Denkwürdigkeiten des Pickwick-Klubs. Charles Dickens
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Читать онлайн книгу Denkwürdigkeiten des Pickwick-Klubs - Charles Dickens страница 34

Название: Denkwürdigkeiten des Pickwick-Klubs

Автор: Charles Dickens

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783961183197

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СКАЧАТЬ Wir gehn nicht heim bis morgen,

       Bis uns die Sonne leuchtet.«

      Neuntes Kapitel. Deutlicher Beweis für die Behauptung, daß die Bahn treuer Liebe keine Eisenbahn ist.

      Die stille Abgeschiedenheit von Dingley Dell, die Anwesenheit so vieler Zierden des schönen Geschlechts, die sorgsame Pflege und Aufmerksamkeit, die sie an den Tag legten, war der Steigerung jener sanfteren Gefühle außerordentlich günstig, die die Natur tief in Herrn Tracy Tupmans Brust gesenkt hatte. Diese Gefühle schienen jetzt bestimmt, sich auf einen liebenswürdigen Gegenstand zu konzentrieren. Die jungen Damen waren hübsch, ihr Äußeres einnehmend, ihr Betragen tadellos. Aber in den Augen von Jungfer Tante lag eine Majestät, in ihrer Miene eine Würde, in ihrem Gang ein gewisses Noli me tangere, worauf jene bei ihrer Jugend keinen Anspruch machen konnten. Darin tat die Tante es jedem Frauenzimmer zuvor, das Tupman je gesehen hatte. Daß in dem Wesen beider etwas Verwandtes, in ihrem Gemüte etwas Übereinstimmendes, in ihrer Brust eine gewisse geheimnisvolle Sympathie lag, war klar.

      Ihr Name war der erste Laut, der über Herrn Tupmans Lippen trat, als er blutend im Grase lag, und ihr krampfhaftes Lachen war der erste Ton, der zu seinen Ohren drang, als er nach Hause gebracht wurde.

      Aber hatte ihre Aufregung den Grund in einer liebenswürdigen weiblichen Empfindsamkeit überhaupt, die bei jeder ähnlichen Gelegenheit zum Vorschein gekommen wäre? Oder war sie durch ein tieferes, zärtlicheres Gefühl hervorgerufen worden, das nur er allein unter allen Männern erwecken konnte? Das waren Zweifel, die sein Gehirn marterten, als er hilflos auf dem Sofa lag – Zweifel, die er auf einmal und für immer zu lösen beschloß.

      Es war Abend. Isabella und Emilie hatten mit Herrn Trundle einen Spaziergang gemacht. Die taube alte Frau war in ihrem Lehnstuhl eingeschlafen: das Schnarchen des fetten Jungen drang dumpf und eintönig aus der entfernten Küche herüber. Die sorglosen Mägde lehnten am Hoftor und genossen die Süßigkeit des Feierabends, indem sie mit gewissen unbeholfenen Tieren spielten, die zum Haushalte gehörten. Da saß denn das interessante Pärchen, von niemand beachtet und auf nichts achtend, nur von sich selbst träumend: da saßen sie wie ein Paar sorgfältig zusammengelegte Handschuhe – ineinandergeschlungen.

      »Ich habe meine Blumen vergessen«, bemerkte Jungfer Tante.

      »So begießen wir sie«, sprach Herr Tupman mit schmeichelndem Tone.

      »Sie würden sich in der Abendluft erkälten«, sagte Jungfer Tante zärtlich.

      »Nein, nein«, erwiderte Herr Tupman aufstehend. »Es macht mir gar nichts. Ich will Sie begleiten.«

      Die Dame legte schweigend die Schlinge zurecht, in der der linke Arm des junaen Mannes lag, ergriff seinen rechten und führte ihn in den Garten.

      Am oberen Ende desselben war eine Laube von Geisblatt, Jasmin und Schlingpflanzen – einer von jenen Ruheplätzen, die empfindsame Seelen zur Bequemlichkeit der Spinnen errichten.

      Jungfer Tante ergriff eine große Gießkanne, die in einem Winkel stand und war im Begriff, die Laube zu verlassen. Herr Tupman hielt sie zurück und zog sie auf einen Sitz neben sich nieder.

      »Fräulein Wardle«, sagte er.

      Jungfer Tante zitterte, daß einige Steinchen, die zufälligerweise den Weg in die Gießkanne gefunden hatten, klirrten wie eine Kinderklapper.

      »Fräulein Wardle,« sagte Herr Tupman, »Sie sind ein Engel.«

      »Herr Tupman«, rief Rachel aus, so rot wie die Gießkanne selbst.

      »Wahrlich,« sagte der beredte Pickwickier, »ich fühle es nur zu sehr.«

      »Alle Frauenzimmer sind Engel, wenn man die Männer so hört«, flüsterte die Dame in scherzhaftem Tone.

      »Was wären Sie sonst, oder womit könnte ich Sie ohne Vermessenheit vergleichen?« versetzte Herr Tupman. »Wo sah man je ein Frauenzimmer, das Ihnen glich? Wo könnte ich sonst eine so seltene Vereinigung von geistigen Vorzügen und körperlicher Schönheit finden? Wo könnte ich sonst – – – O!«

      Hier schwieg Herr Tupman und drückte die Hand, die auf dem Handgriff der glücklichen Gießkanne ruhte.

      Die Dame wandte ihren Kopf auf die Seite und flüsterte sanft:

      »Die Männer sind voll Lug und Trug.«

      »Ja, sie sind es, sie sind es«, versicherte Herr Tupman; »aber nicht alle. Hier lebt wenigstens einer, der keinen Wankelmut kennt – einer, der sein ganzes Dasein Ihrem Glück opfern könnte – der nur in Ihren Blicken lebt – der nur in Ihrem Lächeln atmet – der die schwere Bürde des Lebens einzig und allein um Ihretwillen trägt.«

      »Könnte man einen solchen Mann finden?« fragte die Dame.

      »Nur könnte finden?« erwiderte der glühende Tupman. »Er ist gefunden. Er ist hier, Fräulein Wardle.«

      Und ehe die Dame seine Absicht ahnte, lag er schon zu ihren Füßen auf den Knien. ,

      »Stehen Sie auf, Herr Tupman«, sagte Rachel.

      »Nimmermehr«, war die entschlossene Antwort. »O Rachel! sagen Sie, daß Sie mich lieben.«

      »Herr Tupman,« bemerkte Jungfer Tante mit abgewandtem Gesicht – »ich kann kaum Worte finden: doch – doch – Sie sind mir nicht ganz gleichgültig.«

      Herr Tupman hörte nicht so bald dieses Geständnis, als er sich ganz dem Drange seiner Begeisterung hingab und tat, was, soviel wir wissen (denn wir haben in diesem Punkte nicht viel Erfahrung), unter solchen Umständen jedermann tut. Er sprang auf, schlang seinen Arm um den Nacken der Jungfer Tante und preßte eine Menge Küsse auf ihre Lippen, die sie nach pflichtschuldigem Zieren und Sträuben so geduldig hinnahm, daß wir nicht angeben können, wie viele ihr Herr Tupman noch aufgedrückt haben würde, wäre die Dame nicht plötzlich erschreckt worden und voller Angst in die Worte ausgebrochen –

      »Herr Tupman, wir werden beobachtet! Wir sind entdeckt!«

      Herr Tupman sah sich um und gewahrte die tellergroßen Augen des fetten Jungen. Der Junge hatte dabei nicht im mindesten einen Gesichtszug, den auch nur ein noch so erfahrener Physiognomiker dem Erstaunen, der Neugierde oder irgendeiner bekannten Leidenschaft, die sonst die Brust der Vlcnschen bewegt, hatte zuschreiben können. Er glotzte völlig regungslos in die Laube. Herr Tupman betrachtete den fetten Jungen, und der fette Junge betrachtete Herrn Tupman, und je länger Herr Tupman dessen völlig ausdrucksloses Gesicht ansah, desto mehr überzeugte er sich, daß er entweder nicht wußte oder nicht verstand, was vorgegangen war. In dieser Voraussetzung fragte er mit festem Tone:

      »Was suchst du hier?«

      »Das Essen ist auf dem Tisch«, war die rasche Antwort.

      »Bist du eben erst gekommen?« fragte Herr Tupman mit einem durchdringenden Blick.

      »Soeben«, erwiderte der fette Junge.

      Herr Tupmam sah ihn wieder scharf an, aber der Junge verzog keine Miene.

      Herr Tupman nahm den Arm der Jungfer Tante und ging dem Hause zu; der fette Junge folgte.

      »Er weiß nicht, was vorgefallen СКАЧАТЬ