Wiener Wohnwunder. Anatol Vitouch
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Название: Wiener Wohnwunder

Автор: Anatol Vitouch

Издательство: Bookwire

Жанр: Изобразительное искусство, фотография

Серия:

isbn: 9783710604997

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СКАЧАТЬ vielen als Schwestern

      Viele Leute seien damals bis ganz zum Schluss geblieben und hätten am Platz getanzt, schwärmt Mayer, der auch verrät, dass er inzwischen schon zahlreiche Anfragen für ein neues Fest erhalten hat – das er dieses Jahr anlässlich des 50-jährigen Jubiläums des Gemeindebaus in der Grenzackerstraße organisieren will.

      Seit das Fest stattgefunden hat, berichtet Mayer, grüße man sich in der Anlage regelmäßig, „früher hat man sich maximal angegiftet“. Und: „Die Ausländerfeindlichkeit ist weg. Das war früher schon so, dass manche miteinander einfach nicht können haben. Da hat das Fest schon dazu beigetragen, dass das weg ist. Das haben alle angenommen, egal ob Österreicher oder von woanders, alle ham miteinander geredet.“

      Bis es Zeit für die nächste Party ist, werden erst einmal Gemüsekistln aufgestellt und von den Kindern in der Grenzackerstraße neu angemalt, damit sie wieder schön ausschauen – auch das schafft Gemeinsamkeit und Verantwortungsgefühl, wie Frau Vasicek erklärt: „Die Kinder sollen sehen, wie aus einem kleinen Pflanzerl eine Gurke oder Tomate wird.“ Denn: „Das, was sie selber angreifen, darauf schauen sie auch besser.“

      Eine Devise, die für Kinder wie für Erwachsene gleichermaßen gelten dürfte.

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       Auch Hausbesorger Wolfgang Mayer freut sich über die positive Entwicklung der Nachbarschaft in der Grenzackerstraße

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       WOHNPARTNER

       Das Herzstück von Wien

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       Willibald Heimlich weiß, wie verschieden das Leben in großen und kleinen Höfen sein kann

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       Nurten Aybar ist über eine Notfallwohnung in den Gemeindebau gekommen

      Normalerweise sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von wohnpartner diejenigen, die im Gemeindebau die Fragen stellen: den Mieterinnen und Mietern nämlich. Sie versuchen, deren Zufriedenheit mit ihrem Wohn- und Lebensraum zu ergründen und helfen ihnen dabei, Probleme zu lösen und Initiativen zu starten – sei es bei der Gründung einer Gartengruppe, der Einrichtung eines Gemeinschaftsraumes oder der Organisation eines Hoffestes.

      An diesem Nachmittag aber hat das wohnpartner-Team der Bezirke fünf und zwölf beschlossen, einmal die Seiten zu wechseln: Jene, die privat selbst in einem Gemeindebau wohnen, sollen darüber befragt werden, was für Erfahrungen sie dort gemacht haben und wie sich ihr Blick auf Arbeit und Wohnen geändert hat, seit sie dort eingezogen sind.

      Da ist zum Beispiel Nurten, die gleich zu Beginn erzählt, wie sie 2008 zu einer Gemeindewohnung kam: „Ich war vorher in zwei verschiedenen Privatwohnungen. Es war zuerst nicht leicht für mich, eine Gemeindewohnung zu bekommen, weil ich nicht alle Bedingungen erfüllt habe. Aber dann hab ich meine private Wohnung kurzfristig verloren und deshalb eine Notfallwohnung bekommen. Ich hab davor gehört, dass Notfallwohnungen nicht so schön sein sollen. Aber als ich meine Wohnung dann bekommen hab, hab ich festgestellt, dass sie in einer sehr schönen, grünen Wohnhausanlage liegt, die damals sogar gerade renoviert wurde.“

      Ähnliche Erfahrungen hat auch Zsuzsi gemacht, die über die JungwienerInnenaktion aus dem Studentenheim in den Gemeindebau kam: „Ich bin schon früher hingefahren, um es mir anzuschauen, das war 2014. Es war alles so schön grün und neu renoviert, dass ich die Vertragsunterzeichnung gar nicht erwarten konnte.“

      Willi berichtet von den Unterschieden, die das Leben im Gemeindebau je nach dessen Größe aufweist: „Bis zu meinem 22. Lebensjahr hab ich mit meinen Eltern am Rennbahnweg gewohnt. Heute wohn ich in Favoriten, in der Nähe vom Reumannplatz. Der Hof dort ist viel kleiner, mit weniger Stiegen und weniger Mietern. Der Rennbahnweg ist im Vergleich dazu fast eine kleine Stadt, dort ist es deshalb viel anonymer und die Leute kennen sich weniger als in den kleinen Bauten.“

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      Evelyn wiederum, die in der Hansson-Siedlung aufgewachsen ist, kann sich noch erinnern, dass ihr diese Herkunft in ihrer Jugend peinlich war: „Das galt irgendwie als verrucht. Aber jetzt im Rückblick seh ich das als eine sehr tolle Zeit an und kann die Erfahrungen auch bei der Arbeit einbringen.“

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       Über die JungwienerInnenaktion zog Zsuzsi vom Studentenheim in den Gemeindebau

      Apropos Erfahrungen: Was haben die wohnpartner-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter durch das Leben im Gemeindebau gelernt, und sind sie umgekehrt durch ihre Arbeit bessere Mieterinnen und Mieter geworden?

      „Na ja, ich habe jetzt hin und wieder ein schlechtes Gewissen, wenn ich in der Nacht Wäsche wasche“, verrät Evelyn.

      „Und ich hab früher gedacht, dass wenn etwas im Bau kaputt ist, das automatisch repariert wird“, erzählt Nurten. „Erst seit ich bei wohnpartner bin, weiß ich, dass man das selber melden muss.“

      Willi wiederum wusste jahrzehntelang nichts von einem Betretungsverbot der Wiese:

      „Auf die Idee wäre ich selbst weder als Kind noch als Erwachsener je gekommen. Ich bin meine ganze Jugend lang nie von jemandem darauf angesprochen worden, dass ich die Wiese nicht betreten darf. Das wär am Rennbahnweg aber auch ein Wahnsinn, weil der fast nur aus Wiese besteht.“

      Zsuzsi fällt allerdings auch ein Beispiel für eine gelungene Anwendung ihres in der Arbeit gewonnenen Wissens ein: „Wir sagen bei wohnpartner den Leuten immer, sie sollen mit den Leuten reden, wenn’s Probleme gibt. Ich hab das selber bei mir im Hof bei Kindern ausprobiert, die sehr laut waren, und siehe da: Es hat wirklich funktioniert!“, erzählt sie fast ein wenig überrascht.

      In diesem Sinne sind sich alle einig: Die Probleme der Mieterinnen und Mieter sind leichter nachzuvollziehen, wenn man selbst im Gemeindebau wohnt und ähnliche Erfahrungen macht: „Wenn man das selbst repräsentiert, dann ist man für die Lösung von Konflikten automatisch glaubhafter.“ Diese Konflikte zu lösen, ist den wohnpartner-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeitern ein Anliegen. Denn, wie Willi es zum Abschluss formuliert: „Ich finde, der Gemeindebau ist das Herzstück von Wien. Wenn’s dem Gemeindebau gut geht, geht es Wien gut. Das ist das in Stein gemeißelte Symbol für Freiheit, Gleichheit und Solidarität.“

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       RUTHNERGASSE

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