Der gestohlene Bazillus. Herbert George Wells
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Название: Der gestohlene Bazillus

Автор: Herbert George Wells

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783961184019

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СКАЧАТЬ so mögen sie es nicht gern zu genau untersuchen. Es ist unter allen Umständen ein zerbrechliches Kapital!

      »Das haben Sie nicht gewußt, daß die Kunst des Ausstopfens sich zu solchen Höhen versteigt! Bester Junge, sie versteigt sich noch viel höher. Ich habe die Natur selber nachgeahmt. Einer von den echten, großen Alken« – seine Stimme sank zu einem Flüstern herab – »einer von den echten, großen Alken ist von mir hergestellt! »Nein. Sie müssen Ornithologie selber studieren und dann herausfinden, welcher es ist. Und – noch mehr – ein ganzer Ring von Händlern hat mir angetragen, eins von den noch unerforschten Klippengebieten nördlich von Island mit meinen Exemplaren auszustaffieren. Vielleicht – später einmal. Vorläufig hab' ich eben jetzt ein anderes kleines Geschäft vor. Haben Sie je was vom Dinornis gehört?

      »Das ist einer von den großen Vögeln, die seit einiger Zeit in Neuseeland ausgestorben sind. Man nennt ihn gewöhnlich ›Moa‹ – eben weil er ausgestorben ist; weil kein ›Mo–a‹ da ist. Was? Na, also von dem hat man Knochen gefunden, und in ein paar Sumpfgegenden sogar Federn und vertrocknete Stücke Haut. Und ich werde also – na, ich brauch' mir wirklich kein Gewissen draus zu machen – einen vollständigen, ausgestopften Moa fälschen! Ich kenn' da draußen einen Burschen, der vorgeben wird, er hätte das Ding in einer Art antiseptischem Sumpf gefunden und es gleich ausgestopft, weil es sonst auseinandergefallen wäre. Die Federn sind etwas Besonderes, aber ich hab' auf eine einfach großartige Weise entdeckt, wie man versengte Straußenfedern zurechtmachen kann. Jawohl, das ist der neue Geruch, den Sie vorhin bemerkten. Sie können die Fälschung bloß mit dem Mikroskop herausfinden, und es wird ihnen kaum dran liegen, darum ein gutes Exemplar zu zerschneiden.

      »Auf die Art, sehen Sie, tu' auch ich ein bißchen das meinige für den Fortschritt der Wissenschaft.

      »Aber all das heißt schließlich nur die Natur nachahmen. Ich habe meinerzeit noch mehr getan. Ich hab' sie übertrumpft!« Er nahm seine Füße vom Kaminsims herunter und beugte sich vertraulich zu mir herüber. »Ich habe Vögel erschaffen!« sagte er leise. »Neue Vögel. Verbesserungen. Wie noch kein Vogel je dagewesen ist!«

      Während einer eindrücklichen Pause nahm er seine frühere Stellung wieder ein.

      »Ich habe die Welt bereichert; jawohl! Einige von den Vögeln, die ich gemacht habe, waren Kolibris, schöne kleine Dinger! Aber ein paar waren einfach famos. Das Famoseste war die Anomalopteryx jejuna. – Jejunus-a-um – leer – so benannt, weil tatsächlich nichts drin war; ein vollständig leerer Vogel – bis auf das Ausstopfmaterial. Der alte Javvers hat das Ding jetzt, und ich glaube, er ist fast ebenso stolz darauf wie ich. Ein Meisterstück, Bellows! Es hat die ganze dumme Plumpheit des Pelikans, den ganzen feierlichen Mangel an Würde des Papageis, die ganze schlottrige Unbeholfenheit des Flamingos und das ganze chromatische Durcheinander der chinesischen Ente. Nein, was für ein Vogel! Ich machte ihn aus den Skeletten eines Storchs und eines Tukans und einem Mischmasch von allerhand Federn. Wissen Sie, Bellows, diese Art von Ausstopferei ist eine wahre Freude für den wahren Künstler in seiner Kunst.

      »Wie ich darauf kam, es zu machen? Einfach genug, wie alle großen Erfindungen. Eins von den jungen Genies, die wissenschaftliche Notizen für unsere Zeitungen schreiben, erwischte eine deutsche Abhandlung über die Vögel von Neuseeland und übersetzte einen Teil davon mit Hilfe eines Wörterbuchs und seines Mutterwitzes – er muß der Sohn einer sehr großen Familie und einer sehr kleinen Mutter gewesen sein! – und verhedderte sich zwischen der lebenden Apteryx und der ausgestorbenen Anomalopteryx – redete von einem fünf Fuß hohen Vogel, der im Busch der nördlichen Insel vorkomme und sehr selten und scheu und nur schwer zu erlangen sei usw. Javvers, der sogar für einen Sammler ein ganz wunderbarer Ignorant ist, las die Paragraphen und schwor, er würde sich das Ding um jeden Preis verschaffen. Belagerte sämtliche Händler mit seinen Nachfragen. Man sieht, was ein Mensch durch Beharrlichkeit und Willenskraft erreicht. Ein Vogelsammler, der schwört, er würde sich ein Exemplar eines Vogels verschaffen, der nicht existiert, der nie existiert hat, der einfach, weil er sich seiner eigenen ruchlosen Scheußlichkeit schämte auch jetzt nicht existieren würde – wenn er nicht müßte. Und er bekam ihn! Er bekam ihn!«

      »Noch ein Glas Whisky?« fragte der Ausstopfkünstler, sich aus einer flüchtigen Betrachtung der Geheimnisse der Willenskraft und der Sammlerwut emporraffend. Und er fuhr, neugestärkt, fort, mir zu erzählen, wie er eine entzückende Nixe zusammengebraut hatte, und wie ein Wanderprediger, der ihretwegen keinen Zulauf hatte, sie in Burslem Wakes zertrümmerte, weil das Götzendienerei oder noch schlimmer sei. Aber da alle drei bei dieser Geschichte beteiligten Parteien – der Schöpfer, das Publikum, das das Nixlein gern erhalten hätte, und der Zerstörer – sich in Worten ausdrückten, die gänzlich ungeeignet für die Veröffentlichung sind, so muß dieses fröhliche Ereignis vorläufig darauf verzichten, gedruckt zu werden.

      Der Leser, dem die dunkeln Wege des Sammlers unbekannt sind, mag vielleicht geneigt sein, an meinem Ausstopfkünstler zu zweifeln. Aber soweit es sich um die Eier des großen Alk und die gefälschten ausgestopften Vögel handelt, können – wie ich weiß – hervorragende ornithologische Gelehrte seine Worte bestätigen. Und die Notiz über den neuseeländischen Vogel ist tatsächlich in einer Tageszeitung von tadellosem Renommee erschienen; der Ausstopfer hat noch eine Nummer und hat sie mir gezeigt.

      Ich zeichne diese Geschichte auf, nicht weil ich erwarte, daß man sie glauben wird, sondern um womöglich dem nächsten Opfer einen Weg zum Entrinnen zu bahnen. Ihm vielleicht wird mein Unglück Nutzen bringen. Mein eigener Fall, das weiß ich, ist hoffnungslos, und ich bin jetzt auch in gewissem Maße auf mein Schicksal gefaßt.

      Mein Name ist Edward George Eden. Ich bin geboren in Trentham in Staffordshire, wo mein Vater Gartenbaubeamter war. Ich verlor meine Mutter mit drei und meinen Vater mit fünf Jahren. Mein Onkel, George Eden, nahm mich darauf an Kindesstatt an. Er war Junggeselle, hatte sich von unten heraufgearbeitet und war in Birmingham als unternehmender Journalist wohlbekannt. Er sparte nichts an meiner Erziehung, feuerte mich zum Ehrgeiz an, in der Welt vorwärtszukommen, und hinterließ mir bei seinem Tod, der vor vier Jahren erfolgte, sein gesamtes Vermögen, so ungefähr fünfhundert Pfund nach Ausbezahlung aller Abzüge. Ich war damals achtzehn. In seinem Testament riet er mir, das Geld zur Vollendung meiner Ausbildung anzuwenden. Ich hatte mir schon die Medizin zum Beruf erwählt, und dank seiner über das Grab hinausreichenden Großmut und dem Glück, das ich bei einer Bewerbung um ein Stipendium hatte, wurde ich Student der Medizin an der Universität in London. Zur Zeit des Beginns meiner Geschichte wohnte ich in University Street 11, in einer kleinen Dachstube, die sehr schäbig ausgestattet und zugig war und nach dem Hof zu ging. Der kleine Raum diente mir zum Wohnen und Schlafen, denn ich war entschlossen, meine Mittel bis zum letzten Pfennig möglichst nutzbringend zu verwerten.

      Ich wollte eben ein Paar Schuhe zum Flicken nach einem Laden in Tottenham Court Road tragen, als ich zum erstenmal dem kleinen Mann mit dem gelben Gesicht begegnete, mit dem mein Leben jetzt so unentwirrbar verknotet ist. Er stand am Rand des Trottoirs und starrte, wie im Zweifel mit sich selbst, die Türnummer an, als ich öffnete. Seine Augen – es waren glanzlose, graue Augen mit roten Rändern – fielen auf mich, und sein Gesicht nahm sofort einen Ausdruck runzliger Liebenswürdigkeit an. »Sie kommen gerade im richtigen Moment!« sagte er. »Ich hatte die Nummer Ihres Hauses vergessen. Guten Tag, Mr. Eden!«

      Ich war etwas erstaunt über diese vertrauliche Anrede, denn ich hatte den Mann mein Lebtag nicht gesehen. Ich ärgerte mich auch ein bißchen, daß er mich mit den Stiefeln unterm Arm überraschen mußte. Er bemerkte meinen Mangel an Herzlichkeit.

      »Sie besinnen sich, wer zum Henker ich eigentlich bin, was? Ein Freund – seien Sie ganz versichert! Ich habe Sie schon früher gesehen, wenn auch Sie mich nicht gesehen haben. Kann ich irgendwo hier mit Ihnen reden?«

      Ich СКАЧАТЬ