Wiener Wohnwunder. Anatol Vitouch
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Название: Wiener Wohnwunder

Автор: Anatol Vitouch

Издательство: Bookwire

Жанр: Изобразительное искусство, фотография

Серия:

isbn: 9783710604997

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СКАЧАТЬ ausgemalt und einen neuen Boden gelegt, und auch bei der Gartenarbeit geht er ihr gerne zur Hand.

      Einer allerdings fehlt heute in der Runde der Nachbarn, und die ursprünglich aus der Wachau stammende Frau Fleck, die am Muhrhoferweg ganze acht Kinder großgezogen hat, wird ein bisschen traurig, wenn sie von Herrn Werner erzählt, der ebenso lange hier gelebt habe wie sie und vergangenes Jahr verstorben ist: „Er war krank, und ich hab ihn gepflegt. Ich hab ihn gewaschen, auf die Toilette getragen, ihm Suppe gekocht – aber er wollt nix mehr essen. Dann hab ich ihn ins Spital führen lassen, und bald darauf is er verstorben.“

      Dürfte sich die Runde der Bewohnerinnen und Bewohner des Muhrhoferwegs etwas wünschen, so wäre es mehr Ruhe, die es hier am Stadtrand früher in Hülle und Fülle gegeben habe – die auch während des Gespräches regelmäßig über die Köpfe ziehenden Flugzeuge aus Schwechat sind in den letzten Jahrzehnten naturgemäß nicht weniger geworden. Und auch die kleinteilige Infrastruktur sei hier früher besser gewesen, erzählt Frau Fleck: „Der Autobus is weg, die Bank hat zugesperrt und das Röntgenzentrum hat zugesperrt.“

      Der Eindruck, der bleibt, ist dennoch der einer funktionierenden Nachbarschaft auf einem ziemlich grünen Flecken Erde – und natürlich Frau Flecks wunderbare Blumenbeete.

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       Herr Bugdajci schaut auf seine Nachbarn und hilft auch gerne bei der Gartenarbeit

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       MURHOFERWEG

       Murhoferweg 1–5

       1110 Wien

       Errichtet 1971–1973

       495 Wohnungen

       Geplant von Franz A. Bayer, Anton Holtermann, Franz Kahrer, Karl Musil, Otmar Patak, Walter Schneider

       ENGERTHSTRASSE

       Kochen öffnet das Herz

      Es ist ein regnerischer Tag Ende März, an dem die kleine Kochgruppe im wohnpartner-Lokal in der Engerthstraße 230 wieder einmal zusammengefunden hat. Das vorläufig letzte Treffen soll es sein, deshalb steht auch eine Frage vor allen anderen im Raum:

      War’s das? Oder wollen wir weiterkochen?

      Die wohnpartner-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter wollen die Antwort darauf ganz den Köchinnen und Köchen überlassen, die aus den umliegenden Gemeindebauten hierhergekommen sind; die meisten davon haben sich erst in dieser Gruppe kennengelernt.

       „Aber beim gemeinsamen Kochen lernt man was dazu.“

      Von Pariser Schnitzel über Bananenbrot bis hin zu Börek und Hong-Kong-Nudeln ist hier in den vergangenen Monaten ausgesprochen international gekocht worden, ein Ausdruck der unterschiedlichen Herkunftsländer der versammelten Hobbyköche.

      Mit dem Gemeindebau sind sie heute alle verbunden, aber alle in unterschiedlicher Weise.

      Frau Kaplan aus der Türkei etwa lebt seit 1998 in einer Gemeindewohnung, mit der sie sehr zufrieden ist. Sehr ausgeprägt sind ihre Erinnerungen daran, wie es im Vergleich dazu im Privatmietverhältnis war. Mit ihren fünf Kindern musste sie ins Tröpferlbad gehen, weil kein Badezimmer vorhanden war. Heute wohnt sie sehr viel besser, „nur ein Balkon wäre schön“, antwortet sie verschmitzt auf die Frage, ob es offengebliebene Wohnwünsche gibt.

      Frau Sim wiederum, in Malaysia geboren und aufgewachsen, erzählt vom Community-Housing, das es auch in ihrer Heimat gibt. Der Sprung zum Wiener Gemeindebau, in dem sie seit 2010 mit ihrem Wiener Ehemann lebt, sei ihr deshalb nicht schwergefallen. Am gemeinsamen Kochen gefällt ihr, dass sie auch andere Gerichte ausprobieren kann: „Ich liebe Börek!“

      Frau Sims Mann kann sich noch lebhaft daran erinnern, wie es war, als Kind mit seinen Eltern auf 20 Quadratmetern wohnen zu müssen. „Man ist im Gemeindebau den Vermietern nicht ausgeliefert“, bringt er seine Lebenserfahrung in unterschiedlichen Wohnformen auf den Punkt. Wobei er Probleme, die es auch gebe, durchaus nicht verschweigen will: Der Raum im Gemeindebau sei eben eher knapp bemessen, die Vergabe erfolge nach der Personenzahl und die Generation seiner Enkel sei mehr Platz gewöhnt – deshalb ziehe es die jungen Leute heute wieder eher in Privatmietverhältnisse.

      Die fünfzigjährige Frau Jermy kann von dieser Vergabe nach Personenzahl ein Lied singen – ein fröhliches allerdings: Sie lebt schon seit ihrer Geburt im Gemeindebau, ist aber immer wieder umgezogen, weil ihre Eltern mit den fünf Kindern schrittweise in den Genuss größerer Wohnungen kamen.

      Und auch Frau Sommer ist eine alteingesessene Gemeindebau-Bewohnerin. Seit 1975 lebt sie schon hier im 2. Bezirk und langsam, so sagt sie, stürben ihr alle weg, die damals eingezogen sind. Auch deshalb kommt sie gerne zum gemeinsamen Kochen hierher: „Unter Leuten sein, des brauch ich!“ Viele würden heute nur über die Ausländer jammern und seien undankbar für das, was sie haben: „Aber Lachen funktioniert in allen Sprachen. Meine Nichte aus Vorarlberg versteh ich auch bis heute nicht, so ist das halt. Aber beim gemeinsamen Kochen lernt man was dazu.“

      Dazu kann Frau Kim, die wie Frau Sim aus Malaysia stammt, nur wissend nicken: „Kochen öffnet das Herz, nicht nur den Geist“, bringt sie ein wenig asiatische Weisheit in die kulinarische Runde, in der es heute unter anderem einen köstlichen Eintopf gibt, den die wohnpartner-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter für dieses womöglich letzte Treffen der Kochgruppe kredenzt haben.

      Und, war’s das jetzt? Zum Abschluss soll doch bitte aufzeigen, wer bestimmt wiederkommt, sollte es mit den regelmäßigen Kochtreffen doch weitergehen.

      Da schnellen auf einmal alle Hände in die Luft.

       SIEBENBÜRGERSTRASSE

       Die ewige Liebe der Hunde

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       Franziska Wachet und die anderen Hundebesitzerinnen sind sich einig: Es funktioniert nur mit gegenseitigem Respekt

      In den Einkaufsarkaden in der Siebenbürgerstraße im 22. Bezirk hat sich eine Gruppe von Hundebesitzerinnen versammelt. Es ist ein recht kühler Herbsttag, aber wer einen Hund hat, ist es gewöhnt, bei jedem Wetter den Bedürfnissen seines Haustieres den Vorrang einzuräumen. Und so scheint keine der Damen ein Problem mit der hohen Dosis kalter Frischluft zu haben.

      Womit es schon eher ein Problem gebe, das seien die Leute in der Wohnhausanlage, die keine Hunde mögen. Insbesondere Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund, so erzählt eine Hundebesitzerin unter dem zustimmenden Nicken der anderen, hätten oft Angst vor Hunden, weil sie aus den Heimatdörfern ihrer Eltern nur Streuner kennen würden, die oft Tollwut hätten. СКАЧАТЬ