Geisterkind. Christine Millman
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Geisterkind - Christine Millman страница 21

Название: Geisterkind

Автор: Christine Millman

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783947634934

isbn:

СКАЧАТЬ was du für richtig hältst.«

      Ban schluckte trocken. »Wie lautet sein Name?«

      Seine Mutter straffte sich, als könnte sie den Namen nur aussprechen, wenn sie Stärke zeigte. »Sein Name ist Skandor Askoll Nocturo.«

      Skandor Askoll Nocturo. Ein seltsamer Name für einen seltsamen Mann. Sein Vater. Ein Magier aus dem Schattenland. Alles hatte Ban in Erwägung gezogen, sogar dass er das Ergebnis einer Schändung sein könnte, aber das wäre ihm niemals in den Sinn gekommen. »Und du glaubst, dass Inja so ist wie er?«

      Lore nickte. »Sie trägt eine Macht in sich, die auf die Menschen wirkt. Die einfältigen Bauern spüren es und haben Angst vor ihr. Auf dich wiederum wirkt es anziehend. Nur glaube ich nicht, dass du stark genug für sie bist.«

      Ban runzelte die Stirn. Was redete seine Mutter da? »Warum sagst du so etwas?«

      Lore stieß einen tiefen Seufzer aus. »Sie braucht Schutz und Führung, Ban. In Gotland ist sie bestenfalls ein Nichts, schlimmstenfalls wird sie gebrandmarkt oder gar hingerichtet, ohne zu verstehen, warum. Ihre einzige Zuflucht wäre das Schattenland. Doch dort ist es gefährlich und wild und ich bin mir nicht sicher, ob du dich behaupten könntest. Zudem wird das Land von allen Seiten bedroht. Sehr bald schon wird König Ulrik gegen Arnýekké in den Krieg ziehen und es ist ungewiss, ob die Künste der Magier ausreichen werden, um es zu schützen, denn das Schattenland verfügt über vieles, jedoch keine Soldaten.«

      »Warum sollte ich mich nicht behaupten können? In mir fließt das Blut meines Vaters, somit gehöre ich nicht weniger ins Schattenland als nach Krickdorf«, sagte Ban. »Und wer weiß, vielleicht trage ich ebenfalls unerkannte magische Fähigkeiten in mir.«

      Lore lächelte ihn mitleidig an und tätschelte seine Wange. »Du bist ein guter Junge und wirst eines Tages ein ehrenwerter und starker Mann sein, aber ein Magier bist du nicht.«

      In dieser Nacht war Ban froh um die Einsamkeit am Meiler, die es ihm gestattete, über das nachzudenken, was er von seiner Mutter erfahren hatte. Endlich verstand er, warum sie ihm die Herkunft seines Vaters verschwiegen hatte. Die Bewohner des Schattenlandes wurden mit Argwohn betrachtet, nicht selten landeten die Magier auf dem Blutgerüst, wenn sie es wagten, ihr Können zu offenbaren. Manchmal genügte ein Gerücht, wie bei dem Eheweib des alten Alus. Resia lebte in einem Dorf an der Grenze zum Schattenland, und als Alus sie nach Krickdorf brachte, mieden die Menschen sie wie eine Aussätzige. Erst nachdem sie ihm drei gesunde Kinder geboren und immer fleißig den Göttern geopfert hatte, verloren die Dörfler langsam ihre Vorbehalte. Eines Tages jedoch starb ihr ältester Sohn an einem rätselhaften Fieber, das anschließend noch weitere Kinder in Krickdorf befiel. Daraufhin erinnerten sich die Menschen wieder an ihre Herkunft und begannen zu tuscheln und zu spekulieren. Gerüchte machten die Runde, Resia übe sich in dunkler Magie und würde die Geister beschwören, selbst der alte Alus, gramgebeugt durch den Tod seines Sohnes, betrachtete seine Frau fortan mit Misstrauen. Eines Morgens stürmte eine Horde Männer, angeführt von Bauer Hugolf, in die Hütte, zerrte Resia zum Dorfplatz, brandmarkte sie und jagte sie dann zum Dorf hinaus. Ban erinnerte sich noch gut daran: Resias verzweifeltes Schluchzen, das zerrissene Gewand und die verbrannte Haut auf ihrer Schulter, blutig und rot mit verkohlten Rändern um das Schandmal herum. Inja, die schreckenstarr hinter einem Baum gekauert und das Geschehen beobacht hatte. Tagelang hatte sie die Dorfbewohner gemieden und sich immer wieder ängstlich umgeblickt, wenn sie durch die Gassen huschte. Damals hatte er ihr Verhalten nicht verstanden, doch nun wusste er, wie sehr Inja unter ihrer Andersartigkeit gelitten haben musste. Resias Schicksal hatte ihr gezeigt, was mit ihr geschehen konnte, sollte je ein Unglück über das Dorf hereinbrechen.

      Dass sie tatsächlich anders war, hatte er nie erkannt oder nicht erkennen wollen. Ihr seltsames Sehnen nach dem Wasser, ihre Fähigkeit lange und tief zu tauchen und die Fische anzulocken. Ihre Vorahnungen und die Dinge, die nur sie sehen konnte und die er bisher für Ausgeburten ihrer Fantasie gehalten hatte. Das alles hatte er verdrängt.

      Sie war ein Geisterkind.

      Konnte er dieses Wissen nicht nutzen, um Inja zu helfen? Er könnte seinen Vater suchen und ihn um Rat und Hilfe bitten. Doch das Schattenland war gefährlich und seine Grenzen zu überschreiten so gut wie unmöglich, hatte seine Mutter gesagt. Er stieß einen Fluch aus, der ungehört in der nächtlichen Stille entschwand. Es musste doch eine Möglichkeit geben, nach Arnýekké zu gelangen. Bestimmt gab es einen Weg, auch für einen Gotländer. Er musste ihn nur finden.

      6

      Rutten

      Die Tage im Konvent begannen vor Morgengrauen. Inja wurde der Gartenarbeit zugeteilt, eine der vielen Schikanen, die sie über sich ergehen lassen musste. Sie verabscheute den Garten, hasste die schwere, feuchte Erde unter ihren Fingernägeln und den felsigen Grund, auf dem nur mit größter Fürsorge und Anstrengung etwas wachsen wollte. Die extra Brotration machte die schwere Arbeit lange nicht wett und Inja hatte fast immer Hunger.

      Noch vor dem Morgengebet musste sie die Kammern der Gesegneten reinigen und die Nachttöpfe leeren. Glücklicherweise waren nicht alle achtzehn Kammern bewohnt. Inja zählte insgesamt elf Gesegnete plus die Erhabene Eltrud, die jedoch in einer besonderen Kammer mit Tür nächtigte. Ihre Kammer zu betreten, war strengstens untersagt.

      Nach dem Morgengebet wusch Inja sich und machte sich anschließend mit den Konventinnen Anaé und Mina auf den Weg in die von Moos und Unkraut überwucherte Steinwüste, die allgemein Garten genannt wurde. Wie oft sie auch die Steine und Felsen aus dem Boden klaubten, spätestens nach drei Tagen waren neue da. Die jungen Frauen machten sich die schwere Arbeit erträglich, indem sie Lieder sangen, Steine um die Wette warfen oder Würmer aus der Erde zogen und zählten, wer die meisten oder den längsten gefunden hatte. Wenn sie ihr Tagwerk beendeten, brachten sie die kargen Erträge in die Vorratskammern, wo die Köchin Sumilla über die Abgaben wachte und genaustens über jeden Erdapfel, jede Beere, Zwiebel, Blauknolle und Rübe Buch führte. Dass sie zu ihrer Graubrotration am Mittag auch die ein - oder andere Rübe oder Beere verdrückten, behielten sie für sich. Inja sah Lykke nur während der Essenzeiten, den Gebeten und im Schlafsaal, wo sie jedoch meistens zu müde waren, um mehr als drei Sätze zu wechseln. Während der Mahlzeiten war Reden strikt untersagt, ebenso während des stillen Gebets am Ende der Andachten.

      Lykke fertigte Schmuck, was ihr leidlich Freude bereitete. Doch auch sie trug die Zeichen schwerer Arbeit, denn beim Fertigen des Schmucks kam es oft vor, dass sich die Konventen schnitten, in den Finger stachen oder solange an einer Muschel feilen mussten, bis die Finger geschwollen und taub waren.

      Seit drei Monden weilte Inja nun bereits an diesem Ort, doch es kam ihr vor wie ein einziger, nicht endenwollender Tag, nur unterbrochen durch kurze Phasen der Dunkelheit. Nie bekamen sie frei und ruhen durften sie nur in der Nacht. Der Konvent war kein heiliger Ort, er war ein Arbeitslager, das war Inja bereits nach wenigen Tagen bewusst geworden. Anfänglich hatten die anderen Konventinnen sie misstrauisch beäugt und sie gemieden, doch mit der Zeit gewöhnten sie sich an ihr seltsames Äußeres und mittlerweile fragte niemand mehr nach ihrer unnatürlich hellen Haut und dem weißen Haar.

      Zwischen dem Reinigen der Kammern und dem Morgengebet hatte Inja es sich angewöhnt, an den Rand des Felsplateaus zu steigen und die aufgehende Sonne zu betrachten. Wenn die ersten Strahlen die scharfe Linie zwischen dem Meer und dem Horizont überwanden, und das Wasser in glitzerndes Licht tauchten, schöpfte sie Kraft und Hoffnung. Eines Tages, so schwor sie sich in diesen Augenblicken, würde sie diesem Jammertal entfliehen und ein besseres Leben führen.

      An diesem Abend, Inja hätte nicht zu sagen vermocht, welcher Tag es war, erhob sich die Erhabene, um die Aufgaben zu verteilen. Inja СКАЧАТЬ