Vom schönen Schein. Eva Rossmann
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Название: Vom schönen Schein

Автор: Eva Rossmann

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783990371107

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СКАЧАТЬ gerne gelesen wird.“

      „Hoffentlich“, seufzt Evelin Sagerer.

      „Ich dachte, es gibt bei dieser Hochzeit keine verkauften Rechte?“

      „Nein, aber die Betreuer sagen, was auch Kaiser sagt. Wenn die Hochzeit gut rüberkommt, haben wir viele Vorteile. Zum Beispiel was die nächsten Werbeverträge von Daniela angeht. Gar nicht zu reden von den Balajs.“

      „Was ist mit ihnen?“

      „Das kann ich nicht sagen, muss sozusagen in der Familie bleiben. Aber es ist wichtig für sie, dass alles gut läuft.“

      „Und jetzt ist Daniel weg.“

      Sie schüttelt den Kopf. „Ihm wird alles zu viel geworden sein. Er … Sogar Daniela ist vor der Hochzeit davongelaufen. Und sie hat wirklich super Nerven.“

      „Ich hab sie im Weingarten getroffen, per Zufall. Er ist … davongelaufen, meinen Sie?“

      „Das mit dem Bräutigamentführen ist Unsinn. Sein Team macht ganz genau das, was Kaiser geplant hat. Und auch er … Er ist ein netter Kerl.“

      „Wie gut kennen Sie ihn?“

      „Kein Kommentar.“

      „Nicht gut.“

      Evelin Sagerer seufzt. „Nicht trifft es besser. Er war einmal bei uns. Wirklich nett, wenn auch ein wenig gestresst. Sein Vater war mit. Der ist immer mit. Ich halte so etwas für schwierig. Wir freuen uns für Daniela und wir haben sie immer unterstützt, auch wenn das am Anfang gar nicht leicht war. Aber wir wären nie auf die Idee gekommen, immer an ihr dranzukleben …“

      „Sein Vater weiß auch nicht, wo er steckt?“

      „Er sucht ihn, glaube ich. Oder sie reden irgendwo, das wäre gut. Ein Gespräch zwischen den beiden. Ich muss jetzt aufs Klo. Und Sie dürfen nichts schreiben, was ich gesagt habe. Auch wenn es bloß für so ein Onlinedings ist.“

      Kreisendes Blaulicht. Keine Sirene. Menschen, die, von zwei Scheinwerfern beleuchtet, zwischen Licht und Nacht, Weinstöcken und einem großen Baum planlos herumzueilen scheinen. Natürlich ist Kaiser dabei. Er rudert mit den Armen. Sein Smartphone wird noch hügelabwärts fallen. Unter dem Baum liegt Daniel. Man hat eine karierte Decke über ihn gebreitet. Das festlich erleuchtete Schloss hebt sich vom Nachthimmel ab. Das alles kann nicht real sein. Mehr Menschen kommen in unsere Richtung, vom Schloss her, eine Karawane. Vater Balaj brüllt auf einen Polizeibeamten ein. Ich verstehe trotzdem nichts. Ich weiß nur: Sein Sohn ist tot. Erschossen. Unter dem großen Baum, der zwischen den Rebzeilen steht.

      Nach meinem Gespräch mit Evelin Sagerer war ich unschlüssig, was ich tun soll. Zu meinem Tisch wollte ich nicht mehr zurück. Aber wie geplant fahren, obwohl Daniel verschwunden ist? Immerhin bin ich Journalistin. Und worüber ich schreibe, kann ich später entscheiden. Aber mich in Familienangelegenheiten einmischen? Hab ich das nicht längst getan, indem ich über diese Hochzeit berichte? War sie je eine Familienangelegenheit? Die ultimative Show, das schon eher. Ich bin am Vorplatz zum Schloss gestanden, als ich das Blaulicht gesehen habe. Und ich bin hin. Vesna hätte mir sonst gekündigt. Als Putzfrau und als Freundin. Kaiser war bereits da. Daniels Vater auch. Dazu ein paar vom Team.

      Die bis ins kleinste geplante Traumhochzeit ist wohl geplatzt. Es hat jemanden gegeben, der sich nicht ans Drehbuch gehalten hat. Wir stehen im Vorzeigeweingarten, tief unter uns fließt die Donau, es glänzen die Lichter der Wachauer Dörfer, das Schloss strahlt vor sich hin und einer der Hauptdarsteller ist tot. Die Gruppe, die vom Schloss her kommt, bewegt sich schnell. Drängelei, Gerenne. Wer ist zuerst am Schauplatz? Wer kriegt die besten Bilder? Wer kann am meisten erzählen? Und wieder geht es um Aufmerksamkeit, um diese paar Sekunden Öffentlichkeit. Für Ego, Geld und … Stopp, Mira. Denk an Daniela. Wie fürchterlich.

      Sirenen. Ein, zwei, drei Polizeiwagen biegen um die Kurve, halten nahe beim Baum. Knallende Türen, Befehle, die sich mit dieser Kulisse zu etwas noch immer völlig Unwirklichem mischen. „Alle zurück, treten Sie zurück! Gehen Sie zurück, da gibt es nichts zu sehen!“ Energische Stimme durch ein Megafon.

      „Wenn Sie den Tatort nicht verlassen, machen Sie sich strafbar!“

      Ich sehe, wie sich eine Gestalt aus der langsamer gewordenen Gruppe löst. Ophelia, Desdemona, griechische Tragödiengestalt im wehenden weißen Kleid, bloßfüßig. – Hat Kaiser das inszeniert? Absurd, wie kannst du so etwas denken. Ihre Mutter läuft hinter ihr drein, auch sie hat die hohen Schuhe ausgezogen. Knapp vor dem Baum bleibt Daniela stehen. Sie starrt auf die Gestalt unter der Decke. Ihre Mutter legt ihr den Arm um die Schulter. Sie stehen und schauen.

      Es ist gerade erst Mitternacht. Wir sitzen im Salon, in dem auch das Presse-Briefing vor der Hochzeit war. Ich bin mir sicher, nicht nur ich habe das Gefühl, dass Tage dazwischenliegen. Tage ohne Schlaf. Mir ist kalt. Das Licht im Raum ist unbarmherzig hell. Die Stuckverzierungen der Rokoko-Decke haben Sprünge, unsere Gesichter sind grau.

      Neben dem Polizeidirektor steht Kaiser. Er hat tiefe Ringe unter den Augen. „Es wird volle Transparenz geben. Die Familie arbeitet eng mit den Behörden zusammen, damit dieses … einzigartige Verbrechen rasch aufgeklärt wird. Sie können auch in der Medienberichterstattung auf meine totale Kooperation zählen. Je schneller wir …“

      Ein Kameraverbot haben sie trotzdem verhängt. Für den Moment. Meine Kollegen wirken erschöpft. Und auf eine seltsame Art überrascht, oder eher gekränkt, enttäuscht. So, als hätte man ihnen die Geburtstagstorte im letzten Moment weggenommen und ins Gesicht geworfen. Ich habe meinen ersten Bericht bereits durchgegeben, Sam einfach am Telefon erzählt, was ich weiß. Sie schreibt es zusammen und stellt es ins Netz. Während der Vorspeise erhält Daniel Balaj einen Anruf. Er flüstert Daniela zu, dass er gleich wiederkommt. Sie meint, er habe nicht besonders aufgeregt gewirkt. Er kommt nicht wieder. Sein Vater macht sich auf, ihn zu suchen. Gefunden wird er schließlich von einem slowakischen Arbeiter, der sich im Weingarten mit einer Freundin treffen wollte. Er sieht, dass Daniel Balaj tot ist. Ruft die Polizei. Die Tatwaffe hat man neben dem Toten gefunden. Es handelt sich um eine Smith & Wesson .44 Magnum. Der Schuss wurde aus ganz geringer Nähe auf seinen Kopf abgegeben.

      Nun ist der Polizeidirektor dabei, uns das Prozedere zu erklären. Wann wer was darf, wann was passieren wird, und, vor allem, dass wir besser heimfahren sollten. Nachdem wir befragt worden sind. Wie alle anderen Hochzeitsgäste auch.

      „Im Moment geht es auch darum, Personen und … Dinge auszuschließen“, erklärt er.

      „Selbstmord?“, ruft eine Kollegin nach vorne.

      „Selbstmord ist absurd“, antwortet Kaiser anstelle des Polizeichefs. „Er stand auf dem Gipfel des Erfolgs. Er hat gerade geheiratet. Besser konnte es gar nicht laufen für ihn.“

      „Wir können nichts ausschließen im Moment“, widerspricht der Polizeidirektor.

      „Ich versichere Ihnen, es wird nichts vertuscht. Es wird volle Transparenz …“

      Der Polizeidirektor sieht Kaiser stirnrunzelnd an. „Sie werden mir nicht unterstellen …“

      „Nein. Natürlich nicht. Wir sind alle … in einer Ausnahmesituation. Ich bin überzeugt, dass die Polizeibehörden optimal mit uns kooperieren werden.“

      „Sie mit uns“, präzisiert der Polizeichef.

      „Wechselseitig. Ich möchte nur noch einmal allen anwesenden Medienvertretern СКАЧАТЬ