Der gestohlene Bazillus. Herbert George Wells
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Читать онлайн книгу Der gestohlene Bazillus - Herbert George Wells страница 12

Название: Der gestohlene Bazillus

Автор: Herbert George Wells

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783961184019

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СКАЧАТЬ Herrlichkeiten gestürzt; ich vermochte ihn nicht aufzuhalten. Bald bemerkte ich mit einem angstvollen Gefühl des Mißtrauens und mit etwas, was ganz verteufelt wie Eifersucht aussah, daß Gip den Finger dieses Menschen gepackt hatte, so wie er sonst meinen packt. Na, ja, interessant war der Kerl ja, dachte ich, und er hatte auch einen ganz interessant aufgemachten Haufen von Waren, wirklich gut aufgemachte Ware; immerhin – –

      Ich wanderte hinter den Beiden drein, sagte fast gar nichts, behielt aber den gauklerischen Kerl immer im Auge. Schließlich – Gip hatte sein Vergnügen daran. Und wenn es Zeit war zu gehen, so konnten wir zweifellos auch ohne Schwierigkeit fort.

      Es war ein langer, unregelmäßig gebauter Raum, dies Magazin – eine Art von Galerie, die voll von Tischen und Schränken und Buden und Pfeilern war, mit schmalen Gängen, die wieder in andere Abteilungen führten, in denen sehr seltsam aussehende Gehilfen herumlungerten und einen anstarrten, und mit einer verwirrenden Menge von Spiegeln und Vorhängen. So verwirrend, daß ich in der Tat bald nicht mehr imstande war, die Tür zu erkennen, durch die wir hereingekommen waren.

      Der Mann zeigte Gip Zauber-Eisenbahnzüge, die ohne Dampf oder Federmechanismus hierhin und dahin fuhren, je nachdem die Signale aufgezogen wurden, und dann ein paar ganz außerordentlich wertvolle Schachteln mit Bleisoldaten, die, sobald man den Deckel abhob, alle lebendig wurden und sagten: ... Ich selber habe kein so besonders scharfes Gehör, und es klang geradezu zungenbrecherisch, was sie sagten – aber Gip (der das Gehör seiner Mutter hat) verstand es augenblicklich.

      »Bravo!« sagte der Ladenmensch, indem er die Soldaten ohne weiteres in ihre Schachtel zurückpackte und diese Gip überreichte. »Na – also?« Und in einem Nu hatte Gip sie sämtlich wieder lebendig gemacht.

      »Sie nehmen die Schachtel?« fragte der Mann.

      »Wir nehmen sie,« sagte ich, »aber nur, wenn Sie den vollen Preis berechnen. In dem Fall müßten Sie uns freilich unbeschränkten Kredit geben – –«

      »Du liebe Zeit! Bitte!« Und der Mann warf die kleinen Männchen wieder in ihre Schachtel, klappte den Deckel zu, schwenkte das Ganze einmal durch die Luft – und siehe da! Er überreichte es uns, in braunes Papier gewickelt, verschnürt und mit Gips vollem Namen und voller Adresse auf dem Papier!

      Der Mann lachte ob meinem Erstaunen.

      »Das ist echte Zauberei,« sagte er. »Das Wahre!«

      »Ein bißchen zu echt für meinen Geschmack!« sagte ich.

      Darauf begann er Gip allerhand Kunststücke vorzuführen – seltsame Kunststücke, die noch seltsamer wurden durch die Art, wie er sie machte. Er erklärte sie – er zeigte ihren ganzen Mechanismus – und mein lieber, kleiner Kerl stand daneben und nickte wer weiß wie weise und verständnisinnig mit seinem kleinen, eifrigen Köpfchen dazu.

      Ich kann nicht sagen, daß ich so besonders gut aufgepaßt hätte. »Hei! Presto!« sagte der Zaubermann – und gleich darauf kam dann das kleine, helle »Hei! Presto!« des Jungen. Aber meine Aufmerksamkeit ward durch andere Dinge abgelenkt. Immer mehr kam es mir zum Bewußtsein, wie ganz ungewöhnlich seltsam der ganze Raum doch war. Geradezu durchtränkt von einem Gefühl der Seltsamkeit. Sogar über der Architektur – der Decke, dem Fußboden – über den wie zufällig verteilten Stühlen lag etwas Seltsames. Ich hatte eine sonderbare Empfindung – als ob sie, sobald ich sie nicht fest ansah, umtaumelten und sich bewegten und hinter meinem Rücken ein lautloses Blindekuhspiel trieben. Und die Wandbekleidung wies ein Schlangenmuster mit Larven auf, die bei weitem ausdrucksvoller waren, als es für Gip gut war.

      Plötzlich ward meine Aufmerksamkeit von einem der sonderbar aussehenden Gehilfen gefesselt. Er stand ein Stück weit von mir und wußte augenscheinlich nichts von meiner Gegenwart – ich erblickte so ungefähr drei Viertel seiner Länge durch einen Säulenbogen über einem Stapel von Spielsachen – er lehnte augenscheinlich an einem Pfeiler und machte die scheußlichsten Dinge mit seinem Gesicht. Ganz besonders scheußlich war, was er mit seiner Nase trieb. Und er machte es so ganz einfach, als hätte er eben nichts anderes zu tun und amüsiere sich bloß ein bißchen. Zuerst war es eine ganz kurze Kartoffelnase; dann plötzlich schoß sie heraus wie ein Teleskop, schoß und schoß und wurde dünner und dünner, bis sie aussah wie eine lange, rote, biegsame Gerte. Wie ein Alpdrücken war es! Und er fuhr mit ihr herum und schwang sie, wie ein Angler seine Rute.

      Mein erster Gedanke war, daß Gip das nicht sehen dürfte. Ich wandte mich um; Gip war völlig in Anspruch genommen von dem Ladenbesitzer und ahnte nichts Böses. Sie redeten leise miteinander und blickten dabei auf mich. Gip stand auf einem kleinen Sessel, und der Mann hielt eine Art großer Trommel in der Hand.

      »Versteckspielen, Väterchen!« rief Gip. »Du bist dran!«

      Und eh' ich es hindern konnte, hatte der Mann seine große Trommel über ihn gestülpt.

      Ich sah sofort, was los war. »Weg mit dem Ding!« rief ich. »Aber sofort! Sie erschrecken den Jungen ja! Weg damit, sage ich!«

      Der Mann mit den ungleichen Ohren gehorchte ohne ein Wort zu sagen und hielt mir den großen Zylinder entgegen, um mir zu zeigen, daß er leer war. Und auch der kleine Sessel war leer. War wirklich in diesem einzigen Augenblick mein Junge ganz und gar verschwunden? ...

      Fast jedermann kennt wohl das unheimliche Etwas, was manchmal wie eine Hand aus dem Unsichtbaren kommt und einem das Herz packt. Es löscht das eigentliche, gewöhnliche Ich aus und macht einen durch und durch gespannt und zielbewußt. Weder schwerfällig noch überrascht, weder zornig noch furchtsam. So war es mit mir.

      Ich ging zu dem grinsenden Kerl hin und stieß mit dem Fuß seinen Stuhl beiseite.

      »Hören Sie auf mit Ihrem Unsinn!« sagte ich. »Wo ist mein Junge?«

      »Sie sehen,« sagte er, mir noch immer das Innere der Trommel hinhaltend, »es ist kein Betrug dabei ...«

      Ich streckte die Hand aus, um ihn zu packen; aber mit einer geschickten Bewegung wich er meinem Griff aus. Ich faßte wieder nach ihm, und er wandte sich ab und stieß eine Tür auf, um zu entwischen.

      »Halt!« sagte ich, und er lachte und verschwand. Ich machte einen Satz – hinter ihm drein – in schwarze Finsternis ... Bumm!

      »Donnerwetter! Ich hab' Sie gar nicht kommen sehen, Herr!«

      Ich war in Regent Street und war eben mit einem anständig aussehenden Arbeiter zusammengeprallt. Einen Schritt davon – ein bißchen verwirrt und unsicher aussehend, stand Gip. Ich stammelte irgendeine Entschuldigung, und gleich darauf hatte Gip sich umgedreht und kam auf mich zu, mit einem sonnigen, kleinen Lächeln, als ob er mich einen Augenblick lang verloren gehabt hätte.

      Und er trug vier Pakete im Arm!

      Er bemächtigte sich sofort meines Fingers.

      Einen Moment lang fand ich mich nicht zurecht. Ich starrte um mich – auf der Suche nach der Zauberladentür. Sie war nirgends zu sehen. Keine Tür, kein Laden, nichts, bloß der gewohnte Pfeiler zwischen dem Laden, wo sie Kunstgegenstände verkaufen, und dem Fenster mit den Kücken! ...

      Ich tat das einzige, was in diesem innerlichen Aufruhr zu tun war: ich stellte mich an den Rand des Trottoirs und hielt den Schirm in die Höhe, um eine Droschke herbeizuwinken.

      »Fahren!« sagte Gip im Tone höchsten Frohlockens.

      Ich setzte ihn in die Droschke, rief mit einer gewissen Anstrengung mir meine eigene Adresse ins Gedächtnis zurück und stieg ebenfalls СКАЧАТЬ