Название: Vom schönen Schein
Автор: Eva Rossmann
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783990371107
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Ich bin nicht aufmerksam genug, es zieht mir die Beine weg, ich rutsche, falle, lande wenig elegant auf dem Allerwertesten.
Die Gestalt dreht sich abrupt zu mir um. Große erschrockene Augen.
Mein Sturz war nicht besonders spektakulär. Im Allgemeinen bin ich auch nicht furchterregend. Ich brauche eine Sekunde, bevor mir klar ist: Die Augen sind so groß, weil entsprechend geschminkt. Und sie gehören zu Daniela Sagerer, der weltbesten Slalomfahrerin.
„Alles in Ordnung“, sage ich und rapple mich auf. „Und mit Ihnen? Auch alles okay?“
Sie nickt. „Ist nur … die Aufregung. Das ist bei den meisten so, sagt man.“
„Sagt Kaiser.“ Ich zwinkere ihr zu. Wirkt, als könnte die Skiprinzessin etwas Aufmunterung brauchen. „Der hat alles unter Kontrolle.“
Der Effekt ist leider gegenteilig. Sie drückt die Augen zusammen, aber ich kann es sehen. Tränen.
„Ist nicht so schlimm. Ist bald vorbei“, sage ich etwas unbeholfen. „Keine Sorge, ich erzähl niemandem davon.“
„Ich … hab nur etwas Luft gebraucht.“
„Der Typ sorgt schon dafür, dass alles gut läuft, so hab ich das gemeint. Da bin ich mir wirklich sicher“, rede ich weiter.
„Ja, tut er, und es ist gut, dass alles geplant ist. Ich weiß, dass so etwas genau geplant sein muss, ich bin kein kleines Mädchen mehr.“ Jetzt hat sie ihr Kinn gehoben. Kampfgeist. Davon hat sie sicher jede Menge, sonst wäre sie nie so weit gekommen.
„Eben. Versuch es zu genießen. Es ist …“
Der Seufzer ist, als würde ein Felsen gesprengt.
„Du magst ihn doch. Daniel, meine ich. Entschuldigung, Sie.“
„Du ist schon in Ordnung. Ist mir lieber als das ganze Tamtam. Ich bin Tamtam gewohnt, aber nicht dieses. Normal bin ich fokussiert auf das, was ich kann. Und habe Unterstützung bei dem, was ich nicht kann.“
Es klingt wie ein auswendig gelernter Spruch. „Ist jetzt nicht viel anders.“
„Ja. Und natürlich mag ich ihn. Sonst würde ich ihn nie heiraten.“
„Wo ist er?“
„Der Bräutigam darf die Braut vor der Hochzeit nicht sehen, wissen Sie das nicht?“
„Ist so ein Brauch. Aber ganz traditionell heiratet ihr ja nicht gerade.“
„Ich muss hinein, die machen sich sicher schon große Sorgen, ich muss mich noch anziehen. Danke fürs Reden.“
Ich lächle. Sie ist wirklich lieb. Und ich wünsche ihr alles Gute. Ich werde nett über die Hochzeit schreiben – oder ist das womöglich auch eine Aktion von Sportmanager Kaiser? Quasi Message Control vom Raffiniertesten? Aber so wichtig bin ich wohl nicht. Es gibt andere, auf die er mehr achtgeben muss. Diesen schmierigen Alfi zum Beispiel. „Es ist dein großer Tag, versuch ihn zu genießen!“, rufe ich Daniela noch nach. Es klingt wie aus einem Rosamunde-Pilcher-Film. Kein Wunder bei dieser Kulisse.
Sie dreht sich abrupt um: „Genießen? Ich werde es genießen, wenn ich wieder ein Rennen gewinne. Da zahlt sich die Anstrengung aus! Das mach ich für mich – und natürlich mein Team!“
Die Kleine ist ganz schön durch den Wind. Dabei braucht man gerade beim Slalom starke Nerven. „Du schaffst das schon!“
Sie hebt die Arme und lässt sie wieder sinken. „Ja. – Wenn Sie ihn sehen, dann sagen Sie ihm, wir kriegen das alles hin. Ganz sicher.“
„Was kriegt ihr hin?“ Unser aller CSO. Fast wie CSI. Wir haben ihn nicht kommen gehört und starren ihn an.
„Ein … Interview“, antworte ich.
„Ich glaube das nicht. Sie haben Daniela hier aufgelauert, um ein Exklusivinterview zu ergattern?“ Gar nichts mehr zu spüren von seiner professionellen Freundlichkeit.
„Unsinn. Es geht nicht um diese Hochzeitssache. Und wir haben uns zufällig getroffen.“
„Du solltest längst im Haus sein“, bellt der Sportmanager in Danielas Richtung.
Sie geht davon, gerade, dass sie nicht läuft.
„Und Sie sollte ich von der Hochzeit ausschließen.“
Ich sehe ihn einigermaßen spöttisch an. „Sie werden es nicht begreifen, aber so wichtig ist mir die Sache nicht.“
„Egal. Aber Ihnen ist klar, dass jedes Interview autorisiert werden muss. Es ist zum Besten unserer … Hochzeiter.“
„Ab morgen ist sie wieder einfach die beste Skifahrerin der Welt. Und soviel ich weiß, hat sie ein eigenes Betreuerteam.“
„Natürlich. Aber ich habe die Verantwortung. Für das Ganze.“
„Das Ganze?“
„Dass man fair mit ihr umgeht. Und mit dem, was sie repräsentiert.“
„Versprochen.“
„Noch einmal: Es gibt keine Extra-Interviews von der Hochzeit. Das sind Sie auch Ihren Kollegen schuldig.“
„Hatte ich nie vor. – Wissen Sie eigentlich, wo Daniel ist?“
„Sie werden ihn demnächst sehen. Von Ihrem Platz aus, bei der Hochzeit. Ich verlasse mich auf Sie. Ansonsten …“
Ich lächle. „Ansonsten?“
„Ich nehme an, Sie haben den Vertrag gelesen, den Sie vor der offiziellen Einladung bekommen haben.“
Ich hebe den Daumen und gehe in die Richtung, in der ich die Parkplätze vermute.
Was soll man über eine Hochzeit wie diese sagen? Natürlich waren Braut und Bräutigam da. Danielas weißes Kleid hat vielleicht an den Schultern ein wenig gespannt, aber sie hat auch mehr Muskeln als die meisten Bräute, die in solchen Spitzen-Spitzenroben heiraten. Daniels Gesichtsausdruck war eher konzentriert als glückselig, aber dafür hat sie gestrahlt. Sein Vater war sein Trauzeuge. Nicht, weil er keine Freunde hat, sondern weil sein Vater sein bester Freund ist. Und sein Coach noch dazu. Kleine Mädchen in lila Kleidchen haben Veilchen und weiße Rosenblätter gestreut. Der Duft war nahezu berauschend, kann sein, man hat mit Aroma nachgeholfen. Die Trauung wurde von jenem Bischof zelebriert, der die Öffentlichkeit schon zu seiner Zeit als Dompfarrer geliebt hat. Man muss die frohe Botschaft zu den Menschen bringen, ist sein Leitsatz. Egal, ob über WhatsApp oder Radio Maria. Und die Botschaft war froh, Daniela und Daniel haben sich getraut. Vergessen die Aufregung davor, auch Sportmanager Kaiser lächelt zufrieden. Das chinesische Kamerateam ist längst für die schönen Bilder rundum in den Weingärten unterwegs, noch immer scheint die Sonne. Ich habe Daniela einmal verstohlen und aufmunternd zugenickt. Sie hat getan, als kenne sie mich nicht. Wahrscheinlich hat sie mich nicht gesehen.
Ich weiß, СКАЧАТЬ