bin am Ende zu dem Entschluß gekommen« – er heftete seine Augen auf mein Gesicht –, »daß ich mir irgendeinen jungen Menschen suchen will – von hohem Streben und reiner Gesinnung – und arm, gesund an Leib und Seele, und ihn kurzerhand zu meinem Erben machen, ihm alles geben, was ich habe.« Er wiederholte: »Ihm alles geben, was ich habe. So daß er mit einem Male aus aller Sorge und allem Kampf, in denen die harmonischen Kräfte seiner Natur sich entwickelt haben, zu Freiheit und Macht erhoben werden soll.«

      Ich versuchte, möglichst wenig Interesse zu zeigen. Mit sehr durchsichtiger Heuchelei sagte ich: »Und ich soll Ihnen, etwa in meiner Eigenschaft als Mediziner, helfen, diese Persönlichkeit zu finden?«

      Er lächelte und blickte mich über seine Zigarette weg an; und ich lachte auch ein bißchen, wie er so stillschweigend meine erkünstelte Bescheidenheit entlarvte.

      »Was für eine Karriere könnte solch ein Mensch haben!« sagte er.

      »Es erfüllt mich mit Neid fast, wenn ich daran denke, wie ich aufgehäuft habe, damit ein anderer verbrauchen kann –«

      »Aber es sind Bedingungen dabei, selbstverständlich, Lasten, die er auf sich nehmen müßte. Er müßte zum Beispiel meinen Namen annehmen. Man kann nicht alles erwarten, ohne selbst etwas zu geben. Und ich müßte einen Einblick haben in seine sämtlichen Lebensverhältnisse, ehe ich ihn annehmen könnte. Er muß durch und durch gesund sein. Ich muß seine Vorgeschichte kennen, muß wissen, wie sein Vater und Großvater gestorben sind, die genausten Erkundigungen über sein Privatleben müssen eingezogen werden –«

      Dies dämpfte meine geheime Selbstbeglückwünschung ein wenig. »Und verstehe ich also recht,« begann ich, »daß ich –?«

      »Ja!« sagte er fast heftig. »Sie! Sie!«

      Ich erwiderte kein Wort. Meine Phantasie führte wilde Wirbeltänze auf, und mein angeborener Skeptizismus war nicht imstande, ihren Rausch zu dämpfen. Ich empfand auch nicht die geringste Spur von Dankbarkeit. – Ich wußte nicht, was ich sagen sollte, oder wie ich es sagen sollte. »Aber weshalb gerade ich?« fragte ich schließlich. – – – Er hätte zufällig durch Professor Haslar von mir gehört, sagte er, als einem typisch gesunden und verständigen jungen Menschen, und er wünsche nach Möglichkeit sein Geld jemand zu hinterlassen, dessen Gesundheit und Unbelastetheit verbürgt seien.

      Das war meine erste Begegnung mit dem kleinen, alten Mann. Mit sich selber tat er sehr geheimnisvoll; er wolle seinen Namen jetzt noch nicht nennen, sagte er. Und nachdem ich ihm noch einige Fragen beantwortet hatte, verließ er mich vor dem Eingang zu Blavitski. Ich bemerkte, daß er beim Bezahlen der Rechnung eine Handvoll Goldstücke aus der Tasche zog. Merkwürdig war es, wie er immer wieder die körperliche Gesundheit ganz besonders betonte. Wie wir es verabredet hatten, bewarb ich mich noch am selben Tag um eine hohe Lebensversicherung in einer ersten Versicherungsgesellschaft, und die ärztlichen Beiräte der Gesellschaft liefen mir in den nächsten acht Tagen fast das Haus ein. Aber auch das genügte ihm noch nicht, und er bestand darauf, ich müsse mich auch noch von dem berühmten Dr. Henderson untersuchen lassen. Es wurde Freitag in der Pfingstwoche, ehe er zu einer Entscheidung kam. Ganz spät am Abend – fast neun Uhr war es – rief er mich von den chemischen Gleichungen, über denen ich für mein Physikum büffelte, hinunter. Er stand im Hausflur unter der schwachen Gasflamme, und sein Gesicht war ein groteskes Durcheinander von Schatten. Er erschien mir noch zusammengefallener als das erstemal, und seine Wangen waren noch hohler.

      Seine Stimme bebte vor Erregung. »Alles ist zu meiner Zufriedenheit ausgefallen, Mr. Eden,« sagte er. »Alles ist ganz und gar zu meiner Zufriedenheit ausgefallen. Und auf jeden Fall müssen Sie heute abend mit mir essen und Ihre – Thronbesteigung feiern.« Ein Hustenanfall unterbrach ihn. »Sie werden nicht lange zu warten brauchen,« fuhr er fort, sich mit dem Taschentuch die Lippen wischend, und griff mit seiner langen, knöchernen Klaue nach meiner Hand. »Ganz gewiß nicht mehr lange!«

      Wir traten auf die Straße und riefen eine Droschke heran. Ganz deutlich besinne ich mich noch auf jede Einzelheit jener Fahrt – die rasche, angenehme Bewegung, der lebhafte Kontrast zwischen Gas- und Öllaternen und elektrischem Licht, das Menschengedränge in den Straßen, das Restaurant in Regent Street, zu dem wir fuhren, und das üppige Abendbrot, das uns serviert wurde. Anfänglich brachten mich die Blicke, die der Kellner auf meinen groben Anzug warf, ein bißchen aus der Fassung, und die Kerne der Oliven genierten mich; aber als der Champagner mein Blut erwärmte, lebte meine Zuversicht wieder auf. Erst sprach der alte Mann von sich selber. Seinen Namen hatte er mir schon in der Droschke genannt: er war Egbert Elvesham, der große Philosoph, dessen Name mir schon von meinen Schuljahren her vertraut war. Ich konnte es kaum glauben, daß der Mann, dessen Intellekt schon so frühzeitig den meinen beherrscht hatte, diese große Abstraktion, sich plötzlich in dieser gebrechlichen, vertrauten Erscheinung verwirklichen sollte. Ich denke mir, jeder junge Mensch, der plötzlich unter Berühmtheiten geraten ist, hat etwas von meiner Enttäuschung durchgemacht. Elvesham sprach mir jetzt von der Zukunft, die die schwachen Ströme seines Lebens in Bälde trocken zurücklassen würden – für mich –! Von Häusern, Autorrechten, Kapitalanlagen; nie hatte ich geahnt, daß Philosophen so reich sein könnten. Fast mit einem Anflug von Neid sah er mir zu, wie ich aß und trank. »Was für eine Fähigkeit zu leben Sie haben!« sagte er und fügte dann mit einem СКАЧАТЬ