Ein Schuss kommt selten allein. Johanna Hofer von Lobenstein
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Название: Ein Schuss kommt selten allein

Автор: Johanna Hofer von Lobenstein

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Jons übernatürliche Fälle

isbn: 9783948457037

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СКАЧАТЬ passiert ist?«

      »Überhaupt kein Problem«, sagte er entschlossen. Ungeduldig zog er die Sauerstoffmaske herunter und klemmte sie unters Kinn, um besser sprechen zu können. Seine nächsten Worte waren gleich viel deutlicher. »Haben Sie in der Zeitung von der Geschichte mit Alice Thompson gelesen?«

      Die Zeitung war eines der wenigen Medien, mit denen ich mich auch ohne Elektronik auf dem Laufenden halten konnte, also nickte ich sofort. »Ja. Sie soll angeblich Erpresserbriefe erhalten haben, aber es kam nie jemand zu den Treffpunkten, um das Geld abzuholen. Die Polizei geht davon aus, dass ihr jemand einen Streich gespielt hat, richtig?«

      »Genau. Wir dachten alle, dass es ein Streich war. Ms Thompson und ich studieren am gleichen College, wenn auch nicht die gleichen Fächer. Inzwischen wissen alle am College Bescheid. Das mit den Briefen fing vor ein paar Monaten an, im letzten Semester. Alle hielten es für einen Streich. Aber sie bekam immer weiter Briefe und fragte sich, wer dahintersteckte. Letzte Woche sprach sie mich vor der Bibliothek an, sie wollte etwas mit mir besprechen. Ich dachte mir nichts Böses dabei und sagte, na klar, also haben wir uns auf die Treppe vor der Bibliothek gesetzt. Sie fragte, ob ich von den Briefen gehört hätte, und ich sagte Ja, aber dass ich nicht weiß, wer sie geschickt hat. Sie hat noch weitere Fragen gestellt, aber ich wusste nichts darüber. Ich sagte ihr, ich hoffe, dass die Person bald gefasst wird, damit sie keinen Ärger mehr damit hat. Sie hat gelächelt und sich bedankt. Ich dachte, wir sind fertig, also stand ich auf, habe mich verbeugt und wollte gehen. Als ich aufsah, hatte sie eine Pistole in der Hand.«

      Donovan gab einen Laut von sich, eine Mischung aus einem heruntergeschluckten Fluch und einem Ausruf der Überraschung. Auf die Verletzungen deutend fragte er: »Moment mal, Sie haben noch nicht mal gestritten? Sie hat einfach die Waffe gezogen und auf Sie geschossen?«

      »Sie hat mich zweimal getroffen, wie Sie sehen«, bestätigte Chen düster. »Als ich die Pistole erkannte, bekam ich Angst. Ich bin weggerannt. Sie hat fünfmal geschossen. Um mich herum haben alle geschrien, und manche sind uns nachgerannt. Ich bin vom Campus weggelaufen, in eine Autowerkstatt, und habe mich in einem Auto versteckt. Sie wurde vom Campus-Sicherheitsdienst aufgegriffen, sie haben ihr die Waffe abgenommen und einen Krankenwagen für mich gerufen. Ich weiß nicht, was dann passiert ist, aber vor drei Tagen kam die Polizei hierher. Sie haben mich beschuldigt, die Briefe geschrieben und sie bedroht zu haben. Aber das habe ich nicht!« Chen musste husten, zog eine Grimasse und setzte dann die Sauerstoffmaske wieder auf, wie es ihm seine Lunge zweifellos nahelegte.

      Die ganze Geschichte verursachte mir Kopfschmerzen. Ich konnte seiner Aura ansehen, dass er die volle Wahrheit sprach und dass er ein ehrlicher Mensch war. Er hatte nichts falsch gemacht, und schon gar nichts, was es gerechtfertigt hätte, auf ihn zu schießen. »Ich glaube Ihnen.«

      Chen sah mich mit großer Erleichterung an. »Niemand sonst glaubt mir. Sie denken, dass ich etwas getan habe, das ihr Angst eingejagt hat, und dass sie darum geschossen hat. Ich habe Ihre Agentur angeschrieben, weil ich hoffe, dass ein Medium sehen kann, dass ich nicht lüge.«

      »Sie sagen die Wahrheit und haben sich nichts vorzuwerfen, das sehe ich«, beruhigte ich ihn. »Sie müssen mich nicht überzeugen. Ich habe jetzt verstanden, was passiert ist. Was können wir denn für Sie tun?«

      »Beweisen, dass ich unschuldig bin. Die Polizei glaubt mir nicht. Finden Sie die schuldige Person, und weisen Sie nach, dass Ms Thompson unrecht hat.«

      Ich sah Chen an. Offensichtlich war er Austauschstudent, weit weg von zu Hause, im Krankenhaus ans Bett gefesselt, und die fremde Polizei saß ihm im Nacken – was für eine beängstigende Vorstellung. Er wirkte tatsächlich auch eingeschüchtert, in der Hauptsache aber empört. Er hatte sich nichts zuschulden kommen lassen und nichts von dem verdient, was ihm zugestoßen war. Mich wunderte es überhaupt nicht, dass er aufgebracht war.

      »Genau das werden wir tun. Mein Partner gibt Ihnen jetzt seine Telefonnummer. Rufen Sie uns an, wenn die Polizei wieder mit Ihnen sprechen will oder wenn Sie sich bedroht fühlen. Donovan war früher bei der Militärpolizei. Glauben Sie mir, an ihm kommt keiner vorbei.«

      Chen sah Donovan prüfend an, dann grinste er. »Das kann ich mir vorstellen.«

      Donovan grinste zurück. »Geben Sie mir mal Ihr Handy, ich tippe die Nummer ein. Ich schicke Ihnen Nachrichten, wenn wir auf etwas Neues stoßen, okay?«

      »Das finde ich sehr gut. Danke.«

      Ich schaute zu, wie Donovan alles in Chens Handy eintippte, und fragte: »Wie lange müssen Sie noch im Krankenhaus bleiben? Haben Sie schon einen sicheren Ort für danach?«

      »Meine Mutter kommt, um nach mir zu sehen. Ihr Flieger landet noch heute. Die Ärzte wollen mich erst in ein paar Wochen entlassen.«

      Das ließ mich innerlich aufatmen. Es wäre mir gar nicht recht gewesen, ihn allein zu wissen. »Gut. Wenn Sie Hilfe brauchen, melden Sie sich. Wir holen Sie aus dem Krankenhaus ab, okay? Wir wollen der Frau keine Gelegenheit geben. Es klingt, als hätte sie sie nicht alle.«

      Chen verzog fragend das Gesicht. »Hätte sie nicht alle?«

      »Als wäre sie verrückt«, übersetzte Donovan.

      »Ah. Ja, verrückt, hat sie nicht alle«, stimmte Chen sofort zu. »Ich traue ihr nicht.«

      »Das tun wir auch nicht. Chen, eine letzte Frage noch, dann lassen wir Sie in Ruhe. Wissen Sie den Namen des Polizeibeamten, der Sie befragt hat?«

      »Ja, ich habe die Visitenkarte hier.« Er zog sie unter dem Laptop hervor und reichte sie mir.

      Mit flauem Gefühl im Magen nahm ich die Karte. Natürlich war er es. Ich verzog keine Miene und lächelte Chen knapp zu. »Diesen Detective kenne ich. Gut, dass Sie uns angerufen haben. Er ist bekannt dafür, etwas … engstirnig zu sein. In Ordnung, ich rufe ihn an und lasse ihn wissen, dass wir an dem Fall arbeiten. Danke Ihnen. Wir melden uns bald, in Ordnung?«

      »Danke, Mr Bane, Mr Havili«, antwortete Chen höflich und mit spürbarer Erleichterung.

      Wir verließen das Krankenzimmer, und ich schaffte es bis ans Ende des Korridors, bevor ich fürchterlich zu fluchen begann.

      »Darauf hab ich schon gewartet.« Donovan betrachtete mich mit einer hochgezogenen Augenbraue. »Ich habe dir angesehen, dass du den Typ nicht ausstehen kannst. Ist das einer von den Beamten, die du gestern gemeint hast?«

      »Ich hatte doch angedeutet, dass es mal einen Vorfall gegeben hat. Dieser Kerl war der Hauptdarsteller. Verdammt noch mal.« Ich schlug mit der Faust gegen die Wand. »Er ist genau der Typ, der sich an einem Verdächtigen festbeißt und dann alles dafür tut, die Beweise so zu drehen, dass er ihn überführen kann. Kein Wunder, dass Chen so verunsichert war, dass er uns eingeschaltet hat. Bestimmt denkt er sich, dass außer ihm niemand verdächtigt wird. Das Einzige, was ihn gerade noch vor den Handschellen schützt, ist die Tatsache, dass er im Krankenhaus liegt.«

      »Sekunde mal, der Junge wird ohne Grund angeschossen, und die Polizei will ihm das Ganze auch noch in die Schuhe schieben?« Donovan gab einen leisen Pfiff von sich. Er sah alles andere als begeistert aus. »Das klingt aber nicht besonders fair.«

      »Nein«, knurrte ich mit wachsender Frustration. »Aber genau das ist es, was Solomon tun wird. Donovan, ich sage es nicht gerne, aber wir haben nicht viel Zeit dafür, Beweise zu sammeln. Und es müssen stichhaltige Beweise sein. Etwas, mit dem wir über Solomons Kopf hinweggehen können, wenn es sein muss. Wir müssen nicht unbedingt den Schuldigen finden, aber wir müssen nachweisen, dass es nicht Chen war.«

      »Und СКАЧАТЬ